Roger Federer gewinnt zum sechsten Mal im Deutschen Halle. Jetzt gehe er mit einem richtigen Schub Selbstbewusstsein nach Wimbledon, sagte er nach dem Turnier.
Zumindest für Charlene Riva und Myla Rose war es eine Premiere. Die Zwillingstöchter von Roger Federer erlebten sie in Halle an diesem 16. Juni 2013 zum ersten Mal, die Bilder ihres glücklichen Papas, des strahlenden Titelhelden, der in seiner Wohlfühloase in Deutschland den Pokal in die Höhe reckt.
Fünf Jahre nach seinem vorerst letzten Gerry-Weber-Open-Sieg im Jahr 2008 war der Rasen-Meister der Tenniswelt ja endlich wieder mal der Beste auf dem ostwestfälischen Grün – und wie gross die Erleichterung des 6:7 (5:7), 6:3, 6:4-Gewinners im Endspiel gegen Michail Juschni war, illustrierten hinterher gleich die ersten Worte des einstmals alles und alle überragenden Tennis-Machthabers: «Dieser Sieg ist Gold wert für mich. Die Freude ist riesig», sagte Federer vor der stolzen Kulisse von 10.500 Zuschauern gerührt, «jetzt gehe ich mit einem richtigen Schub Selbstbewusstsein nach Wimbledon».
«Enormer Druck»
Federer schloss mit seinem 77. Karrieretitel auch zum ehemaligen Superflegel John McEnroe auf, nur noch Jimmy Connors (109) und Ivan Lendl (94) liegen in der ewigen Bestenliste vor dem Tennis-Ästheten. Dem Mann, der zehn Jahre nach seinem ersten bahnbrechenden Sieg in Halle insgesamt ein halbes Dutzend Mal bei den Rasenfestspielen in Halle triumphiert hat – 2003 bis 2006, 2008 und nun eben auch 2013. Zuletzt hatten zwei langjährige Weggefährten Federer den Titel überraschend bei sensationellen Auftritten im Gerry-Weber-Stadion weggeschnappt, der Australier Lleyton Hewitt im Jahr 2010 genau so wie vor Jahresfrist Tommy Haas.
Auch deshalb habe er «enormen Druck» gespürt und sei «auch mit einer gewissen Nervosität» ins Match gegen Aussenseiter Juschni gegangen, den er zuvor in vierzehn Vergleichen auch vierzehn Mal geschlagen hatte: «Ich wollte diesen Sieg so sehr, dass da auch eine gewisse Anspannung da war», sagte der 31-jährige Basler, «und dann denkt nach dieser Vorgeschichte sowieso jeder: Das muss Federer doch einfach gewinnen».
«Es war ein harter Fight, aber deshalb spüre ich jetzt auch eine grössere Genugtuung.»
Doch einfach war nichts an diesem sonnigen Nachmittag für den Rasenkönig, der auch fast ein wenig erstaunt wirkte über die starke Opposition, die ihm Juschnin lieferte. Mit Müh´und Not rettete sich Federer im ersten Satz in den Tiebreak, verlor das Glücksspiel dann aber knapp und verdient mit 5:7. Erst Mitte des zweiten Satzes, ganz ähnlich wie in der Halbfinalpartie gegen Tommy Haas am Samstag, kam Federer auf Touren, liess in Momentaufnahmen auch sein schwereloses leichtes Rasentennis aus Glanzzeiten aufscheinen.
Untermalt von Alphorn-Klängen einer Schweizer Fan-Abordnung, ballte Federer in jenem Moment erstmals emotional so richtig die Faust, als er zum 1:1-Remis nach Sätzen ausglich. «Es war ein harter Fight, aber deshalb spüre ich jetzt auch eine grössere Genugtuung», sagte er schliesslich hinterher, der erleicherte Sieger, der mit einem einzigen Break zum 4:3 im Schlussakt das Fundament für das halbe Dutzend Titel in Halle gelegt hatte.
Auf richtigem Weg
Schlecht habe er auch in den letzten Monaten nicht gespielt, meinte Federer, gab aber auch zu, dass «man natürlich Siege braucht, um seine Arbeit zu unterstützen und gut motiviert zu bleiben.» Federer hofft insgeheim auf eine Wiederholung des magischen Doubles, das ihm ja von 2003 bis 2006 vier Mal gelungen war – erst der Sieg in Halle, dann der Sieg in Wimbledon, beim Grand Slam-Höhepunkt der Saison.
«Der Sieg hier ist eine Bestätigung, ein Beweis, dass ich auf dem richtigen Weg bin», sagte Federer, «ich bin besonders glücklich, wie gut ich diesen schweren Fight angenommen habe. Das war ein ganz wichtiger Sieg». Und das ganz nebenbei auch, weil seine Töchter ihn eben so auch mal wieder in der früher weltweit vertrauten Pose des glücklichen Gewinners erlebten – den Roger Federer in der Rolle des Daddy Cool.