Florian Niederlechner spielt eine sehr gute Saison. Zum Start in die Rückrunde darf der Ur-Bayer gegen die Bayern ran. Ein Erfolgserlebnis wäre dem 26-Jährigen ein doppeltes Vergnügen – er ist 1860-Fan.
Florian Niederlechner muss dieser Tage noch häufiger auf sein Handy schauen als sonst. Ständig ploppen Textnachrichten aus der oberbayrischen Heimat auf, die dem Freiburger Stürmer alles Gute für das Spiel am Freitag wünschen. Zum einen, weil sie ihm für jedes Spiel nur das Beste wünschen. Zum anderen aber, weil sowohl der Bruder als auch die meisten Freunde daheim in Hohenlinden glühende Fans von TSV 1860 München sind – wie Niederlechner selbst.
Ein Sieg gegen die grossen Bayern wäre am Freitag also doppelt willkommen, auch wenn der SC-Stürmer lieber im Vagen bleibt, was die Erfolgsaussichten gegen den grossen Favoriten angeht. «Wir freuen uns jedenfalls auf Freitag.»
Wenn alles normal läuft, wird der 26-Jährige auch dann wieder in der Startformation stehen. Wie in 13 der 16 bisherigen Hinrundenspiele, in denen meist er – und nicht Nils Petersen – von Beginn an auflaufen durfte. Mit fünf Treffern hat er Trainer Christian Streich das Vertrauen zurückgezahlt, und da Petersen alle seine fünf Treffer als Joker erzielt hat, gibt es für den Coach derzeit wenig Grund, etwas an der Hierarchie im Sturm zu ändern.
Freiburg spielt eine gute Saison, gemerkt hat es aber fast keiner
Der Ur-Bayer Niederlechner hat also alles richtig gemacht, als er sich im Januar 2016 entschied, von Mainz zum damaligen Tabellenführer der Zweiten Liga zu wechseln. «Das war ein fast perfektes Jahr hier in Freiburg. Es ist genau das eingetreten, was ich mir damals vom Wechsel erhofft habe.»
So unerwartet gut wie für Niederlechner lief es gleich für mehrere Freiburger Spieler, die das gleiche Schicksal wie der Ur-Bayer teilen: Überregional kannte sie im Sommer kaum einer, und auch jetzt hält sich der bundesweite Bekanntheitsgrad der meisten Akteure in engen Grenzen.
Pascal Stenzel (20 Jahre), Caglar Söyüncü (20) oder auch Maximilian Philipp (22) haben sich in der ersten Liga endgültig zu Stammspielern gemausert und trugen zu einer Hinrunde bei, die der Sportclub – eine Niederlage gegen die Bayern vorausgesetzt – mit 23 Zählern beenden wird. In die Weihnachtspause ging man als Tabellen-Achter, mit beachtlichen zehn Zählern Vorsprung auf den Relegationsplatz und den HSV.
Allerdings ist das überregional bislang kaum gewürdigt worden – zu sehr überstrahlt der Erfolg von Mitaufsteiger RB Leipzig das Geschehen im Tabellen-Mittelfeld. Glaubt man Florian Niederlechner, ist das den SC-Spielern allerdings gar nicht mal so Unrecht: «Es ist vielleicht sogar gut so, dass wir ein bisschen unterm Radar fliegen, so können wir in Ruhe arbeiten.»
Bliebe noch die Frage, wie ein Fussballspieler, der zu einer Zeit geboren wurde, als auch im Münchener Umland die meisten Kinder Bayernfans wurden, zum Fan und Kurven-Dauergast des Lokalrivalen werden konnte. «Ich war als Fünfjähriger noch für die Bayern», sagt Niederlechner lachend, «aber die Nachbarskinder, mit denen ich immer gekickt habe, waren eingefleischte Blaue. Als ich einmal im Bayerntrikot kam, haben die mich heimgeschickt zur Mama.» Ohne das Trikot dürfe er gerne wiederkommen, hiess es. Und am besten werfe er es gleich in den Müll.
Niederlechner kam ohne Bayern-Trikot wieder – und drückt seit nunmehr 21 Jahren den Löwen die Daumen.