Drei Asse und ein Bienenstich

Am Schluss haben sich die Favoriten Roger Federer, Rafael Nadal und Maria Scharapowa in der zweiten Runde beim Australian Open doch noch durchsetzen können. Leiden mussten sie aber alle. Federer hätte sich dabei fast von einer Biene geschlagen geben müssen.

epa04572349 Roger Federer of Switzerland is attended to during a break in his match against Simone Bolelli of Italy during the Australian Open at Melbourne Park, Melbourne, Australia, 21 January 2015. The Australian Open tennis tournament goes from 19 January until 01 February 2015. EPA/JULIAN SMITH AUSTRALIA AND NEW ZEALAND OUT (Bild: JULIAN SMITH)

Am Schluss haben sich die Favoriten Roger Federer, Rafael Nadal und Maria Scharapowa in der zweiten Runde beim Australian Open doch noch durchsetzen können. Leiden mussten sie aber alle. Federer hätte sich dabei fast von einer Biene geschlagen geben müssen.

Es gibt Tage, an denen die Rod-Laver-Arena der langweiligste Schauplatz beim Australian Open ist. Tage, an denen die grossen Favoriten ihre Pflichtsiege ohne Nervenkitzel und Spannungsmomente einsammeln. Es gibt aber auch Tage wie diesen 21. Januar 2015, an denen grosses Drama auf dem Hauptplatz des Grand Slams in Melbourne geboten wird. Mit strauchelnden Titelkandidaten und stundenlang umkämpften Duellen in der Hitze des Tages ebenso wie unter den Flutlichtstrahlern in der Late-Night-Show.

Zwar siegten sie am Ende alle noch, die aufgelaufenen Superstars. Doch was passierte nicht alles bis zum Happy End für drei der Topasse des Wanderzirkus, für Maria Scharapowa, Rafael Nadal und eben auch Roger Federer.

Federer nach dem Spiel: «Du denkst, du hast wirklich alles erlebt als Profi. Und dann passiert so etwas. Verrückt.»

Der Schweizer Maestro verlor nicht nur den ersten Satz gegen den Italiener Simone Bolelli, sondern plagte sich zwischenzeitlich auch noch mit einer mysteriösen Schwellung am kleinen Finger seiner rechten Schlaghand herum, allem Anschein nach hervorgerufen durch den zunächst unbemerkten Stich einer Biene. «Ich dachte schon, dass ich hier verliere oder gar nicht zu Ende spielen kann», sagte Federer hinterher, als er nach Stotterstart und tierischer Attacke doch noch zu einem 3:6, 6:3, 6:2 und 6:2-Erfolgserlebnis gekommen war. Was er da erlebte hatte beim zweiten Spiel in seinem nunmehr 16. Jahr am Yarra River, nahm er schliesslich doch auch von der heiteren Seite: «Du denkst, du hast wirklich alles erlebt als Profi. Und dann passiert so etwas. Verrückt.»

Auch Nadal und Scharapowa mussten leiden

Verglichen mit dem eigenen Erlebnis hätte sich Federers langjähriger Weggefährte Nadal vermutlich liebend gern mit dem Wehwehchen des Maestros rumgeschlagen. Bei einem Vier-Stunden-Thriller in der Abendvorstellung balancierte der mallorquinische Matador immer wieder am Abgrund des frühen Scheiterns entlang. Nadal musste Krämpfe am ganzen Körper wegstecken, ehe er, der Weltmeister der Schmerzverdrängung, noch in einem entschlossenen Endspurt mit 6:2, 3:6, 6:7 (4:7), 6:3 und 7:5 gegen den Amerikaner Tim Smyczek gewann.

Nadals Auftritt erinnerte zuweilen an die Ereignisse des letztjährigen Finales, in dem er gehandicapt in vier Sätzen gegen Stan Wawrinka verloren hatte. Damals wie heute spielte Nadal nur mit einer fast übermenschlichen Willensanstrengung überhaupt bis zum letzten Ballwechsel durch.

Die Russin Maria Scharapowa war sogar noch näher an einem sensationellen Ausscheiden dran als Kämpfernatur Nadal: Gegen ihre Landsfrau Alexandra Panowa musste die Mitfavoritin im sommerlichen Sonnenschein zwei Matchbälle abwehren. Scharapowa behielt aber in höchster Not eiskalt die Nerven und siegte noch mit 6:1, 4:6 und 7:5. «Das Beste heute ist: Dass ich es überhaupt geschafft habe, noch im Turnier zu bleiben», sagte Scharapowa.

Federer in nächster Runde gegen Seppi  

Federer räumte seine anfänglichen Zweifel und Irritationen – auch jene körperlicher Natur – mit der Erfahrung des gestählten Wettkämpfers beiseite: Der 33-Jährige Routinier ist eben auch ein Champion der Anpassung an widrige Umstände sowie ein Meister der Flexibilität und der taktischen Variationen. In den Sätzen zwei, drei und vier jedenfalls liess der 17-malige Grand-Slam-Gewinner keine ernsthaften Zweifel mehr am Ausgang des Spiels respektive an den Machtverhältnissen auf dem Centre Court.

«Ich nehme viel Selbstvertrauen aus dem Spiel mit», sagte Federer, während er noch immer einigermassen verblüfft die nicht ganz schmerzfreie Hand betrachtete. «Sie ist immer noch ein wenig geschwollen, fühlt sich taub an. Ich wüsste gern, was da genau passiert ist.» Nach dem verlorenen Auftaktsatz hatte Federer sogar einen der Turnierärzte und einen Physiotherapeuten in die Arena kommen lassen – eine extreme Seltenheit in seinen über 1200 Tourspielen.

Nächster Gegner Federers ist der Südtiroler Andreas Seppi, gegen den der Weltrangliste-Zweite über eine makellose 10:0-Siegesbilanz verfügt. Doch welche Unwägbarkeiten und Unsicherheitsfaktoren jederzeit drohen, das erlebte Federer ja ziemlich eindrucksvoll an diesem aussergewöhnlichen Australian-Open-Mittwoch von Melbourne. 

»» Die Livescores der laufenden Partien finden Sie auf der offiziellen Website des Turniers.

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