Der Spuk auf dem berühmtesten Tenniscourt der Welt dauerte nur gerade 101 Minuten. Einzig die ersten vier Games boten Spannung. Cilic, der Federer auf dem Weg zu seinem US-Open-Triumph 2014 im Halbfinal deklassiert hatte, verschaffte sich beim Stand von 2:1 die erste Breakchance – und vergab sie mit einem Returnfehler auf einen durchschnittlichen zweiten Aufschlag. Es war bereits der Anfang vom Ende.
Im nächsten Game gelang Federer seinerseits das erste Break. In der Folge verlor er nur sechs weitere Games. Spätestens ab dem zweiten Satz wurde zudem deutlich, dass der als Nummer 7 gesetzte Kroate Mühe hatte, sich zu bewegen. Er liess sich am Fuss behandeln, dem Anschein nach wegen einer grossen Blase, und kämpfte immerhin bis zum Schluss.
Nach einem Break zum 4:3 im dritten Satz war die Frage jedoch nur noch, ob Federer den Sieg noch vor einem drohenden Regenguss unter Dach und Fach bringen würde. Mit einem Ass beim zweiten Matchball gelang ihm auch dies souverän.
Ohne Satzverlust zum Sieg
Nachdem er im Januar am Australian Open seinen 18. Grand-Slam-Titel im Anschluss an eine fünfmonatige Verletzungspause völlig überraschend geholt hatte, setzte sich Federer in Wimbledon als Favorit so überlegen wie noch nie durch. Als erst zweiter Spieler in der Profiära (seit 1968) nach Björn Borg 1976 holte er den Titel ohne Satzverlust. Federer war diese Kunststück bei einem Major zuvor erst einmal gelungen: beim Australian Open 2007.
Mit 35 Jahren und 342 Tagen ist Federer der älteste Wimbledon-Sieger der Neuzeit. Am wichtigsten aber: Mit nun acht Titeln – dem ersten seit 2012 – setzte er sich am prestigeträchtigsten Tennisevent der Welt um eine Einheit vor William Renshaw und Pete Sampras.
Federer wird nach der Fortsetzung seiner märchenhaften Saison in der Weltrangliste auf Platz 3 vorstossen. Erstmals seit 2009 gewinnt er mindestens zwei Major-Turnier in einem Jahr, nachdem er Anfang Saison schon das Australian Open für sich entschieden hat.