Ein aufgewühlter Präsident und ein Trainer, der das Tempo diktieren will

Der Präsident muss während der Partie gegen Dnipropetrowsk mal kurz einen Ort der Stille suchen. Und der Trainer sammelt weiter die härteste Währung, die es im Fussballgeschäft gibt: Erfolg. Der FC Basel zwischen Dnipropetrowsk und den Grasshoppers.

22.Feb.2013; Dnipropetrovsk; Fussball Europa League - FC Basel Abflug; Trainer Murat Yakin (Basel) vor dem Abflug (Daniela Frutiger/freshfocus) (Bild: Daniela Frutiger/freshfocus)

Der Präsident muss während der Partie gegen Dnipropetrowsk mal kurz einen Ort der Stille suchen. Und der Trainer sammelt weiter die härteste Währung, die es im Fussballgeschäft gibt: Erfolg. Der FC Basel zwischen Dnipropetrowsk und den Grasshoppers.

Als sich Fabian Frei auf den frühzeitigen Weg in die Kabine machte, als Yevhen Seleznyov mit dem 1:0 für das Heimteam die Hoffnung bei Dnipro Dnipropetrowsk neu entfachte und die 26’000 auf den Rängen das Stadion zum beben brachten, da suchte Bernhard Heusler einen Ort der Stille.

Also machte sich der Präsident des FC Basel auf den Weg in die Katakomben der Dnipro Arena. Als er unten in den Gängen vor den Kabinen angekommen war, da hatte sich seine Welt bereits wieder grundlegend geändert.

Super League, 21. Runde
FC Basel–Grasshoppers (So, 16.00 Uhr)
St.-Jakob-Park. – Vorverkauf bei 26’600 Tickets.
Mögliche Aufstellung FCB: Sommer; P. Degen, Schär, Dragovic, Park; Serey Die, Yapi; D. Degen, F. Frei, Stocker; Salah.
Bemerkungen: Basel ohne Streller, Bobadilla und Jevtic (alle verletzt). GC ohne Gashi, Pavlovic, Willian Rocha, Salatic (alle verletzt) und Grichting (gesperrt).

Erst sah Heusler in die betretenen Gesichter der ukrainischen Stadionmitarbeiter. Und dann auf den Flachbildschirmen eine Wiederholung, wie Valentin Stocker im Strafraum von Dnipro zu Fall gebracht wurde. Da war es Zeit für ihn, wieder auf die Tribüne zurückzukehren und die letzten Minuten noch zu geniessen.

«Das war eines der Europacupspiele, das mir in zehn Jahren mit am meisten unter die Haut gegangen ist», sagt Heusler am Tag nach dem 1:1 am Flughafen von Dnipropetrowsk, «ich war tief beeindruckt und aufgewühlt.»

Innensicht und Aussensicht

Zu diesen Gefühlswallungen beigetragen haben mag die fast britische Atmosphäre, für die die ukrainischen Fans in diesem Rückspiel um den Einzug in die Achtelfinals der Europa League gesorgt hatten. Aber wohl auch das Wissen darum, dass dem Transformationsprozess, durch den sein Trainer Murat Yakin die Mannschaft schickt, geholfen ist, wenn er durch sportliche Erfolge legitimiert wird.

«Von aussen», sprich durch die Medien, werde seit ein paar Wochen eine innere Unruhe beim FCB thematisiert, bemerkt Heusler. Eine Unruhe, die er selbst aber gar nicht feststelle: «Darum bin ich froh, dass die Mannschaft die Antwort auf dem Feld gibt.» Am Donnerstag bestand diese aus einem ungemein solidarisch geführten Kampfspiel.

Was nicht bedeuten muss, dass alles nur in Minne ist beim FCB. Veränderungen erzeugen Reibung, das ist ein logischer Prozess. Und wenn damit auch noch die rapide Emanzipation von einer Führungsfigur wie Alex Frei einhergeht, kann es durchaus mal Knirschen im Gebälk.

«Auch andere Spieler sind unzufrieden»

Dass der Stürmer im Vorruhestand nicht nur glücklich ist mit seiner derzeitigen Situation, bestätigt Heusler selbst, wenn er sagt: «Wir haben auch andere Spieler, die unzufrieden sind, nicht nur Alex. Aber das war in den letzten zehn Jahren stets der Fall.»

Das mag etwas sein, dass sich seit Yakins Inthronisierung verändert hat. Unter seinen Vorgängern Fink und Vogel wurde nach aussen in einem Masse das Image transportiert, Mannschaft, Trainerteam und Vorstand seien alles gute Freunde, das sich auch nicht nur mit der Realität deckte. Nun scheint im Vorstand die Lust wieder neu erweckt auf einen Trainer, der seine eigene Linie ohne übermässige Rücksicht auf Befindlichkeiten der Spieler durchzieht.

Der Dialektik folgend, scheint der FCB die Phasen These und Antithese hinter sich zu haben. Auf die zunehmend autoritären Jahre unter Gross folgte die auf Entkrustung getrimmte Ära Fink-Vogel. Nur ob Yakin die Synthese aus beidem sein wird, steht noch aus. Auf alle Fälle hat Yakin derzeit etwas auf seiner Seite, das noch jedem Trainer geholfen hat: Erfolg.

Yakin zeigte schon mal die Amsterdam Arena

Und Yakin ist keiner, der klein denkt. Bereits vor dem letzten Gruppenspiel der Europa League in Genk zeigte er der Mannschaft schon mal die Amsterdam Arena. Also den Ort, an dem der Final des Wettbewerbs stattfinden wird. Nicht, dass er das Endspiel gleich als Ziel ausgerufen hätte. So vermessen ist er nicht: «Aber ich wollte die Spieler mal kitzeln.»

Zunächst aber geht es bereits am Sonntag darum, in der Meisterschaft Boden auf die Grasshoppers gut zu machen. Die Zürcher reisen als Leader in den St.-Jakob-Park. Mit dabei haben sie einen Vorsprung von vier Punkten, nicht aber die beiden Leader in der defensiven Achse, Stéphane Grichting und Veroljub Salatic.

GC kommt mit Vorsprung – aber ohne Achse

«Normalerweise ist Uli Forte ein Trainer, der seinen Spieler sehr viel Mut mitgibt», sagt Yakin, «doch jetzt bin ich doch gespannt, wie er sein Team aufs Feld schickt.» Wobei – auf eine Art ist es ihm auch egal. Denn anders als in Dnipropetrowsk will sich der FCB nicht vom Gegner beschäftigen lassen, sondern selbst das Heft in die Hand nehmen. Und das mit Nachdruck, sagt Yakin: «Das Ziel ist, dass wir GC unser Tempo aufzwingen.»

Alex Frei dürfte dieses Unterfangen weiterhin von der Tribüne aus verfolgen. Für ihn scheint Yakin das Cupspiel beim FC Thun vom Mittwoch als den richtigen Moment den Einstieg ins Fussballjahr 2013 ausgemacht zu haben.

Gegen Zenit wieder zu später Stunde

Wie bereits gegen Dnipropetrowsk muss der FC Basel auch das Heimspiel im Achtelfinal gegen Zenit St. Petersburg um 21.05 Uhr austragen (7. März). Trotzdem glaubt Bernhard Heusler, dass der FCB gegen den russischen Vertreter mehr Fans ins Joggeli locken kann als die treuen 8314, die gegen Dnipro kamen. Die tiefe Zuschauerzahl liess den Sechzehntelfinal für den FCB trotz der Uefa-Prämie von 350’000 Euro zum Minus-Geschäft werden.

«20’000 bis 25’000 Zuschauer müssten das Ziel sein», blickt der FCB-Präsident auf das Heimspiel gegen Zenit. Und das ungeachtet dessen, dass wohl viele Fans auf Liverpool als Gegner gehofft hatten: «Irgendwann müssen sich die Leute überlegen, ob sie wegen dem FCB ins Stadion kommen oder wegen dem Gegner.» Dieser kann für sich immerhin reklamieren, dass er auf diese Saison hin 100 Millionen Euro in sein Kader investiert hat.

Das Rückspiel in St. Petersburg wird um 21 Uhr Lokalzeit angepfiffen. Das entspricht 18 Uhr Schweizer Zeit.

Europa League
Achtelfinals, alle Zeiten MEZ
7. März 14. März
FC Basel Zenit St. Petersburg 21.05 18.00
Viktoria Pilsen Fenerbahçe 19.00 21.05
Benfica Benfica Girondins Bordeaux 21.05 21.05
Anschi Machatschkala Newcastle United 18.00 21.05
VfB Stuttgart Lazio Rom 19.00 21.05
Tottenham Hotspur Inter Mailand 21.05 19.00
Levante UD Rubin Kasan 21.05 18.00
Steaua Bukarest Chelsea FC 19.00 21.05

Artikelgeschichte

In der ersten Version des Artikels stand fälschlcherweise, das Spiel werde um 16.45 angepfiffen.

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