Ein Cupspiel – viele Geschichten

Der FC Basel gewinnt sein Achtelfinalspiel im Schweizer Cup beim FC Wil 3:2 nach Verlängerung. Die Basler gingen früh in Führung, mussten aber noch zittern, nachdem Goalie Yann Sommer vom Feld gestellt worden war. In der Verlängerung ging erst Wil 2:1 in Führung, ehe ausgerechnet Philipp Degen in seinem ersten Spiel seit der Rückkehr nach Basel das 2:2 gelang. Alex Frei sorgte danach für noch für den Sieg.

Massimo Colomba hält den von Dzengis Cavusevic getretenen Penalty. Nur eine von vielen Geschichten dieses Spiels. (Bild: Keystone)

Der FC Basel gewinnt sein Achtelfinalspiel im Schweizer Cup beim FC Wil 3:2 nach Verlängerung. Die Basler gingen früh in Führung, mussten aber noch zittern, nachdem Goalie Yann Sommer vom Feld gestellt worden war. In der Verlängerung ging erst Wil 2:1 in Führung, ehe ausgerechnet Philipp Degen in seinem ersten Spiel seit der Rückkehr nach Basel das 2:2 gelang. Alex Frei sorgte danach für noch für den Sieg.

Ganz am Ende schien es so, als ob die 22 Spieler auf dem Feld das Wort «Cupfight» einfach zu wörtlich nähmen. Erst trat Sehar Fejzulahi am Boden liegend Philipp Degen. Dann hakte der Baselbieter nach, um sogleich von Dzengis Cavusevic ins Gesicht geschlagen zu werden. Und der musste schliesslich zusammen mit Genséric Kusunga das Feld mit einer Roten Karte verlassen.

Es war das unschöne Ende eines Achtelfinals zwischen dem FC Wil und dem FC Basel, der alles geboten hatte, «was der Cup und nur der Cup bieten kann», wie es Massimo Colomba danach zusammenfasste. Ein emotionales Comeback, vier Platzverweise, fünf Tore, drei davon in der Nachspielzeit. Und der Basler Ersatzgoalie selbst hatte nicht unwesentlich das Drehbuch des Spiels mitgestaltet.

Nach einer Stunde Spielzeit war Colomba von einer Sekunde auf die andere seine warme Decke auf der Ersatzbank los geworden. Stattdessen sah er sich Auge in Auge mit Cavusevic, der anlief, einen Elfmeter für die Wiler zu treten. Und – Colomba hielt.

Der FCB blieb dadurch 1:0 in Führung, nachdem Fabian Frei bereits in der 9. Minute per Kopf getroffen hatte. Das Spiel schien seine Story gefunden zu haben: Mit dem Ersatzgoalie als Held und den Baslern als oberklassige Mannschaft, die sich in den Viertelfinal duselt.

Ein Spiel, passend zum Klischee-Satz

Aber an diesem Abend schien irgendwer beschlossen zu haben, dass eine Geschichte nicht reicht. Dass es wieder einmal an der Zeit sei, ein paar Fussballer den Standardsatz sagen zu lassen, dass im Cup «eben alles möglich ist». Und so standen die Akteure nach dem 3:2-Sieg des FCB auf dem Wiler Bergholz dampfend in der Kälte und sagten genau das: Nur der Pokal könne solche Geschichten schreiben.

Geschichten mit einer Mannschaft, die in der Champions League die Achtelfinals im Blick hat und beinahe am Verein aus der Challenge League scheitert. Geschichten, in denen ein Abend für den Grossen erst reine Routine zu sein scheint, ehe er beinahe in die Katastrophe mündet. Und alles nur, damit der Kleine erleben muss, wie all das, was er sich während 117 Minuten hart erkämpft hat, zwischen seinen Fingern zerrinnt.

«Ich hätte lieber 0:4 verloren», sagte der sichtlich mitgenommene Wiler Trainer Axel Thoma nach 120 Minuten Achterbahnfahrt, «stattdessen klopft dir jetzt jeder auf die Schultern, lobt dich, und du bist trotzdem ausgeschieden.»

Das Lob allerdings hatten sich die Wiler ehrlich verdient. Weil sie nach der frühen Basler Führung nie aufgesteckt hatten. Bereits in der ersten Halbzeit hatte Yann Sommer gegen Granit Lekajs Kopfball aus fünf Metern seine ganze Klasse zeigen müssen. Und auch nachdem Cavusevic in der 60. Minute mit seinem Penalty gescheitert war, glaubten die Ostschweizer weiter an sich und an ihre Chance.

In der Szene, die zum Penaltypfiff führte, hatte Sommer Sandro Lombardi zu Fall gebracht. Sommer berührte wohl den Ball noch mit der Hand, säbelte zugleich aber auch Lombardi um und wurde dafür doppelt bestraft: Er musste auch gleich noch das Feld verlassen.

Heiko Vogels neue Bekanntschaften

Es war eine Entscheidung, die mithalf, Heiko Vogel ein paar neue Bekannte einzubringen. Der FCB-Trainer kickte in der 78. Minute aus lauter Ärger über den Schiedsrichter eine Kühlbox um («Ich habe sie mit dem Ball verwechselt, das war ziemlich schmerzhaft.») und wurde deswegen auf die Tribüne verwiesen: «Dort habe ich ein sehr nette Leute kennen gelernt und war danach wieder ganz ruhig.»

Wobei es mit der Ruhe in der 84. Minute vorbei gewesen sein dürfte. Da nämlich belohnte sich Wil endlich für den hohen Einsatz. Lombardi entwischte mit einem weiten Zuspiel und bezwang Colomba mit einem Flachschuss durch Radoslav Kovacs Beine hindurch zum 1:1.

Wil hatte den FCB in die Verlängerung gezwungen. Verdientermassen, weil von den Baslern nach dem Seitenwechsel nicht einfach wenig gekommen war, sondern schlicht nichts. Das heisst, einmal tauchte der FCB doch gefährlich vor dem Wiler Tor auf. Aber da gelang es Jacques Zoua in der 81. Minute, den Ball aus nächster Nähe an die Latte statt zum 2:0 ins leere Tor zu treten.

Wenn Vogel nach dem Spiel schon beinahe liebevoll meinte, dass diese Basler Mannschaft «etwas ganz, ganz Besonderes» sei, dann kann er also nicht die Leistung zwischen der 45. und der 112. Minute gemeint haben. Doch was danach geschah, als der FCB praktisch ausgeschieden war, weil Cavusevic doch noch sein Tor erzielt hatte, das war eindrücklich.

Philipp Degens wunderbares Comeback

Keine sechzig Sekunden nach der Wiler Führung nämlich schrieb das Spiel seine grösste Geschichte. Philipp Degen war es vorbehalten, mit einem Volley das 2:2 zu erzielen. Ausgerechnet Degen, der sein erstes Pflichtspiel in Rotblau nach über sechs Jahren im Ausland absolvierte. Erst am Freitag um 17.14 Uhr hatte er die Spielberechtigung erhalten. Möglich wurde das nur, weil Degen nach seiner Vertragsauflösung mit dem FC Liverpool als arbeitsloser Fussballer galt.

Und es kam noch besser für den FCB. Weil er einen Alex Frei in seinen Reihen hat, der auch aus einer halben Chance ein Tor erzielen kann. Ziemlich weit rechts am Wiler Strafraum, viel zu nah an der Grundlinie eigentlich, war er in der 117. Minute an den Ball gekommen. Frei schaute, Frei lupfte, Frei traf zum 3:2 für den FCB.

Die Basler stehen in den Viertelfinals. Sie brauchten Kraft, sie brauchten Glück, sie brauchten Frei. Und Axel Thoma wird auch nicht trösten, dass ihm die treffendste Analyse des Abends gelang: «Am Ende hat die Klasse über das Herzblut gesiegt.»

Die Einzelkritiken sind hier.

FC Wil – FC Basel 2:3 (0:1, 1:1, 1:1) n. V.

Wil, Stadion Bergholz. – Schiedsrichter Carrel.

Tore:
8. F. Frei 0:1 (Kopfball nach Granit Xhakas Flanke).
84. Lombardi 1:1 (Flachschuss von halblinks in die rechte Ecke).
112. Cavusevic 2:1 (nach Doppelpass alleine vor Colomba).
113. Degen 2:2 (Dropkick aus 16 Metern ins hohe lnke Eck).
117. A. Frei 2:3 (ein Lupfer von halbrechts in die weiter entfernte Torecke).

Platzverweise Basel:
59. Sommer (Notbremse.).
78. Vogel (Unsportlichkeit).
120. Kusunga (Tätlichkeit).

Verwarnung Basel:
56. Kovac (Foul).

Platzverweis Wil:
120. Cavusevic (Tätlichkeit).

Verwarnungen Wil:
81. Schär (Foul).
105. Ngamukol (Foul).

Aufstellung Basel:
Sommer; Steinhöfer (88. Degen), Kusunga, Kovac, Park; F. Frei, Cabral, G. Xhaka (60. Colomba), Zoua (85. Shaqiri); A. Frei, Chipperfield.

Aufstellung Wil:
Faivre; Lekaj, Schär, Jaggy, Diakité (73. Jahovic); Holenstein (66. Ngamukol), Schönenberger, Bastida, Lombardi (102. Bozic); Fejzulahi; Cavusevic.

Bemerkungen:
Basel ohne Stocker (rekonvaleszent), Yapi, Voser, T. Xhaka (alle verletzt), Abraham, Streller und Huggel (alle geschont).

 

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Schweizer Cup, Achtelfinals

 
Sa, 26. November 2011             
FC Tuggen (1. Liga)–FC Sion 1:2    
FC Wil–FC Basel 2:3 n.V.
AC Bellinzona–Lausanne-Sport 0:4
So, 27. November 2011  
FC St. Gallen–FC Zürich
4:2
FC Biel–Servette Genf 3:0
SC Kriens–Grasshoppers 3:5 n.P. (2:2)
FC Winterthur–Young Boys 3:2 n.P. (1:1)
FC Wohlen–FC Luzern 1:2
 

Auslosung Viertelfinals

Mi, 21. März 2012
FC Basel–Lausanne-Sport
FC Luzern–Grasshoppers
FC Biel (CL)–FC Sion (TV)
FC Winterthur (CL)–FC St. Gallen (CL)

 


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