Die Schweizer Tennisbotschafter Federer und Wawrinka gewinnen ihre Erstrundenmatches in Wimbledon ohne grössere Probleme. Auch die Schweizer Frauen Tamea Bacszinszky und Belinda Bencic sind eine Runde weiter.
Es war ausnahmsweise ein gutes Zeichen für Roger Federer, dass er an diesem Dienstagnachmittag die Fragen gestellt bekam, die er seit einigen Wochen fast schon zwanghaft gestellt bekommt. Weil sich über Federers ersten Auftritt auf dem geliebten Centre Court, den haushohen 6:1, 6:1, 6:3-Sieg gegen den heillos überforderten Italiener Paolo Lorenzi, nicht viel sagen und diskutieren liess, kamen die sogenannten weichen Themen zur Sprache – die grösser gewordene Federer-Familie, das Herumreisen mit Frau und Kindern, die Schlafgewohnheiten des Nachwuchses oder auch das Leben in der Wimbledon-Wohngemeinschaft.
Federer wirkte entspannt beim Plausch, machte gute Miene zu den Auskunftswünschen, auch wenn er viele seiner eigenen Antworten dazu inzwischen schon wie das ABC aufsagen kann. Am Ende machte der aufgeräumte Familienvater dann die spitze Anmerkung: «Ich kann es kaum erwarten, dass das hier vorbei ist. Es ist langweilig, den ganzen Tag über Tennis zu sprechen. Jetzt will ich zu den Kindern.» Sprachs und ging dann auch wenig später.
Unbeschwerter Auftakt für die Schweizer
Es war alles in allem ein heiterer, unbeschwerter Wimbledon-Tag für die Schweizer Tennisbotschafter – mit makelloser Bilanz und auch einer lässigen Note für die grossen Zwei, für Federer und seinen Freund und Davis Cup-Mitstreiter Stanislas Wawrinka. Genau wie Federer liess sich auch der Australian Open-Champion nicht im geringsten beirren bei seinem 6:3, 6:4, 6:3 gegen den stark eingeschätzten Portugiesen Joao Sousa. Den unerklärten Wettstreit, wer in der kürzeren Zeit in die zweite Runde einzieht, gewann Federer knapp: Er stand beim Erfolg gegen den Sandplatzexperten Lorenzi 93 Minuten auf dem Centre Court, Wawrinka benötigte zwei Minuten mehr, um die Ziellinie zu überqueren.
Für ihn war der Sieg allerdings eine noch grössere Erleichterung als für den im Vorjahr in Runde 2 gescheiterten Federer, schliesslich hatte Stan the Man bei den letzten vier Turnier-Auflagen im All England Club kein einziges Match mehr gewonnen. Auch 2013 war er gleich zum Start gegen Altmeister Lleyton Hewitt gescheitert.
«Ich habe das komplett verdrängen können, fühlte mich gut und konzentriert in diesem Match», sagte er hinterher. Auch die fiebrige Erkältung der letzten Woche, die ihn sogar zur Bettruhe gezwungen hatte, hinterliess keine offensichtlichen Nachwirkungen. Nur «sehr froh» sei er gewesen, erst am Dienstag antreten zu können, sagte Wawrinka: «Jeder Tag hat mir mehr Kraft zurückgeben.»
Fünf ausgelassene Matchbälle von Federer
Genau wie Wawrinka punktete auch Federer mit schöner Regelmässigkeit mit Assen, kraftvollen Aufschlägen und seinem dynamischen Grundlinienspiel. Fast schon lähmend war zwischenzeitlich die Überlegenheit des Maestros, der bei besserer Ausnutzung seiner Breakchancen noch viel deutlicher und auch viel früher hätte siegen können. Auch fünf Matchbälle liess Federer aus, ehe er den erfolgreichen Auftakt für die Mission des achten Titelanlaufs feiern konnte. «Ich habe mich bestens an die Platzbedingungen hier gewöhnt. Die Courts sind doch etwas langsamer als zuletzt in Halle, da kann man nicht bedingungslos Serve-and-Volley spielen. Man muss jeden Netzangriff absolut perfekt vorbereiten.»
Während Federer nun auf den Sieger der Partie zwischen dem Luxemburger Gilles Muller und dem Franzosen Julien Benneteau trifft, bekommt es Wawrinka mit dem Taiwanesen Yen-Hsun Lu zu tun. Der Asiate sorgte schon einmal für beträchtliches Aufsehen, als er 2010 in einem dramatischen Achtelfinal-Match hier in Wimbledon einen gewissen Andy Roddick ausschaltete und danach die Weltpresse über seine ungewöhnliche Kindheit als Hühnerfänger auf der Farm seiner Eltern informierte.
Bacszinsky trifft auf Scharapowa
Noch prominentere Gegnerschaft erwartet die Comeback-Frau Timea Bacszinszky nach dem ungefährdeten 6:1, 6:3-Sieg gegen Sharon Fichman (USA) – nämlich keine geringere als French Open-Königin Maria Scharapowa. «Ich freue mich auf dieses Spiel, und auf den Auftritt auf einem der grossen Courts», sagte die Waadtländerin, die seit Wochen in guter Form auftrumpft und auch Scharapowa einige Schwierigkeiten bereiten dürfte.
Ebenfalls in die zweite Runde rückte auch Teenagerin Belinda Bencic mit einem 2:6, 6:3, 6:3 gegen die starke Slowakin Magdalena Rybarikowa auf. Die 2013er-Juniorensiegerin im All England Club trifft nun in einer lösbaren Aufgabe auf die US-Amerikanerin Victoria Duval, die Nummer 114 der Weltrangliste.