«Ein Team ohne individuelle Klasse, aber mit Intensität» – das ist eine Meinung der spanischen Medien zum FC Basel in der Champions-League. Der 1:0-Sieg eines «mittelmässigen» Real Madrid wird als «Formalität» abgehakt, aber einen Handselfmeter, den hätten die Experten schon gegen die Königlichen gepfiffen.
Auch 15 Zeitungsseiten über ein Spiel ergeben nicht unbedingt eine ausgewogene Berichterstattung – jedenfalls, wenn man darunter versteht, dass beide beteiligte Mannschaften ausführlich gewürdigt werden. Bei den Sportzeitungen «Marca» und «As» handelt es sich in erster Linie um Multiplikatoren der Fussball-Seifenoper Real Madrid. Alle anderen Fussball-Teams der Welt sind im Prinzip nur Satelliten, die sich um den ewigen Fixstern dieses Universums drehen.
Die häufigste Einordnung des Abends in Basel vor diesem Hintergrund: «un trámite» – eine «Formalität». Auf Deutsch: ein glanzloser Arbeitssieg in einer Partie, in der es angesichts der Tabellenkonstellation sowieso um wenig ging.
Aus der verkaufsstrategisch einleuchtenden, aber von aussen immer etwas narzisstisch wirkenden Real-Manie heraus wird dann natürlich auch die Taktik des Gegners analysiert. Im Falle des FC Basel sei sie schlichtweg dem Ziel geschuldet gewesen, nicht abgeschossen zu werden, befindet «Marca». Diese Vorgabe habe Paulo Sousa tadellos erfüllt. Als er dann etwas riskiert habe, sei es halt schon sehr spät gewesen.
Experten sagen: Es war ein Handspenalty
Insgesamt finden sich in der Sportpresse jedoch noch die differenzierenden Einschätzungen. So weisen etwa sowohl Ex-Linienrichter Rafa Guerrero bei «Marca» als auch Ex-Schiedsrichter Ildefonso Urizar Azpitarte bei «As» daraufhin, dass es in der 56. Minute einen Elfmeter für Basel und Gelb-Rot für Sergio Ramos hätte geben müssen, als der Verteidiger mit der Hand einen Schuss von Shkelzen Gashi abwehrte. Ob das den 15. Sieg nacheinander für Real – Einstellung des Vereinsrekords – gefährdet hätte, wird ansonsten nicht weiter diskutiert.
In der konservativen Tageszeitung «ABC», dem königlichen Fussball nicht weniger treu ergeben als der politischen Monarchie, liest man viel mehr von einem Spiel, das zu keinem Zeitpunkt auch nur im Entferntesten einen anderen Ausgang hätte nehmen können – es habe sich um einen «milden Abendspaziergang durch Basel» gehandelt. Den «sehr schüchternen» Gastgebern sei gegen «ein sehr überlegenes Madrid» nur wenig eingefallen, «um zu verhindern, dass die Schweizer Zuschauer zu einem Nickerchen in ihre Sitze zurückfallen».
Basel – «ein Team ohne individuelle Klasse, aber mit Intensität»
Die liberale «El País» würdigt in ihrem Spielbericht die Schweizer als «Team ohne individuelle Klasse, aber mit Intensität». Das «geringe Offensivtalent» der Gastgeber habe nicht ausgereicht, um die mangelnde Kompaktheit Reals an diesem Abend zu bestrafen. «Madrid reichte eine mittelmässige Partie, die nichts mit den Vorstellungen der letzten Monate gemein hatte. Der Mannschaft fehlte Spielkontrolle, sie war brüchiger als angemessen und spielte ohne die Harmonie anderer Tage.»
Dass die Madrider Probleme nicht ausschliesslich mit Selbstzufriedenheit, sondern auch mit dem Gegner zu tun gehabt haben könnten, repräsentiert eher die Mindermeinung in der Presse. Diego Torres, für «El País» in Basel, lobt die Abseitsfalle der Schweizer: die Innenverteidigung habe geschickt den Raum verkleinert und damit «Cristiano erstickt» sowie «Bale komplett die Orientierung genommen».
Und Tomás Roncero, Chef-Realkolumnist bei «As», erinnerte an ein Ausscheiden von Real Madrid im Europapokal der Landesmeister 1978 bei den Grashoppers sowie das enge WM-Achtelfinale der Schweizer 36 Jahre später gegen Argentinien, um festzuhalten: «Dieses 1:0 ist sehr verdienstvoll.»
Ebenfalls historisch argumentiert sein Kollege Juanma Trueba. Der FC Basel war bei ihm «ein energetischer und disziplinierter Rivale mit 43 Jahren Motivation – der Zeit, in der Real Madrid nicht mehr in Basel gespielt hatte».
Embolo kommt am besten weg
In den Einzelkritiken kommt von den Baslern der junge Breel-Donald Embolo am besten weg. «Allem, was er tut, gibt er einen Sinn», lobt «Marca», derweil Truebas Anspielung auf Embolos Nachnamen und die aktuelle Epidemie in Basel höchstens als Sauglattismus durchgeht: «Dieser 17-Jährige aus Kamerun hat so viel Talent, dass er in der Lage sein wird, sogar seinen Nachnamen zu überwinden.»
Überdurchschnittliche Bewertungen fallen ausserdem ab für Shkelzen Gashi, Derlis González und Fabian Frei, während bei «Marca» die schlechteste Zensur an Fabian Schär geht – vor allem wohl deshalb, weil er sich die Dreistigkeit herausnahm, die Idole Ronaldo und Benzema hart anzugehen. Und das in einer Partie, die doch nur eine Formalität war! Für Real Madrid und also für den Fussball.
» Eine weitere Medienschau bei der NZZ: «Mitleid und Lob für den FCB»