Roger Federer beendet seine Saison aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig. Er wird damit aus den ersten zehn Rängen der Weltrangliste fallen und sich zurückarbeiten müssen. Der 17-fache Grand-Slam-Sieger geht diesen Schritt, weil er «noch viele Jahre spielen möchte».
Im Spätfrühling dieses Jahres sass Roger Federer tiefenentspannt auf der Terrasse des Luxushotels Hermitage in Monte Carlo. Er habe «echte Seuchenmonate» hinter sich, sagte er in kleiner Medienrunde, die Meniskusoperation nach dem Australian Open, später dann noch eine quälende Virusinfektion, «viele, sehr ungewohnte Pausen». Aber jetzt, so Federer, sei er «absolut topfit, richtig angriffslustig», und er wisse eins: «Das Beste in diesem Jahr wird kommen, ganz sicher.»
Doch mit den Sicherheiten in der Karriere des grössten Tennisspielers dieser Epoche ist es vorbei. In diesem Jahr. Und wahrscheinlich auch über dieses Jahr hinaus. Als Federer am Dienstagabend in einer Facebook-Botschaft sein Olympia- und Saison-Aus für die Spielzeit 2016 verkündete, stellte sich automatisch die Frage, wie es überhaupt weitergehen würde mit seiner Laufbahn.
Doch spätestens in Wimbledon war Schluss mit lustig. Dort schuf Federer zwar denk- und erinnerungswürdige Momente mit Auftritten gegen Britanniens Wunderspieler Marcus Willis, die Nummer 772 der Welt, und beim Viertelfinal-Comeback nach 0:2-Satzrückstand gegen Marin Cilic. Aber bei der Halbfinal-Niederlage gegen Kanadas Hammeraufschläger Milos Raonic stürzte er dramatisch, womöglich sogar so unglücklich, dass das zuletzt verletzte Knie wieder in Mitleidenschaft gezogen worden sein könnte.
Federers Tenniskosmos wird Anfang 2017 aussehen wie nie zuvor in den letzten anderthalb Dekaden. Er wird dann aus den Top Ten gefallen sein, irgendwo zwischen Platz 15 und 20 stehen. Er wird ein verlorenes Jahr aufholen müssen, gegen junge, hungrige, fitte, respektlose Konkurrenten. Und er wird auch gegen sich selbst kämpfen müssen, gegen die unabweisbaren Zweifel an der eigenen Leistungskraft, die sich eingeschlichen haben.
Federer sagte in seinem Statement am Dienstagabend auch, er wisse nun umso mehr, «welches Glück» er über all die Jahre mit «nur wenigen Verletzungen» besessen habe. Was auch heisst: 2016 hat eine andere Zeitrechnung begonnen. Für Federer. Und für die Welt des Tennis.