Ein Schmeicheln und Sticheln vor dem Showdown zwischen Bayern und Leipzig

Schöner hätte man den Spielpan nicht malen können: Zum Jahresabschluss treffen an diesem Mittwoch (20.00 Uhr) Rekordmeister Bayern München und Emporkömmling RB Leipzig in einem Duell aufeinander, das die Bundesliga elektrisiert. Und die Münchner scheinen zu wissen, was da aus dem Osten auf sie zurollt.

(GERMANY OUT) Fussball, Saison 2013-2014, 1. Bundesliga, 6. Spieltag, FC Schalke 04 - FC Bayern Muenchen 0-4, Praesident Uli Hoene? (Uli Hoeness, Bayern Muenchen), re., und Vorstandsvorsitzender Karl Heinz Rummenigge (Bayern Muenchen) (Photo by Team 2 Sportphoto/ullstein bild via Getty Images)

(Bild: Getty Images)

Schöner hätte man den Spielpan nicht malen können: Zum Jahresabschluss treffen an diesem Mittwoch (20.00 Uhr) Rekordmeister Bayern München und Emporkömmling RB Leipzig in einem Duell aufeinander, das die Bundesliga elektrisiert. Und die Münchner scheinen zu wissen, was da aus dem Osten auf sie zurollt.

Karl-Heinz Rummenigge sprach im elitären Duktus der alten Meister über den neuen Herausforderer. «Wer gegen Madrid, Barcelona oder Manchester United gespielt hat, der ist auch gegen Rasenballsport bereit. So heissen die doch?»

Uli Hoeness dagegen umgarnte anders als der von oben herab redende Vorstandsvorsitzende der Münchner Fussball-AG einen der Protagonisten von Rasenballsport Leipzig. «Wenn wir irgendwann einmal einen deutschsprachigen Trainer suchen sollten, gehört er mit Sicherheit zu den drei Kandidaten, über die man nachdenken muss», schwärmte der Präsident des FC Bayern München über Ralph Hasenhüttl.

Der hat seine Spielerlaufbahn zwischen 2002 und 2004 in der zweiten Mannschaft des FC Bayern ausklingen lassen. Danach hätte der Österreicher gern eine der Münchner Nachwuchsmannschaften trainiert, was dem seinerzeit 36 Jahre alten Hasenhüttl aber nicht vergönnt war. Jetzt ist er 49, wohnt, wenn er mal nicht als erster Fussballlehrer von RB Leipzig bei der Arbeit ist, im Münchner Vorort Unterhaching und schaut an diesem Mittwochabend voller Vorfreude und Neugier in der knapp zehn Kilometer entfernten Allianz Arena vorbei.

Der Aufsteiger begegnet dem Rekordchampion auf Augenhöhe

Dort werden sich mit ihm, den Bayern und seiner Mannschaft 75’000 Zuschauer in einem wie bei allen Münchner Heimspielen ausverkauften Stadion auf das Spiel der Spiele zum Finale dieses Bundesliga-Halbjahrs freuen. Der Champion unter dem abgeklärten italienischen Trainerfuchs Carlo Ancelotti gegen Hasenhüttls ganz besonderen Aufsteiger, der den Titelverteidiger auf Augenhöhe herausfordert.



epa05679876 RB sporting director Ralf Rangnick (l) and head coach Ralph Hasenhuettl are pleased with their team's victory in the German Bundesliga football match between RB Leipzig and Hertha BSC at the Red Bull Arena in Leipzig, Germany, 17 December 2016. ..(EMBARGO CONDITIONS - ATTENTION: Due to the accreditation guidlines, the DFL only permits the publication and utilisation of up to 15 pictures per match on the internet and in online media during the match.) EPA/HENDRIK SCHMIDT

Die beiden Vormänner des Leipzigers Experiments: Sportdirektor Ralf Rangnick (links) und Cheftrainer Ralph Hasenhüttl, hier nach dem jüngrten Sieg gegen Hertha BSC Berlin. (Bild: Keystone/HENDRIK SCHMIDT)

Beide Klubs haben in den bisherigen 15 Spielen gleich viele Punkte eingesammelt (36), sodass die Bayern nur wegen der um sieben Treffer besseren Tordifferenz Erster sind. «Es ist das Spiel, das ganz Deutschland elektrisiert», sagt Hasenhüttl. Er ist neben Julian Nagelsmann – mit der TSG 1899 Hoffenheim als einziger Bundesligaklub noch ohne Niederlage – der Traineraufsteiger des Jahres in Deutschlands höchster Fussballklasse.

Ein Marketing-Vehikel erhält Konturen

epa05682458 Ralf Rangnick, sports director of the Bundesliga soccer club RB Leipzig, speaks during a press conference at the Red Bull training centre in Leipzig, Germany, 19 December 2016. On 21 December, RB Leipzig faces FC Bayern Munich at the Allianz Arena in Munich. EPA/Sebastian Willnow

Zug um Zug das Leipziger Profil geschärft: Ralf Rangnick hat die Red-Bull-Millionen gut angelegt. (Bild: Keystone/SEBASTIAN WILLNOW)

Dass sich die Münchner beim Ballyhoo vorweg mit kleinen Sticheleien und netten Schmeicheleien an die Adresse des gegnerischen Trainers auf die Sachsen eingestimmt haben, deutet unverkennbar darauf hin, wie ernst sie diesen Widersacher nehmen. Der ist nicht im klassischen Sinne von ganz unten bis ganz oben durchgestartet, sondern hat dank der auf bisher 250 Millionen Euro bemessenen Finanzierung durch den österreichischen Red-Bull-Getränkekonzern binnen sieben Jahren den alpin anmutenden Aufstieg von der fünftklassigen Oberliga bis in die Bundesliga geschafft.

2009 gegründet, übernahm RB Leipzig das Startrecht des Leipziger Vorortvereins SSV Markranstädt für die Oberliga, auf dass der mehrjährige Ansturm der Roten Bullen gen grosse Bühne Bundesliga beginnen konnte. Er nahm so richtig Fahrt auf, als der frühere Bundesligatrainer Ralf Rangnick (VfB Stuttgart, Schalke 04, Hannover 96, Hoffenheim) 2012 als Sportdirektor das Profil von RB und dem österreichischen Partnerklub Red Bull Salzburg schärfte.

Das zunächst vielerorts als reines Marketingvehikel des Red-Bull-Eigners Dietrich Mateschitz geschmähte und unter Fussballtraditionalisten noch immer ungern gesehene Leipziger Projekt gewann danach von Jahr zu Jahr an Kontur und erreichte, von Rangnick als Trainer und Sportchef in Personalunion angeführt, im Mai 2016 das ambitionierte Klassenziel Bundesliga.

epa05679874 The RB Leipzig team celebrates with the fans after the German Bundesliga football match between RB Leipzig and Hertha BSC at the Red Bull Arena in Leipzig, Germany, 17 December 2016. ....(EMBARGO CONDITIONS - ATTENTION: Due to the accreditation guidlines, the DFL only permits the publication and utilisation of up to 15 pictures per match on the internet and in online media during the match.) EPA/HENDRIK SCHMIDT

Auch nicht in München, wo sich Hasenhüttl, Rangnicks kongenialer Nachfolger als Trainer, einiges ausrechnet. «Keine Mannschaft ist unschlagbar», sagt der Österreicher ohne Aufschneiderei, «wir werden mutig und mit viel Selbstvertrauen auftreten. Die Bayern sollen am nächsten Tag spüren, dass sie gegen RB gespielt haben.»

Das Fussball-Projekt in der boomenden Messestadt

epa05682459 Ralph Hasenhuettl, coach of the Bundesliga soccer club RB Leipzig, speaks during a press conference at the Red Bull training centre in Leipzig, Germany, 19 December 2016. On 21 December, RB Leipzig faces FC Bayern Munich at the Allianz Arena in Munich. EPA/Sebastian Willnow

«Keine Mannschaft ist unschlagbar» – Ralph Hasenhüttl am Vortag des Showdowns in der Bundesliga. (Bild: SEBASTIAN WILLNOW)

Wer am Ende wen jagt und dabei fette Beute macht, ist die spannende Frage an diesem Abend, an dem die Leipziger nicht nur in der Ligatabelle, sondern auch im Sympathienranking Pluspunkte einsammeln können. In ihrer jung anmutenden, boomenden Messestadt mit 560’000 Einwohner, die sich über die prozentual gesehen meisten Zuzügler unter den deutschen Grossstädten freut, ist RB längst eine der grossen Attraktionen, zu der es immer mehr Fussballfans aus den östlichen Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zieht.

Aus Regionen also, die nach dem Abstieg von Energie Cottbus 2009 ohne einen Bundesligaklub auskommen mussten. Das fehlende Dazugehörigkeitsgefühl konnte auch Hertha BSC nicht wettmachen, der Hauptstadtverein mit einer ausgeprägten Westberliner Vita.

Mit einem Big Bang meldet sich der Osten zurück

Nun meldet sich der Osten zurück. Mit einem Big Bang, dank österreichischer Aufbauhilfe und schwäbischer Fussballtüftelkünste, verkörpert durch Sponsor Mateschitz, Trainer Hasenhüttl und Projektleiter Rangnick.

Mit Profis, die erst an diesem Standort ihr leuchtendes Potenzial ausspielen konnten, wie dem rasanten schwedischen Spielgestalter Emil Forsberg, dem Stuttgarter Shooting Star Timo Werner, dem wuchtigen dänischen Angreifer Yussuf Poulsen oder dem dynamischen Mittelfeldantreiber Naby Keita aus Guinea. Spieler, die den druckvollen Leipziger Hochgeschwindigkeitsfussball auf der Basis von Pressing-und-Gegenpressing-Aktionen verinnerlicht haben.



Supporters of Leipzig wear Santa Claus caps during the German Bundesliga soccer match between RB Leipzig and Hertha BSC Berlin in Leipzig, Germany, Saturday, Dec. 17, 2016. (AP Photo/Michael Sohn)

Schöne Bescherung: Leipziger Fans am vierten Advent und dem Heimsieg von RB gegen Hertha BSC Berlin. (Bild: Keystone/MICHAEL SOHN)

Die Bayern werden ihre individuelle Extraklasse, verkörpert durch internationale Stars wie Robert Lewandowski, Thomas Müller, Arjen Robben. Franck Ribéry, Mats Hummels oder Manuel Neuer dagegensetzen. «Wir sind auf jede Spielweise vorbereitet», sagt Ancelotti, «ob einer hoch oder tief verteidigt, ist für uns nicht entscheidend».

Schon jetzt erscheint Leipzig als Champions-League-tauglich

In vielem erinnert das Duell zwischen Titelverteidiger und Herausforderer an das Jahr 2008, als Rangnick ebenfalls am 16. Spieltag mit dem Sensationsaufsteiger und Tabellenführer Hoffenheim nach München reiste, dort mit seiner Mannschaft nach einem hinreissenden Fussballspiel 1:2 verlor und danach trotzdem Herbstmeister wurde.

Heute sagt der Spiritus Rector des Leipziger Fussballwunders beim Blick zurück auf damals: «Wenn uns das Beispiel Hoffenheim etwas sagt, dann, wie viel ein Herbstmeistertitel wert ist – nämlich so gut wie gar nichts.» Die Badener waren am Ende der Saison «nur» Tabellensiebte.

In Leipzig streben sie nach mehr. Auch wenn Rangnick hervorhebt, dass die Meisterkrönung für Rasenballsport im ersten Bundesligajahr «ein nicht so realistisches Szenario» sei, sagt er doch auch, «wir haben ambitionierte Ziele und wollen uns weiterentwickeln» – mit einer Mannschaft, die jetzt schon Champions-League-tauglich erscheint.

rotblauapp

rotblauapp

Nächster Artikel