Ein Schritt in die richtige Richtung

Roger Federers Startsieg wirft keine neuen sportlichen Fragen auf, beantwortet aber auch keine bestehenden. Er ist einzig ein erster Schritt in die richtige Richtung. In dreierlei Hinsicht.

Der Schweizer Roger Federer beim Swiss Indoors Tennisturnier in der St. Jakobshalle in Basel, am Montag, 21. Oktober 2013. ..(PHOTOPRESS/Kurt Schorrer) (Bild: Keystone/KURT SCHORRER)

Roger Federers Startsieg wirft keine neuen sportlichen Fragen auf, beantwortet aber auch keine bestehenden. Er ist einzig ein erster Schritt in die richtige Richtung. In dreierlei Hinsicht.

Unterhalten wurden die Zuschauer in der St.-Jakobs-Halle vor und nach dem Spiel. Zuerst von Udo Jürgens’ musikalischer Darbietung, und dann vom Platzinterview nach Federers Startsieg. Dazwischen lag etwas mehr als eine Stunde Tennis – von der Sorte, wie es den Zuschauern in der ersten Runde an einem Turnier der dritten Kategorie eben gezeigt wird.

In Roger Federers Erstrundenspiel an den Swiss Indoors wechselten sich Fehler und Gewinnschläge ab, was den 6:4, 6:2-Sieg über den Franzosen Adrian Mannarina (ATP 62) aber nicht gefährdete. «Mehr braucht es nicht in der ersten Runde», sagt Federer und fügt an, dass «ich in den ersten Runden eines Turniers nie mein bestes Tennis zeige».

«Ich spiele immer noch normales Tennis»

Wer auf Antworten in sportlicher Hinsicht gehofft hatte, wurde enttäuscht. Zu kurz dauerte die Partie, zu wenig wurde Federer gefordert. All denjenigen – und das sind nicht wenige – die ihn in einer sportlichen Schaffenskrise sehen, versicherte Federer immerhin: «So ein schlimmer Teufelskreis ist das momentan nun auch nicht, ich spiele immer noch normales Tennis und bin in den Top-Ten der Weltrangliste platziert. Ich hatte nie Angst um mich.»

Wie schlimm die Krise auch sein mag: Ein erster Schritt zum sechsten Titel an seinem Heimturnier hat Federer getan, auch wenn er in dieser Phase des Turniers noch nicht vom Titel sprechen möchte. Gegen aussen gibt er das Bild eines vom Druck befreiten Altmeisters: «Nachdem ich das Turnier bereits fünfmal gewonnen habe, ist der Druck des Turniersiegs weg.»

Ganz ohne Druck tritt Federer allerdings nicht auf an seinem Heimturnier, bei dem er einst als Balljunge feinstes Tennishandwerk aus nächster Nähe schnupperte. Nach der verkorksten Saison, deren Höhepunkt ein einziger Titelgewinn in Halle war – dem Vorbereitungsturnier für Wimbledon – geht es für Federer erstmals seit langem in dieser späten Phase der Saison noch um die Qualifikation für die ATP World Tour Finals.

Als Reservespieler nach London?

An diesen hat er zuletzt elf Mal in Folge teilgenommen; mit einer weiteren Teilnahme könnte er zum Rekordhalter Ivan Lendl aufschliessen. Im Race-to-London, der massgebenden Rangliste für eine Teilnahme an der inoffiziellen Tennisweltmeisterschaft, liegt Federer momentan auf dem achten Rang. Nach der Absage der Weltnummer 3, Andy Murray, qualifizieren sich alle Spieler bis und mit Platz 9 für das Turnier in der O2-Arena in London.

Die Chancen für Federer stehen dementsprechend gut. Er braucht aber insofern Punkte, als er alles daran setzen dürfte, nicht als einer der beiden Reservespieler nach London zu reisen. Mit dem ausstehenden Ausgang des Turniers in Basel sowie dem letzten Masters-1000-Turnier in Paris Bercy ist dies rechnerisch noch möglich.

Ein Usbeke oder ein Argentinier als nächster Gegner

Ein erster Schritt zur Verhinderung dieser Blamage ist mit dem Sieg gegen Mannarino nun ebenfalls getan. In der nächsten Runde trifft Federer entweder auf den Usbeken Denis Istomin (ATP 48) oder den Argentinier Horacio Zeballos (ATP 51). Federer geht nicht nur davon aus, «dass es Istomin sein wird», er hofft es auch: Sämtliche vier Duelle gegen den Usbeken gingen ohne Satzverlust an Federer.

Trotzdem ruft er sich die Stärken seines möglichen Gegners in Erinnerung: «Vor allem auf schnellen Belägen spielt er gut und verfügt über einen guten ersten Aufschlag. Wenn er sich allerdings bewegen muss, wird es etwas schwieriger für ihn.»

Für Federer hingegen wird es dann schwieriger, wenn er es mit dem Argentinier zu tun bekommt, denn: «Zeballos kenne ich nicht gut, wir haben noch nie gegeneinander gespielt.»

Federers diplomatische Bemühungen…

All dies gibt Federer während der Pressekonferenz ausführlich zu Protokoll. Er nimmt sich Zeit und seine Antworten sind überlegt. Vor allem aber scheint er bemüht, sämtlichen Stolpersteinen aus dem Weg zu gehen.

«Ja, es kribbelt immer noch, wenn ich hier spiele. Vor dem Spiel und ein paar Games später auch noch», sagt er zu seiner Gefühlslage in Basel.

Weiter habe er Udo Jürgens’ Darbietung leider verpasst, denn als er beim Physiotherapeuten gebeten habe, den Ton am Fernsehgerät einzuschalten, sei dies leider nicht gegangen.

…sehen sogar über Jürgens’ Steilvorlage hinweg

Und ja, er möge es musikalisch lieber etwas härter, aber er glaube auch, dass er Jürgens’ Musik durchaus hören könne. «Ich kenne sie einfach nicht so gut, muss ich ganz ehrlich sagen», schliesst er.

Federer will keine Nebenschauplätze bilden, die in irgendeiner Form das Verhältnis zwischen ihm und dem Turnier weiter belasten könnte. Ein erster Schritt ist ihm gelungen, auch mit der Vermeidung einer negativen Aussage über die Eröffnungsfeier.

Obschon er dazu allemal Grund gehabt hätte: Udo Jürgens erlaubte sich, Federer ein Lied zu widmen, das er einst für den österreichischen Tennisspieler Thomas Muster geschrieben hatte – als dieser in einer Krise steckte.

Swiss Indoors Basel, Resultate

1. Runde (siehe auch Tableau)
Roger Federer SUI–Adrian Mannarino FRA 6:4, 6:2
Tobias Kamke GER–Victor Hanescu ROU 6:4, 6:4
Lukasz Kubot POL–Daniel Gimeno-Traver ESP 7:6, 6:2
Alexandr Dolgopolov UKR–Kenny De Schepper FRA 6:4, 6:4

Programm am Dienstag, 22. Oktober (gesamtes Programm)
u.a.:
1. Runde
Kei Nishikori JAP–Marco Chiudinelli SUI, nicht vor 16.00 Uhr
Stanislas Wawrinka SUI–Edouard Roger-Vasselin FRA, nicht vor 18.00 Uhr
Tomas Berdych CZE–Ivo Karlovic CRO, nicht vor 20.00 Uhr
 

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