Beim FC Sion gibt sich Trainer Victor Munoz mindestens so geheimniskrämerisch wie Murat Yakin beim FC Basel. Vielleicht konnte Munoz deswegen eine absolut ruhige Vorbereitung absolvieren, weil sich Präsident Christian Constantin auf seinen Auftritt als Johnny Hallyday vorbereiten musste?
Es ist ein gesellschaftliches Ereignis erster Güte. Wenn der FC Sion zu seiner Gala ruft, kommen jeweils über 6000 Gäste. Sie spülen richtig Geld in die Kasse des Clubs und erwarten im Gegenzug erstklassige Unterhaltung. Dafür ist jeweils auch der Präsident des FC zuständig.
Also gab Christian Constantin bei der diesjährigen Gala seine Darbietung als Johnny Hallyday. Und er sparte dabei nicht mit Spitzen gegen die Konkurrenz. Die Servettiens sieht er in den See fahren, und vom FC Basel bekommen gleich zwei Spieler ihr Fett weg: Geoffroy Serey Die habe er nach Basel verkauft, weil er ihn sowieso nicht mehr gewollt habe. Und Constantin singt: «Marco Streller will ich bei seiner Schwester weinen sehn.»
Constantin gibt vor den Anhängern die Rampensau, schreckt auch vor dem Walliser Polizeichef Christian Varone nicht zurück und singt zum Thema Trophäen: «Ich will es besser machen als Varone, der mit Steinen aus der Türkei zurückkommt.»
Munoz wechselt fröhlich Spieler und System
Sions Trainer Victor Munoz dagegen hat in der Vorbereitung ganz ruhig gearbeitet. Vielleicht, weil sich sein Präsident auf seinen grossen Auftritt vorbereiten musste? Vielleicht aber geht bei einem, der in Grosny und bei Neuchâtel Xamax gearbeitet hat, der Puls sowieso nicht mehr so schnell in die Höhe.
Nach der Vorbereitung, die wetterbedingt oft auf Kunstrasen stattfand, liegt die Vermutung nahe: Munoz scheint ein mindestens genau so grosser Geheimniskrämer zu sein, wie sein Antipode beim FC Basel, Murat Yakin.
In der Vorbereitung gab es keine zwei Spiele hintereinander, in denen Munoz mit derselben Formation oder demselben System gespielt hätte. Oft wechselte er in der Pause gleich alle Spieler plus System. Und als es für die Sittener am vergangenen Wochenende im Cup zum SC Kriens ging, überraschte er die Beobachter, als in einem 4-3-2-1 Anthony Sauthier anstelle des Stammverteidiges Vilmos Vanczak spielte.
Im Wallis herrscht eine hohe Arbeitsmoral
Im Wallis wird allgemein erwartet, dass Munoz am Sonntag in Basel wieder mit einer anderen Mannschaft auflaufen wird als in der Innerschweiz. Davon geht auch Murat Yakin aus, wenn er sagt: «Ich bin gespannt, ob Sion auch gegen uns mit praktisch drei Stürmern spielen wird.»
Was sich allerdings nicht verändern wird, ist die grundsätzliche Einstellung der Sittener Mannschaft. Und die ist geprägt von einer hohen Arbeitsmoral. Dafür bürgen Gennaro Gattuso und die beiden Rückkehrer Adailton (von Henan, China) und Gelson Fernandes (Sporting Lissabon).
FCB weist Sittener Video-Spion in die Schranken
Yakin hat die Sittener beim Cupspiel in Kriens vor Ort beobachtet. Munoz dagegen wollte seine Informationen über den FCB auf anderem Weg beschaffen: Die Walliser schickten jemanden, um das Testspiel zwischen Basel und Vaduz auf Video zu bannen. Der Spion hatte allerdings keinen Erfolg. Aus dem Wallis heisst es, FCB-Chefscout Ruedi Zbinden habe das filmische Experiment ziemlich rasch und mit Nachdruck beendet.
Der FC Sion wird es verkraften können. Anhalten wird die arbeitsame Ruhe im Wallis sowieso nur solange, wie die Resultate stimmen. Präsident Constantin hat ein klares Ziel vorgegeben: Er will in die Qualifikation zur Champions League, also auf einen der beiden ersten Plätze in der Super League.
Gelingt es Munoz, dieses Ziel zu erreichen, verlängert sich sein Vertrag nach Ablauf der Saison automatisch. Wenn nicht, heisst es für ihn wohl schon bald: Koffer packen.