Ein solides Schweizer Team – und Shaqiri

Angeführt von Xherdan Shaqiri, der eines seiner besten Länderspiele zeigt, zieht die Schweiz wie 2006 ins WM-Achtelfinal ein. Trainer Ottmar Hitzfeld hat die Nationalmannschaft nicht nur richtig auf-, sondern auch eingestellt, um die Aufgabe gegen Honduras mit dem 3:0 (2:0) zu lösen.

epa04282124 Swiss players celebrate after the FIFA World Cup 2014 group E preliminary round match between Honduras and Switzerland at the Arena Amazonia in Manaus, Brazil, 25 June 2014. Switzerland won 3-0.....(RESTRICTIONS APPLY: Editorial Use Only, not (Bild: Keystone/JESUS DIGES)

Angeführt von Xherdan Shaqiri, der eines seiner besten Länderspiele zeigt, zieht die Schweiz wie 2006 ins WM-Achtelfinal ein. Trainer Ottmar Hitzfeld hat die Nationalmannschaft nicht nur richtig auf-, sondern auch eingestellt, um die Aufgabe gegen Honduras mit dem 3:0 (2:0) zu lösen.

Die Zweifel waren da gewesen, aber schliesslich wurde dieser letzte Vorrundenmatch für die Schweiz nicht mal zum Zitterspiel. Das verdankte sie einer von Anfang an von Disziplin, Präsenz und mehrheitlich auch spielerischer Qualität geprägten Leistung. Sie beherrschte die Nummer 33 der Welt aus Mittelamerika im Kampf im Regenwald. Ihr Sieg stand nie zur Diskussion. Und der Rivale Ecuador schaffte es im fernen Maracana nicht, gegen Gruppensieger Frankreich über ein 0:0 hinauszukommen.

Natürlich war Xherdan Shaqiri mit seinen drei Toren der grosse Mann. Es war eines seiner besten Länderspiele und es waren sehr wichtige Tore. Aber es war nicht das erste Mal, dass er in der Nationalmannschaft dreimal traf. Das war ihm schon im Herbst 2011 in der EM-Ausscheidung gegen Bulgarien in Basel gelungen – damals zu einem 3:1 nach einem Rückstand.

Die Retuschen und die frühe Führung

Die Retuschen Ottmar Hitzfelds entsprachen genau den Erwartungen – mit Fabian Schär bei seinem WM-Debüt im Abwehrzentrum und Josip Drmic anstelle Haris Seferovics als Sturmspitze. Und geahnt hatte man auch, dass der Coach diesmal Shaqiri von Beginn weg hinter Drmic würde spielen lassen und Granit Xhaka auf der rechten Flanke. Es war in den ersten beiden Matches, ob gewonnen oder verloren, doch zu offensichtlich gewesen, dass der kleine «Bayer» im Zentrum besser ins Spiel kam als auf der Flanke.

Shaqiris Aktion zum 1:0 war wunderschön anzuschauen und spielte den Schweizern früh die Vorteile zu.

Die Spezialität, als Linksfüsser von rechts nach innen zu ziehen und dann zum gefährlichen Weitschuss ansetzen zu können, lässt sich  auch aus zentralerer Position darbieten. Das war wunderschön anzuschauen, als Shaqiri zum kurzen Dribbling nach innen ansetzte und den Ball danach aus 22 Metern in die weitere hohe Ecke drosch. Es war die Szene, welche den Schweizern schon früh im Vergleich mit den Ecuadorianern die Vorteile zuspielte.


Es war also nicht nur bald ein Vorsprung der Schweizer zu registrieren, sondern auch die beruhigende Erkenntnis, dass sie an diesem Tag nicht nur richtig aufgestellt waren, sondern auch richtig eingestellt, um diese Aufgabe zu lösen. Die Bedingungen waren zwar für Europäer wirklich ungewohnt mit gegen 90 Prozent Luftfeuchtigkeit zu Spielbeginn. Aber die Temperatur hielt sich mit 26 Grad für den Amazonas im Rahmen, auch wenn es – zumal für europäische Gemüter – gefühlt ein paar Grad mehr waren.

Fast ein Heimspiel und ein Team, das funktioniert

Was die Schweizer aber auch freuen durfte: Die gut 1000 Landsleute auf den Rängen der Arena Amazonia sorgten beinahe für Heimspiel-Atmosphäre. Sie hatten auch Grund, denn die Honduraner waren zwar der erwartet hartnäckige und vor allem auch hart spielende Gegner. Aber die spielerische Überlegenheit der Schweizer reichte zum frühen Vorsprung und dessen Bestätigung. Das 2:0 nach einer halben Stunde war der klarste Beweis, dass die Schweizer die fussballerisch bessere Mannschaft waren.

Die Schweiz macht diesmal die Tore, die sie vor vier Jahren gegen denselben Gegner so dringend benötigt hätte.

Es war ein mit Klarheit bestechender Angriff über vier Stationen, von einem Strafraum zum andern. Auf der Höhe des eigenen Sechzehners gewann Ricardo Rodriguez den Ball, den er klug zu Inler weiterleitete. Der Captain spielte sich mit einer Drehung frei und lancierte Drmic mit seinem besten Pass des ganzen Spiels.

 

Somit waren Drmic und Shaqiri in Überzahl, was Drmic zu einem Pass im richtigen Moment und Shaqiri zu einem sicheren Abschluss nutzte, von der Strafraumgrenze aus.

Nach 30 Minuten und 35 Sekunden hatten die Schweizer also jene zwei Tore auf dem Konto, die sie vor vier Jahren in Bloemfontein an der WM in Südafrika gegen denselben Gegner und im selben Stadium des Turniers, so dringend benötigt hätten.

An diesem Tag in Manaus aber gab es nur wenige Momente, in denen die Schweizer nicht Herr der Lage waren. Die waren vor allem in den ersten Minuten nach der Pause zu sehen, als vor allem Djourou die eine oder andere Unsicherheit erkennen liess. Ganz abgesehen davon, dass die Honduraner kämpferisch in keinem Moment nachliessen, obwohl sie nun nicht mal mehr theoretisch erfassbare Chancen auf ein Weiterkommen hatten.

Die heikle Phase unbeschadet überstanden

Dreimal wurde es gar heikel. In der 52. Minute hatte Jerry Bengtson Benaglio schon überlaufen und aus spitzem Winkel auch das Tor getroffen, aber da kam Rodriguez gerade noch rechtzeitig, um das Problem zu lösen. Nach einer Stunde brachte sich Djourou mit einem Stellungsfehler in Schwierigkeiten. Es kam zu einem Kontakt mit Jerry Palacios, der stürzte und reklamierte.

Aber einen Elfmeter konnte da ein Schiedsrichter nicht geben, der draussen im Feld so viel laufen liess wie der Argentinier Nestor Pitana. Nach 80 Minuten lieferte Benaglio dann noch eine Parade, wie sie ihm gegen die Franzosen nicht gelungen war. Er stoppte den wenige Meter vor ihm zum Abschuss gekommenen Bengtson.

Ein Gruss und eine Reminiszenz aus der Redaktion des Wiener «Der Standard»:

Zu jenem Zeitpunkt stand es allerdings schon 3:0, denn es war Drmic und Shaqiri doch mal gelungen, eine der nun ziemlich häufigen Konterchancen erfolgreich abzuschliessen. Drmic bereitete stark vor, Shaqiri schloss souverän ab.

 

Danach lagen die Schweizer so weit vorne, dass sie nicht mal ein Siegestreffer der Ecuadorianer im fernen Rio, beim schussendlichen 0:0 gegen Frankreich, vom Weg in die Achtelfinals hätte abbringen können. Aber es fiel weder ein Tor für die Honduraner noch eines für die Ecuadorianer.

Was es zwingend brauchte, kam von Drmic und Shaqiri 

Die Schweizer sind weiter mit einer soliden Leistung und ihrem höchsten WM-Sieg seit dem glorreichen 4:1 gegen Rumänien 1994 in Detroit. In einer kämpferischen Mannschaft waren einige deutlich besser als zuletzt: Benaglio war in der Verfassung seiner besten Tage, mit Ausnahme eines frühen Fehlpasses; Lichtsteiner war wenigstens defensiv disziplinierter, Behrami nicht mehr fehleranfällig, Inler lieferte gar zwei, drei starken offensive Signale.

Es war der Sieg, der erwartet werden durfte, an dem aber nach dem verunglückten Auftritt gegen Frankreich gezweifelt worden war.

Und dann waren da die beiden, die vorne spielentscheidend gut waren und der Mannschaft gaben, was sie für die Offensive zwingend brauchte. Xherdan Shaqiri natürlich, aber auch Josip Drmic, der schon nach zweieinhalb Minuten mit seiner ersten starken Szene eigentlich für ein erstes Tor von Shaqiri aufgelegt hatte.

Ein gutes Debüt lieferte Fabian Schär, der sich ganz auf seine defensive Aufgabe konzentrierte. Mit Blick auf seine besten Tage könnte man ihm vorhalten, er habe offensiv weniger geboten als möglich. Aber wichtig war an diesem Tag, defensiv dicht zu halten. Ganz einfach war das nicht, weil Partner Johan Djourou doch die eine oder andere Anfälligkeit verriet.

Auch Hitzfeld darf sich als Sieger fühlen

Ein individueller Sieger des Abends war aber auch Ottmar Hitzfeld. Er hatte – wieder mal – die Ruhe bewahrt, an Personal festgehalten, das sich aus seiner Sicht über lange Zeit bewährt hatte. Und so schaute der Sieg heraus, der erwartet werden durfte, an dem manchenorts aber nach dem verunglückten Auftritt gegen Frankreich gezweifelt worden war.

Noch mindestens ein Spiel geht jetzt Hitzfelds Karriere weiter – und das ist auf jeden Fall ein grosses.

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» WM-Achtelfinal:
Argentinien–Schweiz in Sao Paulo am Dienstag, 1. Juli, 18.00 Uhr MSZ

Wo wir schon mal beim Kollegen aus Wien sind: Ein abschliessender Kalauer sei ihm gestattet nach dem vierten und letzten Spiel am umstrittenen WM-Standort mitten im Amazonas-Gebiet mit keiner Mannschaft, die das Stadion bespielen kann:

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