Nach der 0:1-Niederlage im Freundschaftsspiel gegen Irland ist Petkovic verärgert. Er fordert nun eine Reaktion gegen Bosnien-Herzegovina. Dieses Freundschaftsspiel findet am kommenden Dienstag statt.
Nach 113 Sekunden fällt bereits das spielentscheidende Tor: Ciaran Clark trifft nach einem Eckball.
(Bild: Keystone/WALTER BIERI)Am Ursprung des Treffers steht dieses von Shane Duffy gewonnene Kopfballduell gegen Timm Klose.
(Bild: Keystone/PETER MORRISON)Yann Sommer ist aus dieser Distanz ohne Abwehrchance.
(Bild: Keystone/WALTER BIERI)Irischer Jubel – zum Zeitpunkt, da die Schweizer Trikots so weiss sind, wie Trikots nach 113 Sekunden eines Fussballspiels eben noch sind.
(Bild: Keystone/AIDAN CRAWLEY)Nationaltrainer Vladimir Petkovic kann mit dem Gezeigten nicht zufrieden sein.
(Bild: Keystone/PETER MORRISON)Timm Klose grätscht Daryl Murphy einen Ball weg.
(Bild: Keystone/PETER MORRISON)Szenen eines Eckballs.
(Bild: Keystone/AIDAN CRAWLEY)Die Schweiz in Schieflage: Renato Steffen, Offensivmann des FC Basel, gegen Jonathon Hayes.
(Bild: Keystone/WALTER BIERI)Nachsehen: Breel Embolo läuft zwei Schritte hinter Seamus Coleman her.
(Bild: Keystone/PETER MORRISON)Die Schweigeminute vor der Partie, zum Gedenken an die Opfer der Terroranschläge von Brüssel.
(Bild: Keystone/PETER MORRISON)Es waren 35’000 in die neue Dubliner Arena gekommen – nicht wenige für ein Freundschaftsspiel. Und das Publikum machte sich auf einen stimmungsvollen Anlass bereit. Aber dann, kaum war der frühe Jubel übers Tor verhallt, wurde nichts daraus. Das Spiel war, zumal aus Schweizer Sicht, enttäuschend schwach. Die Iren, ebenfalls nicht in Bestbesetzung angetreten, waren kaum besser. Und das Niveau vermochte selbst grundsätzlich sangesfreudige irische Zuschauer nicht zu motivieren. Also wurde dieser erste Länderspielabend des EM-Jahres zu einem in jeder Beziehung unbefriedigenden Anlass, selbst das «Come on you Boys in Green» war von den Tribünen ganz selten und dann auch nur sehr verhalten zu hören.
Bald deutete sich auch an, dass der Match schon mit jener Aktion nach gut 110 Sekunden entschieden worden sein dürfte. Kaum hatte der Match begonnen, konnten die Iren ihre ersten Ecken treten. Und kaum war die zweite, getreten von Norwichs Linksverteidiger Robbie Brady in den Strafraum geflogen, verlor dort ein anderer Verteidiger aus Norwich, der Basler Timm Klose, das Kopfballduell gegen Shane Duffy. Der Ball landete bei Innenverteidiger Ciaran Clark – und der traf, ebenfalls mit dem Kopf, aus wenigen Metern unter die Latte. Es war, in seinem 18. Länderspiel, das zweite Tor Clarks.
Die Iren erzeugten bei Standardsituationen wiederholt (Kopfball-)Gefahr, und in der 37. Minute traf Shane Long die Latte. Der Stürmer des FC Southampton, im vergangenen Herbst als Schütze des Siegestores gegen Weltmeister Deutschland in die irische Fussballgeschichte eingegangen, hatte sich im Luftkampf gegen Fabian Schär durchgesetzt, den andern Schweizer Innenverteidiger.
Embolo im Ansatz vernünftig
Es mag so gewesen sein, dass sich die Schweizer nach der Pause etwas engagierter zeigten, die bis dahin miesen Eindrücke aufzubessern. Es begab sich nach gut einer Stunde, dass Blerim Dzemaili nach einem Eckball eine Kopfballchance hatte – aber seine Aktion war schwach. Irlands Torhüter Darren Randolph wehrte diesen Ball so mühelos ab, wie ihm überhaupt leicht fiel, diesen Abend ungeschlagen zu verbringen.
So siegte eine irische Mannschaft, in der alle prominenten Namen fehlten – nach dem kurzfristig ausgefallenen Stürmerveteranen Robbie Keane, nach Glenn Whelan oder Jonathan Walters schliesslich auch noch Abwehr-Altmeister John O’Shea. Die Iren siegten, weil sie eindeutig bissiger und einsatzvoller begonnen hatten – und das genügte gegen einen Gegner diesen (Schweizer) Zuschnitts. Dass das Spiel in der letzten halben Stunde noch mehr auseinanderfiel, lag auch an der Wechselorgie, wie sie für die Testspiele dieser Art oft bezeichnend sind. Irlands Stürmer Kevin Doyle hatte sich schon früh bedenklich am linken Knöchel verletzt, in den letzten 30 Minuten folgten elf weitere Wechsel.
Was die Schweiz betrifft, bleibt so gut wie nichts an Positivem in Erinnerung. Das Resultat, ein 0:1 auswärts gegen einen andern EM-Teilnehmer, ist kein Drama. Aber wie es zustande kam, war eine glatte Enttäuschung. Torhüter Yann Sommer konnte das Gegentor nicht vermeiden; er erhielt nachher kaum Gelegenheit, etwas zu zeigen. Man kann auch noch sagen, der Ersatz-Rechtsverteidiger Michael Lang habe sich sehr bemüht, auch offensiv einzuwirken – allerdings ohne bedeutenden Ertrag. Und man kann schliesslich noch sagen, Breel Embolo habe von den offensiven Spielern noch am ehesten einen Ansatz zu Vernünftigem gezeigt. Doch ingesamt kann kein Feldspieler mit seiner Leistung zufrieden sein, einzelne – darunter Prominenz – waren gar ungenügend.
Erinnert an EM-Startspiel 1984
Das gilt beispielsweise für Granit Xhaka, der in Abwesenheit Gökhan Inlers nun auch von der Position her, als zentraler Sechser, der Chef der Mannschaft sein konnte. Er war es nicht. Er zeigte weder die Präsenz noch das entschlossene Engagement wie es in Mönchengladbach üblich ist – nur einmal, als er einen Gegner foulte und damit selbst in diesem harmlosen Spiel eine Verwarnung abholte. Von Xhaka war kaum ein gewichtiger Pass zu sehen.
Es war aber auch Valon Behrami, der Captain des Tages, nicht gut, nicht annähernd mit der im positiven Sinn aggressiven Ausstrahlung seiner besten Tage. Und Dzemaili mag in der Tat eifriger gewesen sein, vor allem Anfang zweiter Halbzeit. Aber es war wieder mal so, dass er eine Chance nicht nutzen konnte, sich – ebenfalls in Abwesenheit Inlers – als erste Wahl aufzudrängen.
Wenig überzeugend waren die Innenverteidiger, viel zu verhalten war Linksverteidiger Ricardo Rodriguez. Zu wenig kam von Admir Mehmedi, obwohl der ab und zu am Ball werkelte. Nichts kam von der zentralen Sturmspitze Haris Seferovic. Und nichts kam vom halben Dutzend, das in der letzten halben Stunde ins Spiel geschickt worden war. Es war ein Spiel, das so schlecht begonnen hatte wie zu Paul Wolfisbergs Zeiten ein EM-Startspiel gegen Belgien in Brüssel (1984) – mit einem Eigentor Heinz Lüdis in der 1. Minute. Schlussresultat: 3:0. Das letzte Blitztor dieser Art war das 1:0 des Ungarn Korsos im Herbst 1988 auf dem Weg zu einem 2:0 gegen Gilbert Gress‘ Schweizer.
Berahmi: «Keine Katastrophe»
Vladimir Petkovics Schweizer verloren also auch. Sie fanden keinen richtigen Rhythmus. Die Absenz so wichtiger Spieler wie Stephan Lichtsteiner, Xherdan Shaqiri und Johan Djourou reicht als Erklärung nicht. Aber wahrscheinlich war es halt vor allem wieder mal so: Ein Freundschaftsspiel, mag es auch zu Beginn eines EM-Jahres sein, ist nicht zum Nennwert zu nehmen.
So sah es auch Lichtsteiner, der sich sehr gute Chancen gibt, am Dienstag gegen Bosnien-Herzegowina als Captain einzulaufen. «Es ist nun mal nicht einfach, sich nach drei Monaten wieder zu treffen und nach drei, vier Trainings zusammenzuspielen», sagte er. «Das wird im Sommer anders sein, wenn wir in der Vorbereitung zwei Wochen täglich zusammengearbeitet haben.» Und: «Für das sind Testspiele da.» Dass man auch mal was versuche, das dann nicht glücke. Auch für Behrami, der als Nummer 3 in der Hierarchie hinter dem nicht aufgebotenen Gökhan Inler und dem verletzten Lichtsteiner in Dublin Captain war, sagte: «Das ist keine Katastrophe.»
Petkovic: «Reaktion gegen Bosnien nötig»
Coach Petkovic allerdings wertete, das liegt in der Natur der Sache, den Auftritt doch ernsthaft-kritisch. Seine Unzufriedenheit verbarg er auch nicht, selbst wenn seine Wortwahl relativ zurückhaltend war. Das «schnelle Tor hat uns vor einige Probleme gestellt, vor allem in der ersten Viertelstunde haben wir zu viel zugelassen,» sagte er. Nachher sei das Spiel seiner Mannschaft «etwas besser geworden, aber wir waren noch immer zu wenig produktiv, wir spielten vor allem zu langsam nach vorne». Also hätten sie «bis zum Schluss kein Tor geschossen und verdient verloren.»
Mit dem frühen Tor, den «fünf, sechs Eckbällen in den ersten zehn Minuten kippte das Spiel auf die falsche Seite», sagt Petkovic. Grundsätzlicher merkte er an: «Wir gingen nicht in die Zone, wo es manchmal auch wehtut. Die Leistung hat nicht gestimmt, wir waren etwas halbherzig auf dem Platz. Es genügte nicht, was wir diesmal boten. Gegen diesen Gegner muss man bissiger sein und mehr laufen.» Also sei, schloss Petkovic, «jetzt eine Reaktion gegen Bosnien-Herzegowina nötig». Und die sei nur zu erreichen, «wenn wir eine gewisse Steigerung an Charakter zeigen». Was sich hinter dieser Formulierung verbirgt: Er erwartet schlicht mehr Einsatz seiner Mannschaft. Dann muss Petkovic nicht mehr, wie diesmal, sagen: «Ein bisschen verärgert bin ich schon.» Wahrscheinlich mehr als ein bisschen.
Aber Lichtsteiner sagt ja auch schon: «Wir sind genug gut, wir sind professionell genug, am Dienstag ein besseres Spiel zu machen.» Mutmasslich eben mit Lichtsteiner. Ob es auch Shaqiri reicht, zur geforderten Steigerung beizutragen – das ist doch noch ungewiss.