«Eine EM ist in Europa populärer als eine WM»

In Moskau gehen gerade die Weltmeisterschaften der Leichtathleten über die Bühne. Zur gleichen Zeit 2014 wird die Schweiz mit der EM einen Grossanlass einzigartiger Dimension veranstalten. Ein Jahr davor sieht CEO Patrick Magyar die Vorbereitungen auf gutem Stand was Ticketverkauf, Sponsoringeinnahmen angeht und auch die Perspektiven der Schweizer Athleten.

Alles im Griff: Leichtathletik-Macher Patrick Magyar stellt jedes Jahr Weltklasse Zürich auf die Beine und 2014 die Europameisterschaft im Letzigrund. (Bild: Keystone/ENNIO LEANZA)

In Moskau gehen gerade die Weltmeisterschaften der Leichtathleten über die Bühne. Zur gleichen Zeit 2014 wird die Schweiz mit der EM einen Grossanlass einzigartiger Dimension veranstalten. Ein Jahr davor sieht CEO Patrick Magyar die Vorbereitungen auf gutem Stand was Ticketverkauf, Sponsoringeinnahmen angeht und auch die Perspektiven der Schweizer Athleten.

Zur Zeit verfolgt Patrick Magyar die Welttitelkämpfe in Moskau mit dem Auge des Machers von Weltklasse Zürich am 29. August. Das kann er sich auch deshalb erlauben, weil er als CEO der Leichtathletik-Europameisterschaft 2014 die Vorbereitungen auf gutem Stand sieht.

In einem Jahr wird das Züricher Letzigrund-Stadion also wieder einmal das sein, was es am besten kann: Ein Ort für die Leichtathletik statt für Fussball. 60 Jahre wird es dann her sein, dass die Schweiz zuletzt Schauplatz der kontinentalen Titelkämpfe war: 1954 in Bern.

Für die Schweiz ist eine Leichtathletik-EM neben einer Fussball-Europameisterschaft (Co-Ausrichter mit Österreicher 2008) oder Ski-Weltmeisterschaften (zuletzt: 2003, in Bälde: 2017; jeweils in St. Moritz) das Höchste, was sich an sportlichen Grossveranstaltungen im Land denken und stemmen lässt.

Patrick Magyar, derzeit finden in Moskau die Leichtathletik-Weltmeisterschaften statt. Aus welcher Perspektive verfolgen Sie diese Titelkämpfe?
Wenn ich ehrlich bin, dann primär als Meetingdirektor von Weltklasse Zürich. Ich frage mich: Sind die bereits verpflichteten Athleten die richtigen? Wer soll die noch offenen Plätze einnehmen?

Patrick Magyar (50), ist seit 2007 CEO von Weltklasse Zürich und führt auch die Organisation der Leichtathletik-Europameisterschaften an. Der Multiunternehmer hat in der Vergangenheit auch mit Fussball (ISL, Fifa Marketing) und Segeln (Alinghi) zu tun gehabt.

Die Heim-EM ist also vorübergehend weggeschoben?
Jein. Natürlich folge ich der WM auch als EM-CEO. Der Grossanlass unmittelbar vor dem eigenen ist immer interessant. Aber es bestehen sehr grosse Unterschiede zwischen einer WM und einer EM.

Nämlich?
In Europa ist eine EM populärer als eine WM. Das hängt mit den europäischen Topathleten zusammen. Es gilt die Regel: Je mehr Medaillen, desto grösser das Interesse. Und da spricht die Entwicklung gegen Weltmeisterschaften. Gewannen vor zehn Jahren (WM Paris) die Europäer noch ziemlich genau die Hälfte, waren es vor vier Jahren (Berlin) noch 36,9 Prozent. Noch krasser zeigt sich dies in den Laufdisziplinen: Da reüssierten in Berlin gerade noch 11,5 Prozent aus Europa.

Das wertet in Ihren Augen also eine Europameisterschaft auf?
In Europa lockt eine EM mehr Zuschauer an als eine WM.

«40 Schweizer an der EM hiesse: Wir hätten die Basis an tauglichen Athleten verdoppelt»

Vorausgesetzt, die Einheimischen brillieren. Können das die Schweizer in einem Jahr?
Davon bin ich überzeugt, ja. 2008 haben wir das Projekt Swiss Starters angeschoben – mit der Idee, dass sich 30 Schweizer qualifizieren für Zürich 2014 – inklusive Staffeln. Stand heute haben bereits 19 Stadion-Athletinnen und –Athleten, zwei Geher, neun Marathonläufer sowie zwei Staffeln die EM-Qualifikationswerte erfüllt. Ich bin überzeugt, dass es 40 Schweizer an die EM schaffen werden. Das wäre sehr erfreulich und hiesse: Wir hätten es innert sechs Jahren geschafft, die Basis international tauglicher Athleten zu verdoppeln.

Quantität hat aber wenig mit Qualität zu tun.
Schon, aber die Wahrscheinlichkeit von Ausreissern nach oben verdoppelt sich ebenso. Und wir verfügen über einen soliden Unterbau mit talentierten Jungathleten. In einem Jahr werden Newcomer wie Kariem Hussein, Selina Büchel, Alex Wilson, Mujinga Kambundji bereit sein und auf europäischer Ebene an der Spitze mitkämpfen.

Sie sehen also bessere Zukunftsperspektiven?
Genau. Die EM lässt sich ja auch als Einstieg in die grossen internationalen Meisterschaften sehen. Diese Jungen kommen jetzt ins Hochleistungsalter. Zudem sind da noch Lisa Urech und Noemi Zbären, mit ihren 24, respektive 19 Jahren. Die Frage wird sein, ob diese Hoffnungsträger die EM-Erfahrung mitnehmen und sich im Hinblick auf die nächsten Weltmeisterschaften und Olympia 2016 weiter steigern können.

Welche Erwartungen stellen Sie an die Schweizer Equipe im nächsten Sommer?
Ich will jetzt keine Namen nennen, spreche nicht von Medaillen, Rekorden. Was ich aber erwarte oder mir wünsche, ist, dass jeder Schweizer Athlet das Maximum zu geben versucht und sich durch das Heimpublikum anstacheln lässt.

«Logistisch wird die EM in Zürich zu den schwierigsten je gehören»

Die Leistungen der Schweizer können Sie direkt nicht steuern. Im Gegensatz zur eigentlichen Organisation. Befindet sich die EM-Vorbereitung im Fahrplan?
Ja, das sieht gut aus. Organisatorisch funktioniert alles. Man muss daran denken, dass unsere EM logistisch gesehen, zu den schwierigsten je gehören wird. Das hängt mit den Gegebenheiten Zürichs zusammen. Zum Beispiel mit der Anzahl von 24 EM-Hotels. Zürich verfügt über keine ideale Hotelinfrastruktur, so dass wir auf derart viele Locations zurückgreifen müssen. Oder die Geschichte mit den Einlaufstadien, die nicht neben dem Hauptstadion liegen. Da fällt noch etliches an Arbeit an.

Macht Ihnen das Sorgen?
Es ist eine Herausforderung.

Welche Knacknüsse gilt es in den kommenden Wochen und Monaten zu meistern?
Einige. Im Logistikbereich, bei der Umsetzung des sehr ambitionierten Kommunikations- und Marketingprogramms, der Sponsorenbindung, bei der Nachwuchsplattform UBS Kids Cup mit 80’000 beteiligter Kinder und Jugendlicher. Und nicht zuletzt: Diese EM soll ein Event für die ganze Schweiz werden. Dazu trägt unser Ticket- und ÖV-Paket bei, das die Gratisanreise von überall in der Schweiz ermöglicht. Und schliesslich wollen wir die Anhänger nicht nur mit hochwertiger Leichtathletik verwöhnen, sondern streben an, dass sie hinterher sagen: «Der Event isch mega lässig xi».

Dazu braucht es nicht nur guten Sport.
Eine zentrale Frage heisst: Wie viel Leichtathletik- ist nötig, wie viel Veranstalter-Know-how? Es braucht einen klugen Mix von beidem. Am Beispiel der Verpflichtung von Philipp Bandi, dem erfolgreichen, letzten Winter zurückgetretenen Berner Langstreckler, lässt sich das zeigen. Phil ist Chef Transport geworden. Er bringt das Feingefühl mit, das nötig ist, wenn ein Athlet auf seinen Shuttle wartet, der ihn rechtzeitig ins Stadion bringt.

«Bei Ticketverkauf und Sponsoringgeldern stehen wir besser da als Barcelona 2010»

Wird Zürich 2014 auch finanziell ein Erfolg?
Das lässt sich jetzt noch nicht sagen. Aber es gibt Indikatoren, die darauf hinweisen. Bezüglich Tickets, welche fast 50 Prozent der Einnahmen ausmachen werden, stehen wir zum aktuellen Zeitpunkt deutlich besser da als Barcelona 2010. Wir haben bereits etwa 30’000 Tickets verkauft, rund sechs Mal mehr als die Spanier zum selben Zeitpunkt. Was Barcelona schlussendlich an Tickets einnahm, haben wir schon jetzt annähernd erreicht. Und Sponsoringgelder akquirierten wir bis heute rund zweieinhalb Mal so viel.

Wie stellen Sie sich diese EM in den schönsten Träumen vor?
Viktor Röhtlin verteidigt vor 100’000 Zuschauern seinen Europameistertitel, wir haben an sechs Tagen Full House, die Stimmung ist bombig, und auch das Wetter spielt mit.

Zürich 2014 – die Website der Titelkämpfe

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