Es sagt viel über diesen Verein aus, dass Julian Schuster Kapitän des SC Freiburg ist. Schuster hat in der vergangenen Saison, als der Aufsteiger einen überraschenden siebten Platz erlangte, nur gerade 13 Spiele bestritten – fünf mehr als zuvor noch in der Zweiten Liga. Man tritt dem 32-jährigen Kapitän also nicht zu nahe, wenn man feststellt, dass er nicht (mehr) zu den absoluten Leistungsträgern im Team zählt.
Doch der Mittelfeldmann, der seit 2008 im Verein ist, ist mannschaftsintern enorm wichtig: als Integrator und als Kopf des Teams. Zudem soll der gebürtige Schwabe nach dem Karriereende in die Vereinsarbeit eingebunden werden.
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Wie wichtig Schuster für den SC Freiburg auch als aktiver Spieler genau ist, hat er im Trainingslager in Schruns/Montafon, das am Sonntag zu Ende ging, wieder unter Beweis gestellt. So kümmerte er sich gleich um die wenigen Neuen, die bis jetzt zum Team dazugestossen sind. Mit dem zwölf Jahre jüngeren Bartosz Kapustka, einem Polen, der zuvor bei Leicester City kaum Kontakt zu Mitspielern hatte, teilte er das Zimmer.
Langes Warten auf Verstärkung
Es sind Integrationsmassnahmen, die der Mannschaft gut tun, zumal sie vor dem Europa-League-Qualifikationsspiel am Donnerstagabend (21.05 Uhr) gegen NK Domžale aus Slowenien nicht so recht weiss, wo sie steht.
Neben dem talentierten Offensivmann Kapustka wurde bislang mit Philipp Lienhart (Real Madrid Farmteam) nur ein weiterer Innenverteidiger verpflichtet. Auch Trainer Christian Streich – jüngst im Magazin «kicker» hinter Hoffenheims Julian Nagelsmann zum zweitbesten «Trainer des Jahres» gewählt – weiss: «Wir brauchen Zuwachs, so reicht es nicht.»
Der Sportclub hat nach der vergangenen Saison zwei seiner besten Spieler verloren: Vincenzo Grifo zog es nach Mönchengladbach, Maximilian Philipp ging für über 20 Millionen Euro nach Dortmund. Im offensiven Mittelfeld klafft nun eine Lücke.
Mit jedem Tag steigt die Furcht, dass vielleicht doch kein bezahlbarer Spieler mehr auf dem Markt ist.
Gesucht wird vor allem Offensivpersonal. Gut möglich aber, dass auch auf der Innenverteidigerposition nachgelegt wird. Manuel Gulde und Georg Niedermeier plagen Rückenschmerzen und Caglar Söyüncü zog sich im Testspiel gegen Feyenoord Rotterdam (1:0) eine Verletzung am Aussenband zu. Die ist zwar weniger dramatisch als zunächst befürchtet, doch ein Einsatz gegen Domžale ist unwahrscheinlich.
Stattdessen werden wohl Neuzugang Lienhart und Caleb Stanko spielen, ein Ergänzungsspieler, der zuletzt an den FC Vaduz ausgeliehen war. Kaiserslauterns Robin Koch, Sohn der FCK-Legende Harry Koch, würde man allzu gerne verpflichten. Doch bislang bleiben die Pfälzer hart – trotz einer Offerte des Sportclubs, die nach Informationen der «Bild»-Zeitung bei über drei Millionen Euro liegen soll.
Mit jedem Tag, an dem kein valabler Ersatz für Philipp (neun Treffer) und Grifo (sechs) verpflichtet werden kann, steigt die Furcht, dass vielleicht doch kein bezahlbarer Spieler mehr auf dem Markt ist. Zumal Sportdirektor Jochen Saier zuletzt öfter betont hat, dass er nicht gewillt ist, jeden Preis zu bezahlen: «Seit den beiden Transfers scheinen einige zu denken, wir schwimmen plötzlich in Geld», so Saier. Zudem werde schon in der zweiten englischen Liga mittlerweile so gut bezahlt, dass viele Kandidaten abwinkten, wenn Freiburg um sie werbe.
Am Ambiente solls nicht scheitern
Im Moment, heisst es auf der Geschäftsstelle, sei kein weiterer Neuzugang in der Pipeline, die zweite Augusthälfte werde da spannender. Doch zunächst gilt die Konzentration dem Qualifikationsspiel gegen den letztjährigen Tabellenvierten der slowenischen ersten Liga.
Domžale, das berichteten die Scouts, ist ein kampfstarkes, gut organsiertes Team, das bereits im Wettbewerb steht. Vergangenen Sonntag gewann man 4:0 gegen NK Celje, und auch die erste Qualifikationsrunde, die dem SC erspart blieb, gewann Domžale, und zwar gegen Flora Tallinn aus Estland.
Freiburgs Torjäger Nils Petersen sagt zu diesen Voraussetzung geradeheraus: «Für uns zählt nur das Weiterkommen.» Für eine produktive Atmosphäre dürfte derweil gesorgt sein. Am Mittwochmittag waren bereits 12’500 der zur Verfügung stehenden 17’500 Eintrittskarten verkauft.