Einfachster Fussball reicht den Bosniern gegen diese Schweizer

Nach der 0:1-Niederlage gegen Irland verliert die Schweiz auch das zweite Testspiel vor der Europameisterschaft mit 0:2. Bosnien-Herzegowina bestimmt vor 17’000 Zuschauern im Letzigrund während fast 90 Minuten, wo es lang geht. Simpel, wie sich die Osteuropäer vor dem 1:0 durch Edin Dzeko mit einem Pass durchspielen. Präzis, wie Miralem Pjanic seinen Freistoss in Yann Sommers Torhüterecke versenkt. Mehr braucht es gegen diese Schweizer momentan nicht.

Swiss Breel Embolo, left, and Granit Xhaka, right, after during the friendly soccer match between Switzerland and Bosnia Herzegovina at the Letzigrund Stadium in Zurich, Switzerland, Tuesday, March 29, 2016. (KEYSTONE/Walter Bieri)

(Bild: Keystone/WALTER BIERI)

Nach der 0:1-Niederlage gegen Irland verliert die Schweiz auch das zweite Testspiel vor der Europameisterschaft mit 0:2. Bosnien-Herzegowina bestimmt vor 17’000 Zuschauern im Letzigrund während fast 90 Minuten, wo es lang geht. Simpel, wie sich die Osteuropäer vor dem 1:0 durch Edin Dzeko mit einem Pass durchspielen. Präzis, wie Miralem Pjanic seinen Freistoss in Yann Sommers Torhüterecke versenkt. Mehr braucht es gegen diese Schweizer momentan nicht.

Wie bitte? Hat der Kollege von Radiotelevisione Svizzera etwa tatsächlich die animierte Spielanalyse auf seinem Handy? Rote und blaue Punkte verschieben sich auf grünem Hintergrund, das alles wirkt irgendwie echt, wie bei einer digitalen Taktikanalyse, und trotzdem scheint es erstaunlich, dass der öffentlich-rechtliche Sender diese Informationen bereits in der Pause hat. Doch der Tessiner winkt auf der Pressetribüne ab. «No! No! Das ist nicht die Schweiz gegen Bosnien! Das ist mein Team bei einer Fussballsimulation. Und Moment: Ich führe gerade 2:0.»

José Mourinho, «The Special One» und Übertrainer seiner Generation, sei der Botschafter, das Gesicht dieses Spiels. Man könne die Mannschaft trainieren, Spieler kaufen und verkaufen, sich Aufstellungen für die anstehende Partie ausdenken. Ein kleines bisschen glitzernde Fussballwelt in die Hände jedes Fussballfans.

Und auch wenn er gerade am Gewinnen war: Der Kollege ist mit seiner Spielerei fast ebenso weit weg von der grossen Fussballwelt wie die Schweizer Nationalmannschaft von einer Form, die an der Endrunde in Frankreich für das Überstehen der Gruppenphase reichen dürfte. Nach der 0:1-Niederlage in Dublin gegen Irland unterlag Vladimir Petkovics Team auch Bosnien-Herzegowina mit 0:2. 

Ein Ballverlust, ein Pass und ein Schär, der sich vom Torschützen entfernt

Bereits nach einer halben Stunde musste Stephan Lichtsteiner im Zürcher Letzigrund seine beiden Innenverteidiger zur Brust nehmen. Mit Philipp Senderos und Fabian Schär gab es insbesondere deswegen Gesprächsbedarf, weil der erste Gegentreffer auf ihren Fehlern gründete.

Senderos, der als GC-Spieler im Letzigrund vor 17’000 Zuschauern eine Art Heimspiel erlebte, spielte in der 14. Minute einen Fehlpass auf der linken Seite. Und was dann folgte, war schnörkelloser Fussball, aus dem gegen diese Schweizer Zählbares resultiert: Den Diagonalpass auf die rechte Schweizer Abwehrseite nahm Edin Dzeko an, dieser lief auf Schär zu, der sich vom Stürmer der AS Roma wegbewegte und von ihm zwischen den Beinen erwischt wurde.



epa05235041 Bosnia-Herzegovina's forward Edin Dzeko, (not pictured) scores the first goal against Swiss goalkeeper Yann Sommer, left, during the friendly soccer match between Switzerland and Bosnia and Herzegovina at the Letzigrund stadium in Zuerich, Switzerland, Tuesday, March 29, 2016. EPA/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Edin Dzeko (nicht im Bild) schiesst, Yann Sommer ist geschlagen. (Bild: Keystone/JEAN-CHRISTOPHE BOTT)

Yann Sommer im Tor erreichte den Schuss in die rechte untere Torecke nicht. Senderos’ Ballverlust, ein Seitenwechsel auf Dzeko und ein zögernder Schär: So wenig brauchte es also – und die Schweiz lag wie gegen Irland früh im Rückstand.

Granit Xhakas Auslösungen gehören zu den wenigen guten Momenten

Um den Ausgleich zu erzielen, hätte es derweil mehr gebraucht als die überschaubaren Aktionen der Schweizer. Lichtsteiner versuchte es aus der Distanz, Granit Xhaka einmal mit rechts und einmal mit links ebenfalls. Die besten Chancen hatten Renato Steffen, der wenige Minuten nach der Pause alleine vor dem Torhüter scheiterte, und Haris Seferovic kurz vor Spielende mit einem verzogenen Schuss aus bester Abschlussposition. Da hätte das erste Tor in diesem Kalenderjahr fallen müssen.

Höhepunkte waren neben diesen Möglichkeiten die diagonalen Auslösungen Xhakas, mit denen die Mitspieler aber wenig anzufangen wussten. Ebenfalls nennenswert sind die Minuten nach der Pause, als bei den Schweizern mit den eingewechselten Baslern Breel Embolo und Luca Zuffi etwas nach vorne bewegt wurde. «In dieser Phase waren wir druckvoll», konnte Petkovic immerhin etwas Positives vermelden.



Swiss midfielder Renato Steffen reacts during the friendly soccer match between Switzerland and Bosnia Herzegovina at the Letzigrund Stadium in Zurich, Switzerland, Tuesday, March 29, 2016. (KEYSTONE/Ennio Leanza)

Renato Steffen und die eindeutige Geste: Da lief wenig zusammen, auch wenn der Basler selbst immerhin zu einer Torchance kam. (Bild: Keystone/ENNIO LEANZA)

Steffen hatte eben seine grosse Möglichkeit vergeben, da fiel der Treffer auf der anderen Seite. Senderos foulte in der 57. Minute rund 20 Meter vor dem Tor, Miralem Pjanic legte sich den Ball und versenkte diesen in der linken oberen Ecke.

Freistösse «wie Elfmeter»

Der einstige Basler Torhüter Yann Sommer fiel nach dem Abwehrversuch zu Boden, drehte sich auf den Rücken, liess die Arme links und rechts auf den Rasen sinken und starrte in den regnerischen Himmel. Der Ball war präzis getreten, «wir wussten, dass diese Freistösse wie Elfmeterschüsse sind», sagte Petkovic.

Aber Pjanics Versuch überquerte die Linie in Sommers Torhüterecke. Und wenn nun auch dieser Goalie von europäischem Spitzenformat Fehler macht, dann verheisst dass nichts Gutes für das Schweizer Team.



epa05235201 Bosnia-Herzegovina's midfielder Miralem Pjanic, left, on his way to the 0:2 goal during the friendly soccer match between Switzerland and Bosnia Herzegovina at the Letzigrund Stadium in Zurich, Switzerland, Tuesday, March 29, 2016. EPA/ENNIO LEANZA

Ein Freistoss, von dem jeder Junge träumt. Miralem Pjanic trifft in die linke obere Torecke. (Bild: Keystone/ENNIO LEANZA)

Nach dem zweiten Tor Bosniens, dem dritten Schweizer Gegentreffer in den ersten zwei Spielen 2016, ging abgesehen von Seferovics Chance in der 83. Minute kaum mehr etwas bei Petkovics Team. Vielmehr hatte es Glück, dass ein Kopfball der Bosnier kurz vor Spielende über das Tor flog und Sommer in der Nachspielzeit gegen den alleine auf ihn zustürmenden Muhamed Besic klärte.

«Viel Arbeit, viel Geduld und Positivität»

Petkovic sprach davon, dass die «individuelle und mannschaftliche Form gefunden werden muss»; er sagte, dass es nun «viel Arbeit, viel Geduld und Positivität braucht»; und er weiss, dass seine Mannschaft «auf diesem Niveau cleverer sein muss».

Es bleiben zwei Testspiele, bevor die Europameisterschaft im Juni beginnen wird. Zum Vergleich mit Belgien am 28. Mai in Genf wird Petkovic «27, 28, vielleicht 29 Spieler aufbieten». Sie nimmt er in die erste Vorbereitungswoche mit und entscheidet nach der Partie im Stade de Genève, welche 23 Akteure weiter dabei sind.

Mit diesen Spielern will der Schweizer Nationaltrainer also vorwärtskommen, und das muss er, nachdem die ersten beiden Testspiele mit kumuliert 0:3 Toren verloren gingen. Petkovic mag momentan weniger erfolgreich sein als der Tessiner Journalist auf seinem Handy. Aber immerhin spielt sich sein Spiel in der Realität ab.

Testspiel

Schweiz–Bosnien-Herzegowina 0:2 (0:1). – Letzigrund, Zürich. – 17’000 Zuschauer. – SR Delferière (BEL).

Tore: 14. Dzeko (Pjanic) 0:1. 57. Pjanic (Freistoss) 0:2.

Schweiz: Sommer; Lichtsteiner (65. Lang), Schär (46. Klose), Senderos, Rodriguez (65. Moubandje); Fernandes (46. Embolo), Xhaka; Steffen, Kasami (72. Tarashaj), Mehmedi (46. Zuffi); Seferovic.

Bosnien-Herzegowina: Begovic (62. Buric); Vranjes, Spahic (79. Cocalic), Zukanovic (86. Grahovac), Kolasinac; Visca (51. Susic), Pjanic (73. Duljevic), Besic, Lulic; Ibisevic, Dzeko (21. Hadzic).

Bemerkungen: Schweiz ohne Djourou und Shaqiri (beide verletzt) sowie Behrami (krank) und Inler (nicht im Aufgebot). Verwarnungen: 33. Kolasinac (Unsportlichkeit). 38. Schär (Foul). 41. Visca (Foul).

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