Einmal Nordkap und zurück

Für den Olympia-Marathon hat Viktor Röthlin alles getan und klare Vorstellungen: Der Europameister will am Sonntag (Start 12.00 Uhr MESZ) den «besten Marathon meines Lebens» laufen.  

Hoch hinaus: Viktor Röthlin bei der Vorbereitung auf Olympia im Juni in Melchsee-Frutt. (Bild: Keystone/GAETAN BALLY)

Für den Olympia-Marathon hat Viktor Röthlin alles getan und klare Vorstellungen: Der Europameister will am Sonntag (Start 12.00 Uhr MESZ) den «besten Marathon meines Lebens» laufen.  

Amtierender Europameister ist Viktor Röthlin, WM-Dritter von 2007, EM-Zweiter von 2006 und Olympia-Sechster von Peking. Und jetzt steht der 38-jährige Obwaldner vor seinem «sicher letzten Olympia-Marathon». Das absehbare Ende seiner eindrücklichen Karriere ist aber nicht das Thema vor dem Rennen in London. Vielmehr spricht Röthlin von seiner Vorbereitung, seinen taktischen Überlegungen und seinen Zielen.

Spannend sei sie gewesen die Vorbereitung auf dieses grosse Ziel, sagt Viktor Röthlin. Gut 8200 Kilometer habe er zurückgelegt in den letzten zwölf Monaten, jeder Kilometer mit dem Ziel Olympische Spiele London im Hinterkopf. Das entspricht, so verdeutlicht er, «immerhin der Distanz von mir zu Hause ans Nordkap und wieder zurück». Eine immense Strecke, aber keine Strecke, die länger geworden ist im Vergleich zu anderen Jahren.

Am Fernseher vom Olympia-Fieber angesteckt

Die entscheidende Phase waren die 14 letzten Wochen mit der spezifischen Marathon-Vorbereitung. Und die glückte ganz nach Wunsch. «Ich konnte Plan A durchziehen», sagt er. Auf Melchsee Frutt weilte er zusammen mit seinem Trainingspartner Tadesse Abraham (Eri) ab Ende Mai für einen ersten Übungsblock in der Höhe.

Für den zweiten ging es nach drei Wochen im Flachland wie schon so oft ins Engadin. Die letzte Vorbereitung gestaltete er zu Hause in Ennetmoos. «Das war neu für mich», sagte er, «Olympia am Fernseher verfolgen.» Fast noch stärker als sonst jeweils vor Ort sei er vom Fieber angesteckt worden.

Vorbereitet fühlt sich Viktor Röthlin ausgezeichnet. Den standardisierten Abschlusstest auf dem Laufband bei seinem Vertrauensarzt Peter Züst auf Kerenzerberg ergab «die besten, je bei mir ermittelten Werte.» Zuversichtlich wird er also ins Rennen steigen. Utopische Träumereien sind sein Ding allerdings nicht.

«Da laufen drei Kenyaner und drei Äthiopier und sie alle sind wie von einem andern Stern», sagt er. Kommen die weiteren Afrikaner, die Amerikaner, die Asiaten und die Europäer hinzu. Die Konkurrenz scheint riesig, doch durchkommen werden nicht alle.

Ziel: Best of not African vorn

«Ich möchte wie vor vier Jahren schnellster Nichtafrikaner oder «best not African born» sein», sagt er. In Peking belegte er dabei Rang 6. Ob das nochmals möglich wird? Auf der Meldeliste belegt er Rang 10, «alles, was besser als Rang 8 und somit ein Diplom wert ist, sähe ich als absoluten Wahnsinn», sagt Röthlin. Doch er hat schon verschiedentlich bewiesen, dass er Möglichkeiten zu nutzen weiss, wenn sie sich bieten.

Nicht umsonst sagt er Bezug nehmend auf das Frauen-Rennen vom letzten Wochenende: «Die Russin  Tatjana Petrowa ging das Anfangstempo der Spitze nicht mit und wurde mit einem Lauf im eigenen Rhythmus schliesslich mit dem dritten Platz belohnt.»

«Etwas traurig» stimmte ihn anfänglich, dass der Zieleinlauf nicht ins Olympia-Stadion führt, sondern die 42,195 Kilometer nach gut drei Runden in der Innenstadt bei Start und Ziel auf der Mall endet. Mittlerweile aber stehen auch bei ihm die Vorteile dieses Parcours im Vordergrund: die Attraktivität fürs Publikum, die Stimmung am Streckenrand und die vergleichsweise einfache Verpflegung. Und beflügeln kann auch der ständige Kontakt mit den Gegnern, die Überblickbarkeit des Rennens. Viktor Röthlin ist bereits zum «Grenzenverschieben».

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