England is England is England is England

Im ersten EM-Qualifikationsspiel gegen England sei die Schweiz Favorit, sagt der neue Nationaltrainer Vladimir Petkovic. Und Englands Trainer Roy Hodgson hat gute Laune. Eine Reise durch zwei Pressekonferenzen.

England's Wayne Rooney during a training session at the St. Jakob-Park stadium in Basel, Switzerland, Sunday, September 7, 2014. Switzerland is facing England in a UEFA EURO 2016 qualifier match in Basel, Monday, September 8, 2014. (KEYSTONE/Walter Bieri) (Bild: Keystone/WALTER BIERI)

Im ersten EM-Qualifikationsspiel gegen England sei die Schweiz Favorit, sagt der neue Nationaltrainer Vladimir Petkovic. Stimmt nicht, sagt Captain Gökhan Inler. Und Englands Trainer Roy Hodgson hat gute Laune – wegen seiner Rückkehr in die Schweiz. Eine Reise durch zwei Pressekonferenzen.

Vladimir Petkovic legt viel Wert darauf, dass die Kommunikation stimmt. Die ist multilingualer geworden, seit der in Sarajevo geborene Übungsleiter das Traineramt des Schweizer Nationalteams von Ottmar Hitzfeld übernommen hat. Und sie ist möglicherweise auch ein bisschen schwieriger geworden.

Captain Gökhan Inler ist sich jedenfalls sicher, dass die Schweiz am Montag (20.45 Uhr, St.-Jakob-Park) im ersten Qualifikationsspiel zur Euro 2016 gegen England in einem 4-3-3 agieren wird. Trainer Petkovic sagt: «Das System ist egal. Ich mag es, wenn sich verschiedene Systeme mischen.»

Captain Inler ist auch der Meinung, dass sich die Schweiz und England die Favoritenrolle in der Gruppe E teilen. Trainer Petkovic sagt: «Ich gehe gerne als Favorit in dieses Spiel.»

Der Trainer und der Captain arbeiten erst seit wenigen Tagen im Kreis der Nationalmannschaft zusammen. Da ist das Wording möglicherweise noch nicht abgeglichen.

Hodgson und Rooney sitzen im Dunkeln

Ganz anders bei den Engländern. Szenenwechsel. Im Basler Hotel Radisson Blu sitzen Englands Nationaltrainer Roy Hodgson und Stürmer Wayne Rooney. Sie sind sich bei allen Fragen der Presse einig. Und sie schmunzeln synchron, als sie im Presseraum plötzlich im Dunkeln sitzen. Doch von einem aus Versehen getätigten Lichtschalter lässt sich Hodgson nicht die gute Laune verderben.

Die gute Laune, die er auch deswegen hat, weil er in der Schweiz ist. «Es ist die Rückkehr in ein anderes Heimatland», sagt der Engländer, der in «phantastischen sechs Jahren» als Nationaltrainer die Schweizer an die  Weltmeisterschaft 1994 führte – nach 28 Jahren Absenz auf der grossen Bühne des Länderchampionats.

Auf dieser musste Hodgson in Brasilien einen argen Dämpfer einstecken. England schied in der Gruppenphase aus. Ohne Sieg. Mit einem Punkt. Und zwei erzielten Treffern in drei Spielen.

Sommer: «Das sind alles Weltklasseleute»

Kein Wunder also, dass in England die grosse Trainerdiskussion entfacht wurde, die nach dem 1:0-Sieg im letzten Vorbereitungsspiel weiter an Brisanz gewonnen hat. Ein Penaltytreffer gegen Norwegen; das ist nicht das Selbstverständnis der Three Lions.

Der knappe Sieg ist auch den Schweizern nicht entgangen. Szenenwechsel. Im Pressezentrum des St.-Jakob-Park versucht Inler, die schwache Phase des englischen Nationalteams zu erklären: «Die Spieler müssen sich erst noch finden, es ist für sie ein Neuanfang», sagt der Captain. Und Yann Sommer ergänzt: «Sie haben drei wichtige Akteure verloren. Aber wenn man sich das Kader anschaut, dann sind das alle Weltklasseleute.»

Die Spielerauswahl sei enorm, ergänzt Sommer, der bereits wenige Wochen nach seinem Wechsel vom FC Basel zu Borussia Mönchengladbach in den ausverkauften St.-Jakob-Park zurückkehrt. Und das als Nummer eins im Schweizer Tor.

Ein Scheitern in dieser Gruppe wäre für beide ein Tiefpunkt

In diesem wird es Sommer mit Wanye Rooney zu tun bekommen. Szenenwechsel. Rooney, inzwischen wieder von der Saalbeleuchtung erhellt, sieht im Spiel gegen die Schweiz einen «grossen Test». Ein gutes Resultat, so der Professional von Manchester United, «wird uns allen viel Vertrauen geben».

Angesichts des Modus dürfte sich die englische Mannschaft allerdings auch trotz fehlenden Vertrauens für die Endrunde qualifizieren. Die ersten Beiden der Gruppe fahren nach Frankreich. Gegen Estland, Litauen, San Marino und Slowenien wäre für England und die Schweiz ein Scheitern nichts anderes als ein sportlicher Tiefpunkt.

Vielleicht hat Hodgson in der englischen Presse auch deswegen mutig das Versprechen abgegeben: «Ich kann Ihnen versichern, dass wir mit dieser Truppe von Spielern in Frankreich dabei sein werden. Was auch immer in der ersten Partie passiert.»

Das Gros von Hitzfelds Mannschaft dürfte bleiben

Vor solchen Aussagen hütet sich Petkovic. Szenenwechsel. «Step-by-Step» will er die Aufgaben angehen. Mehr sagt er nicht auf dem Podium sitzend, auf dem er als YB-Coach nach Spielen gegen den FCB auch schon Auskunft gegeben hat. Er verzichtet auch deshalb auf gewagte Erfolgsprognosen, weil er sich in den ersten Tagen als Nationalcoach «auf zwei, drei, vier wichtige Sachen beschränken musste».

Das dürfte heissen, dass er grosso modo der Mannschaft vertrauen wird, die auch Hitzfeld schon auf das Feld geschickt hat (siehe voraussichtliche Aufstellung unten) – auch wenn Petkovic dies nicht bestätigen mag: «Ich habe viel im defensiven Bereich ausprobiert. Jeder von der Startelf wird die richtige Wahl sein.»

Inler hält es mit Gertrude Stein

Ob diese Formation, wie von Petkovic vermutet, tatsächlich als Favorit gegen England gehandelt werden darf, wird sich am Montagabend weisen. Captain Inler jedenfalls erinnert vorsichtshalber daran: «England ist England.»

Vermutlich hat er dabei nicht an Gertrude Steins Gedicht «Sacred Emily» mit der berühmtesten Zeile: «A rose is a rose is a rose is a rose» gedacht.

Die Aussage aber dürfte dieselbe gewesen sein: Dinge sind, was sie sind. Oder: England ist vielleicht eben doch der Favorit.

 

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