Erfolg für das Projekt Shaqiri

Xherdan Shaqiri macht klar, dass er seine kommende Aufgabe beim FC Bayern München nicht mit all zu grossem Respekt angehen will. Zunächst aber will er seinen künftigen Arbeitgeber in der Champions League noch zünftig ärgern.

Kleiner Mann, grosses Interesse. Xherdan Shaqiri verschwindet fast hinter einer Wand von Mikrofonen. (Bild: Georgios Kefalas, Keystone)

Xherdan Shaqiri macht klar, dass er seine kommende Aufgabe beim FC Bayern München nicht mit all zu grossem Respekt angehen will. Zunächst aber will er seinen künftigen Arbeitgeber in der Champions League noch zünftig ärgern.

Nein, es gibt keine Klausel, die es Xherdan Shaqiri verbieten würde, in den Spielen des FC Basel gegen Bayern München aufzulaufen. Im Gegenteil, als der 20-Jährige darauf angesprochen wird, ob er denn in der Champions League gegen seinen kommenden Arbeitgeber Tore schiessen dürfe, souffliert FCB-Präsident Bernhard Heusler: «Du musst.» Also lacht Shaqiri und sagt: «Ich muss.»

Die Stimmung ist gelöst an diesem Donnerstagnachmittag an der Pressekonferenz, an der Shaqiri und die Basler Clubvertreter über den Transfer zu den Bayern sprechen. Auch wenn den Baslern durchaus bewusst ist, welche Lücke der Flügelspieler hinterlassen wird, wenn er den Verein im Sommer verlässt.

Nicht nur sportlich ein Verlust

Es geht dabei nicht nur um Shaqiris sportliche Fähigkeiten. FCB-Sportkoordinator Georg Heitz registriert zum Beispiel, wie Shaqiri bei Auswärtsspielen jeweils als einziger Basler selbst von den gegnerischen Fans bejubelt wird: «Wir verlieren einen richtigen Publikumsliebling.» Einen, der mit seiner Mischung aus Ästhetik und Effizienz neue Anhänger für den Club gewinnen kann. Gerade unter den jungen FCB-Anhängern ist Shaqiri der unbestrittene Star.

«Aber», sagt Heusler, «wir wussten immer, dass sich Xherdan nicht bei uns pensionieren lassen wird.» Und wenn der FCB sein Mittelfeldjuwel den Gesetzmässigkeiten des Marktes folgend schon verlieren musste, dann doch am liebsten an einen richtigen Grossclub. An einen, wie es die Bayern eben sind.

Das Ziel wurde vor zwei Jahren gesteckt

Das war das Ziel, das sich die Verantwortlichen des FCB bereits vor zwei Jahren gesetzt haben. «Wir haben damals mit Xherdan und seinen Beratern gesprochen und gesagt: Der Traum wäre doch, dass Xherdan zu einem richtig guten Verein wechselt», erzählt Heusler.

Mit dem Wechsel nach München kann das Projekt Shaqiri für den FCB als Erfolg verbucht werden. Und weil der Spieler dabei ebenfalls als Sieger dasteht, meint Heusler: «Das ist eine riesige Bestätigung für uns und Schweizer Fussball, dass man auch mal warten kann.» Das Zeichen an die anderen Basler Talente ist klar: Seht her, wer Geduld hat, kann auch vom FCB aus den Schritt zu einem ganz grossen Verein machen.

Ein in allen Belangen spektakulärer Transfer

Denn eines steht fest: Dieser Transfer ist für einen Schweizer Spieler spektakulär. Den direkten Sprung aus der Super League zu einem europäischen Spitzenverein haben bislang nur ganz wenige wie Johan Djourou und Philippe Senderos geschafft. Und die beiden mussten sich bei Arsenal auch erst im Nachwuchs beweisen.

Diese Zusatzschleife wird Überflieger Shaqiri in München nicht mehr drehen müssen. Dazu haben die Bayern zu viel Geld in ihn investiert. Oder wie es Heitz ausdrückt: «Ihre Wertschätzung für den Spieler hat München durch die Ablösesumme ausgedrückt.»

Über diese wurde wie immer Stillschweigen vereinbart. Doch eine Basis von rund 13 Millionen Franken dürften die Basler wohl erhalten. Dazu kommen «verschiedene» (Heitz) Zusatzzahlungen für den Fall, dass die Bayern mit Shaqiri sportliche Erfolge feiern. Damit könnte die Summe auf über 15 Millionen Franken anwachsen. Und das, ohne dass der FCB das Geld mit irgendwelchen Investoren teilen müsste, wie das etwa bei den Wintertransfers des FC Zürich der Fall war.

Shaqiri lässt sich nicht irre machen

Das sind beeindruckende Zahlen. Und wenn auf Facebook innert kürzester Zeit über 14’000 Menschen die Nachricht mögen, dass Shaqiri nach München wechselt, gibt das einen kleinen Vorgeschmack darauf, mit welchem Druck der 20-Jährige ab dem 1. Juli umzugehen hat.

Doch beim FC Basel macht sich niemand Sorgen, dass Shaqiri daran zerbrechen könnte – oder an der namhaften team-internen Konkurrenz namens Ribéry oder Robben. «Ich traue ihm zu, dass er sich durchsetzt», meint Heusler, «weil er sich seit seiner Juniorenzeit immer dem höheren Tempo anpassen konnte.

«Er wird sich durchsetzen», gibt sich Heitz noch dezidierter, «weil seine herausragendste Eigenschaft ist, wie gut er mit Druck umgehen kann. Ihm war schon vor drei Jahren piepegal, gegen wen er spielt.» Shaqiri selbst gibt ein Müsterchen seines Selbstbewusstseins zum Besten und sagt: «Man weiss, dass ich vor den grossen Namen auf dem Spielfeld keinen Respekt habe.»

Peter Knäbels Prophezeiung

Es war auch dieses Selbstbewusstsein, das schon in der Juniorenabteilung die Aufmerksamkeit der Beobachter auf Shaqiri lenkte. Viel mehr aber war es seine unbändige Freude am Spiel, die er bis heute nicht verloren hat.

Heusler denkt an ein Gespräch mit Peter Knäbel zurück, dem damaligen Nachwuchs-Chef des FCB. Shaqiri spielte damals noch bei den Junioren. Knäbel habe gesagt: «Gebt dem Jungen möglichst schnell einen Profivertrag. Wenn der erst einmal spielt, dann stehen die Leute auf den Sitzen.» Heute sagt Heusler: «Es ist verrückt. Das ist erst ein paar Jahre her. Und heute stehen wir da und verkünden den Wechsel dieses Spielers zum FC Bayern München.»

Dass dieser Wechsel tatsächlich zustande gekommen ist, sieht Shaqiri zwar «keineswegs als Selbstverständlichkeit». Aber überraschen konnte ihn das Interesse aus München auch nicht mehr. Richtig konkret wurden die Bayern zwar erst vor zwei Wochen. Damals hatte sich einerseits der Gladbacher Marco Reus gegen die Münchner und für einen Wechsel zu Borussia Dortmund entschieden. Und andererseits buhlte mit Galatasaray Istanbul ein anderer Grossclub offensiv um Shaqiri.

Erste Kontakte bereits im letzten Sommer

Erste Kontakte zwischen dem FC Basel und den Bayern aber bestanden schon weit länger. «Bereits im letzten Sommer im Trainingslager am Tegernsee gab es erste informelle Gespräche mit den Bayern» erinnert sich Heusler. Um sogleich festzustellen: «Aber es gab nie so etwas wie eine Vor-Vereinbarung zwischen den Clubs.»

Als sich die Lage im Januar zuspitzte und sich auch noch Zenit St. Petersburg um Shaqiri bemühte, wurden die Bayern aktiv. Und danach gab es für Shaqiri nicht mehr viel zu überlegen: «Galatasaray, Zenit und Bayern – da würde jeder Spieler Bayern wählen. Die anderen haben sich sehr um mich bemüht – aber ich wollte zu einem absoluten Top-Verein.»

Shaqiri will die Bayern rauswerfen

Zu diesem Top-Club wird er nun auf den 1. Juli 2012 hin wechseln. Zuvor allerdings hat er vor, seine Abschiedstournee mit dem FCB nochmals so richtig auszukosten «Ich hatte drei sehr, sehr schöne Jahre hier. Jetzt muss ich das letzte Halbjahr noch so richtig geniessen.»

Und wie das geht, davon hat er eine sehr exakte Vorstellung: «Ich will Meister werden, den Cup gewinnen – und ich will in der Champions League weiterkommen.» Zumindest letzteres werden sie in München nicht gerne gehört haben.

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