Mit dem Sieg über Tomas Berdych im Finale von Dubai hat sich Roger Federer auf Rang drei der ewigen Bestenliste der Turniersieger vorgearbeitet. Und den Respekt seiner stärksten Rivalen zurückerobert.
Als er um 21.34 Uhr seinen Siegerpokal in die Höhe stemmte, da erschien gleichzeitig auf den grossen Stadionleinwänden sein Gesicht in überdimensionaler Nahaufnahme. Zu sehen war ein Roger Federer, mit sich und der Tenniswelt im Reinen, ein Mann in der Leichtigkeit des Seins und in der Genugtuung, gleich zu Saisonbeginn ein dickes Ausrufezeichen gesetzt zu haben – mit dem ersten Turniersieg seit achteinhalb Monaten, ausgerechnet und vortrefflicherweise in seinem Zweitdomizil Dubai.
«Es tut unheimlich gut, gewonnen zu haben. Ich bin so oft in letzter Zeit knapp vor dem Ziel gescheitert. Aber du spielst für Ergebnisse, für Titel. Und nicht um schöne Worte und Lobreden», sagte der Schweizer nach seinem 3:6, 6:4 und 6:3-Sieg beim ATP-Millionenspiel am Golf gegen den Tschechen Tomas Berdych.
Nur noch Lendl und Connors
Mit dem Sieg setzt sich Federer nun auch allein auf Platz drei der ewigen Bestenliste der Turniersieger, mit 78 Titeln vor dem bisher gleichauf liegenden Amerikaner John McEnroe (77). Vor Federer liegen einzig noch Jimmy Connors (109 Titel) und Ivan Lendl (94 Titel). Und noch eines stellte Federer mit seinem dramatischen Erfolgszug im Emirat sicher: Seit nunmehr 14 Jahren hat der Altmeister noch in jeder Spielzeit mindestens einen Titel gewonnen.
Viel deutet darauf hin, dass der Triumph in der Zeltarena nicht Federers einziger in dieser Saison 2014 bleiben wird. Federer, stets ein grosser Realist in seiner Karriere, sprach nach dem wild bewegten Drei-Satz-Erfolg gegen Berdych zuversichtlich davon, dass «ganze Welten» die ersten Wochen der letzten und dieser Saison trennten: «Ich bin gesundheitlich hundertprozentig fit, ich denke nicht über Krankheiten und Wehwehchen nach, ich kann mich voll und ganz auf mein Tennis konzentrieren. Das erleichtert einem das Leben massiv.»
Die Serie hält
Tatsächlich hat Federer in der frischen Serie noch keine wirkliche Enttäuschung erlebt, in Brisbane stand er im Finale, bei den Australian Open in der Vorschlussrunde, er holte den von ihm geforderten Punkt in der Davis Cup-Partie gegen Serbien – und nun veredelte er eine kämpferische Turnierwoche in Dubai mit dem Finalsieg.
«Es ist schon so, dass ein anderer Federer auf dem Platz steht. Ich fühle mich besser, und von aussen sieht man mir auch an, dass es besser läuft, dass ich zufriedener und ausgeglichener auf dem Platz bin», erklärte der 32-Jährige.
Bemerkenswert war in Dubai vor allem die Unverdrossenheit, mit der sich Federer allen Widrigkeiten entgegenstellte – gleich in den letzten drei Partien machte er mehr oder minder grosse Rückstände wett, schaffte gegen den Tschechen Radek Stepanek ein kaum noch für möglich gehaltenes Comeback nach einem 0:2 im Schlusssatz. «Ich gebe mir in allen Spielen immer noch eine Chance, die Moral und Einstellung ist absolut intakt», sagte Federer.
Die alte Kaltblütigkeit
Auch gegen Berdych lief er wieder einem Defizit hinterher, brauchte seine Zeit, um sich an diesem Abend auf das klare, kantige Spiel des Technikers einzustellen. Er lag zwischenzeitlich schon mit 3:6 und 2:3 (mit Break) zurück, ohne aber jemals zurückzustecken. Anders als in so vielen Topmatches der jüngeren Vergangenheit blitzte in den entscheidenden Momenten wieder die alte Kaltblütigkeit und Kaltschnäuzigkeit Federers auf, einst ja der Mann schlechthin für die Big Points.
«Ich habe heute geliefert, wenn ich musste», befand der Maestro, der von den 6500 Zuschauern im überfüllten Stadion Punkt um Punkt zum Sieg gepeitscht wurde. «Es fühlte sich an wie ein grosses Grand Slam-Match an, die Atmosphäre war einfach unglaublich», sagte Federer, der nun die lange Reise ins kalifornische Indian Wells anzutreten hatte. Weiter zwar als Nummer 8 der Weltrangliste, daran änderte auch der Sieg in Dubai nichts. Aber als Mann, der sich endgültig wieder den Respekt seiner grössten Rivalen in der Weltspitze des Tennis-Wanderzirkus zurückerobert hat.