Es wird eng für den Paten von Bukarest

Am Dienstag spielt der FC Basel in Bukarest um sein Fortkommen in der Champions League. Und das gegen einen Club, dessen Eigentümer George «Gigi» Becali eine groteske Figur der rumänischen Gesellschaft darstellt. Derzeit steuert er die Geschäfte aus dem Gefängnis.

Bildnummer: 03815728 Datum: 18.07.2008 Copyright: imago/SchreyerPr�sident und Eigent�mer George Becali (Steaua Bukarest) raucht eine Zigarette; Gigi, Vdig, quer, close, Funktion�r, rauchen, Raucher Saison 2008/2009, Test, Testspiel, Steaua Bukarest S (Bild: Imago sportfotodienst)

Am Dienstag spielt der FC Basel in Bukarest um sein Fortkommen in der Champions League. Und das gegen einen Club, dessen Eigentümer George «Gigi» Becali eine groteske Figur der rumänischen Gesellschaft darstellt. Derzeit steuert er die Geschäfte aus dem Gefängnis.

Er ist der Cavaliere der Rumänen, der Berlusconi von Bukarest. Wann immer es für George «Gigi» Becali in der Vergangenheit eng wurde, fand er einen Ausweg. Wann immer er von seinen zahllosen Kritikern bezichtigt wurde, ein Dieb, Betrüger oder grobschlächtiger Menschenfänger zu sein, antwortete er süffisant lächelnd «Nein, ich bin nur ein smarter Junge.»

Doch das Glück scheint sich vom allmächtigen Besitzer von Steaua Bukarest, Rumäniens bedeutendstem Fussballverein, abgewendet zu haben. Seit Mai sitzt der einst omnipotente Strippenzieher im Gefängnis. Drei Jahre wird er zwangsweise im Bukarester Stadtteil Rahova verbringen müssen. Für seinen Verein wird seine Abwesenheit mehr und mehr zum Problem.

Lange Zeit galt der Spross einer Schäferdynastie als reichster und bekanntester Mann Rumäniens. Mit seinem Lebensmotto «Ich bin kein zivilisierter Mann» polterte sich der 55-Jährige derart lautstark durch das öffentliche Leben der Karpatenrepublik, dass auch Wikipedia keine vollständige Chronik seiner Skandale und bizarren Ausfälligkeiten bieten kann.

Gegen Schwule, Glatzköpfe und Ausländer

So feuerte er 2010 seinen Coach, Illie Dumitrescu, mit der Begründung, er sei ihm «zu muslimisch». Er hetzte bei jeder sich bietenden Gelegenheit gegen Schwule, schloss kategorisch aus jemals einen homosexuellen Fussballer für seinen Club zu verpflichten und soll Lieder der britischen Band Queen wegen Freddie Mercurys sexueller Orientierung im Stadion verboten haben. Damit beschäftigte sich im April dieses Jahres auch der Europäischen Gerichtshof.

Zwischen 2002 und 2006 schien Gigi Becali zwischenzeitlich unkontrollierbar geworden. Er beschimpfte, bedrohte und bespuckte Journalisten öffentlich und bekam deshalb den Spitznamen «der Täufer» verpasst. Er winkte bei der Verpflichtung eines Spielers wegen dessen Kahlköpfigkeit mit der Begründung ab, es gäbe keine grossartigen Mittelfeldregisseure mit einer Glatze und für Steaua Bukarest wollte er durchsetzen, dass dort Ausländer keine Verträge mehr bekommen.

Vom Schäfer zum Fussball und in die Politik

Konsequenzen für seine Fehltritte konnte Becali stets gekonnt ausweichen. Bis ihn Anfang diesen Jahres die Unregelmässigkeiten eines Grundstücksdeals aus dem Jahr 1999 einholten. Becali hatte damals mit dem rumänischen Verteidigungsministerium einen Landtausch eingefädelt und dabei über zwei Millionen Euro Profit gemacht. Dabei soll er den rumänischen Staat um knapp 700’000 Euro betrogen haben. Genug, um jetzt hinter schwedische Gardinen zu wandern.

Auch mit dem Geld aus diesem Deal hatte sich Becali 2002 eine Aktienmehrheit beim ehemaligen Armeeclub Steaua erkauft und wurde 2003 erstmals zum Präsidenten gewählt. Nach zwei Meisterschaften 2005 und 2006 hatte sich der Ultra-Nationalist allerdings aus dem Fussballgeschäft zurückgezogen, um sich ganz seiner rechtskonservativen Partei PNGCD zuwidmen, für die er nach wie vor einen Sitz im Rumänischen und Europäischen Parlament hält.

Doch als 2008 erstmals nach langer Zeit mit dem CFR Cluj ein Club die Meisterschaft gewinnen konnte, der nicht in Bukarest angesiedelt ist, stand der rumänische Berlusconi wieder auf der Bühne. «Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um zu verhindern, dass CFR jemals wieder den Titel gewinnt», drohte er. «Cluj ist ein ungarisches Team. Und Ungarn werden nie wieder Rumänien in der Champions League repräsentieren.»

Dafür würde er, das liess Becali alle wissen, die es hören wollten, jedes einzelne Spiel kaufen, um Meister zu werden. Für Ion Muresan, den damaligen Präsidenten des CFR Cluj waren das klar die Worte eines Wahnsinnigen. «Becali ist verrückt und gehört eigentlich ins Gefängnis. Er hat der Glaubwürdigkeit des rumänischen Fussballs irreparable Schäden zugefügt.»

Der Pate von Bukarest

Dessen Rückkehr ins Tagesgeschäft bedeutete vor allem eins: Es floss wieder munter Schwarzgeld zwischen den Vereinen. Kurz vor dem Ende der Meisterschaft 2008, vor dem Duell zwischen CFR und dem bereits abgestiegenen Stadtrivalen Universitatea, wurde Becali in Craiova in einem Restaurant vorläufig festgenommen. In Plastiktüten, die Becali bei sich trug, sollen sich knapp eine Million Euro in Bargeld befunden haben.

Für solcherlei Aktivitäten fehlt dem «Paten von Bukarest» allerdings mittlerweile schlichtweg der Freiraum. Und so muss der 55-Jährige seinen Einfluss auf Steaua und den Rest der «Divizia A» nun von seiner Zelle aus organisieren. Nach neun Runden ist Steaua national Tabellenführer, der Start in die Champions League misslang mit zwei glatten Niederlagen.

Den Transfer von Abwehrspieler Vlad Chiriches von Steaua zu Tottenham Hotspurs Ende August für zehn Millionen Euro steuerte Becali aus dem Gefängnis. Trainer Laurentiu Reghecampf erklärte der Presse: «Gigi hat gesagt, dass ich den Medien den Transfer mitteilen darf.»

Es kocht im Kessel

Noch detaillierter ist der Bericht einer lokalen Boulevardzeitung, die ein paar von Becali verfasste Notizzettel veröffentlicht hat. Darauf ist nachzulesen, wie Gigi Becali versucht, den früheren Stuttgarter und Schalker Spieler Ciprian Marica in die Heimat zu locken. Seine Schmeicheleien hatte Becali mit Versprechungen von sechsstelligen Erfolgsprämien garniert und letztlich mit «dein Freund aus dem Knast, Gigi» unterschrieben.

Zustande kam der Transfer nicht. Vielleicht auch, weil gerade die Geldgeschäfte dem einstigen Präsidenten und Immer-Noch-Eigentümer von Steaua aus den Händen zu gleiten scheinen. Becali ist der einzige Geldgeber von Steaua und kontrolliert sämtliche Vereinskonten. Clubchef Mihai Stoica befürchtete deshalb im Sommer, dass Steaua bei Verpassen der Champions League-Gruppenphase der finanzielle Kollaps drohe.

Eine Befürchtung, die Gigi Becali danach nicht müde wurde zu entkräften. «Der Verein hat zehn Millionen Euro auf den Konten und erwartet weitere zwanzig Millionen von der Uefa, sowie für den Verkauf von TV-Rechten und Tickets. Es gibt überhaupt keinen Grund irgendwelche Panikmeldungen zu verkünden.»

Mourinho zählt Becali zur Familie

Nach jüngsten Meldungen der rumänischen Presse ist bei Steaua allerdings alles andere als Ruhe eingekehrt. Spieler haben sich anonym zu Wort gemeldet und die Nichtzahlung versprochener Prämien beklagt. 200’000 Euro hat Becali jedem Spieler versprochen, sollte der Gewinn der Meisterschaft und das Erreichen der Gruppenphase der Champions League gelingen. Das Geld sei trotz diverser Beteuerungen bisher nicht bezahlt worden.

Neue Freunde bringen diese Unregelmässigkeiten Gigi Becali nicht ein. Auf ein paar alte kann sich der Ex-Schäfer allerdings nach wie vor verlassen. Jose Mourinho beispielsweise. Der bezeichnete Becali kürzlich als Teil der «Familie» und «wichtigsten Kontakt im rumänischen Fussball». Mourinho soll sogar versucht haben, Becali im Gefängnis zu besuchen; Becali seinerseits dankend abgelehnt haben. Eine solche Erniedrigung wollte sich der einst so schmerzlose Sonnenkönig dann wohl doch ersparen.

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