Die Fifa geht in die Offensive gegen die Korruption in den eigenen Reihen. Das Exekutivkomitee hat einer Ethikkommission zugestimmt. Der Schritt vorwärts überrascht wenig, der Weltfussballverband stand mit dem Rücken zur Wand.
Die Fifa ist in den vergangenen Tagen nicht aus den Schlagzeilen gekommen. Die Schmiergeldaffäre im Zusammenhang mit der Vermarktungsfirma ISL, Rücktrittsforderungen gegen Präsident Sepp Blatter, dessen «missverständliche» Anspielungen wegen der Vergabe der WM 2006 in Deutschland – der Druck auf den Weltfussballverband und seinen Präsidenten wuchs und wuchs. Mit der entsprechenden Spannung erwartete die Sportwelt die Medienkonferenz am Dienstagnachmittag im Fifa-Hauptsitz hoch über Zürich.
Mit rund 40 Minuten Verspätung trat Sepp Blatter dann um 13.40 Uhr vor die Presse und verkündete: Das Exekutiv-Komitee der Fifa habe einstimmig der Bildung einer Ethik-Kommission zugestimmt. Die Ethikkommission wird mit zwei Kammern in Zukunft das Geschäftsgebaren innerhalb der Fifa im Auge behalten. Einerseits wird es eine Untersuchungskammer geben, welcher der Amerikaner Michael Garcia vorstehen soll. Andererseits wird die zweite Kammer unter dem Vorsitz des Deutschen Joachim Eckert über Verfehlungen urteilen als eine Art Fifa-Sportgericht.
Das Zwei-Kammer-System kam auf Vorschlag von Mark Pieth, dem Vorsitzenden des Independent Governance Committee (IGC), zustande. Der Kommission werden gemäss Blatter «keine Grenzen» gesetzt. Sprich: Es gibt keine Verjährungsfrist für Schmiergeldzahlungen. Die beiden Vorsitzenden nannte Blatter «anerkannte Experten». Der Deutsche Eckert leitet die 6. Strafkammer in München. Der Amerikaner Garcia ist Anwalt und arbeitete unter anderem als Ankläger in Sportprozessen.
Erster Fall wird die ISL-Schmiergeldaffäre
Die Kommission tagt am 9. August zum ersten Mal. Ein erster Fall ist offensichtlich auch schon klar: Die Kommission wird sich des ISL-Falles annehmen, kündigte Blatter an. Während die beiden Vorsitzenden in den Kammern unabhängig sind, gehören die weiteren Mitglieder zur «grossen Fifa-Familie» (Blatter).
Die Pressekonferenz war über weite Strecken ein Schaulaufen für Blatter, der den Entscheid als Prestigesieg feiern kann und entsprechend auch tat: Die Sitzung sei «sehr wichtig» gewesen, es habe viele Diskussionen gegeben. Der Entscheid sei aber ein Zeichen der Solidarität. «Das Exekutiv-Komitee hat mir zugesichert: Wir sind mit dir und werden die Arbeit der Kommission verfolgen», sagte Blatter und verkündete: «Heute sehen Sie einen glücklichen Präsidenten.»
Erst ausweichen, dann widerwillig antworten
Weniger glücklich wirkte der Fifa-Präsident während der Fragerunde am Ende der Medienkonferenz. «Wissen Sie von weiteren Schmiergeldzahlungen?», fragte ein Journalist im Zusammenhang mit dem ISL-Fall. Blatter wich zunächst aus. Sagte es gehe heute nicht um Zahlungen, sondern um die Ethikkommission. «Es ist eine legitime Frage», insistierte der Journalist. «Nein», antwortete Blatter sichtlich widerwillig, «weitere Schmiergeldzahlungen sind mir nicht bekannt.»
Auch den Fragen nach den Rücktrittsforderungen in den vergangenen Tagen konnte der Walliser nichts Positives abgewinnen. An einen Rücktritt habe er zu keinem Zeitpunkt gedacht. «Wenn ich jedesmal reagieren würde», sagte Blatter, «wenn jemand meinen Rücktritt fordert, würde ich nichts anderes machen.» Es liege nicht an ihm, sondern am Fifa-Kongress, über einen Rücktritt zu entscheiden. «Entscheidet der Kongress, ich solle zurücktreten, werde ich das tun. Keine Frage», sagte Blatter. Es klang danach, als ob er an das Amt gefesselt sei und nicht selbst entscheiden könnte.
Ein klassischer Blatter
Kein Interesse hatte Blatter daran, auf seine angedeuteten Vorwürfe einzugehen, die WM 2006 sei unter nicht sauberen Umständen an Deutschland gegangen. Auf die Frage, warum er sich nicht beim DFB entschuldige nach der Aussage, kurz vor der Wahl sei ein Mitglied hinausgegangen, verharmloste Blatter seine Aussage, nachdem er dies bereits in einem offenen Brief an «Fussball-Deutschland» getan hatte, nochmals: «Ich habe nur gesagt, dass eine Person den Raum verliess. Das ist alles.» Dass er damit implizierte, dass die Wahl damals nicht korrekt ablief, darauf ging er nicht ein. Letztlich war es damit ein klassischer «Blatter»: Kaum unter Beschuss, startete er mit der eindeutig zweideutigen Aussage gegen den Deutschen Fussballbund ein Ablenkungsmanöver, um es dann wieder ganz langsam zu relativieren.
Einige Dinge mögen sich in der Fifa in Zukunft womöglich ändern, andere bleiben ziemlich berechenbar.