Am Donnerstag hat der FC Basel Trainer Raphael Wicky und dessen Assistenten Massimo Lombardo freigestellt. Danach ging der Verein zwei Tage auf Tauchstation und äusserte sich erst nach dem 1:1 gegen Neuchâtel Xamax im Bauch der Maladière zu den Geschehnissen. Was Sportchef Marco Streller sagt, haben wir hier aufgezeichnet:
Marco Streller, warum haben Sie nach der Trennung von Raphael Wicky geschwiegen?
Wir haben eine Entscheidung getroffen, die nicht nur auf Euphorie gestossen ist, und wir haben dabei sicherlich auch Angriffsfläche geboten. Aber diese Angriffsfläche bildeten der Präsident und ich bewusst. Mit der Idee, dass sich die Mannschaft in Ruhe vorbereiten kann.
Würde der Verein rückblickend nochmals weitestgehend auf Kommunikation verzichten?
Ich weiss nicht, ob die Kritik kleiner gewesen wäre. Man holt sich manchmal einen Rat ein von Leuten, die viel mehr Erfahrung in solchen Krisensituationen haben. Und die Empfehlung lautete: keine Pressekonferenz machen.
Wann reifte der Entscheid, Raphael Wicky freizustellen?
Wir hatten zum ersten Mal Zweifel nach der 0:5-Testspielniederlage gegen Feyenoord Rotterdam. Da stand keine junge Mannschaft auf dem Platz, sondern sehr erfahrene Spieler und wir dachten: Funktioniert das? Dann haben wir zum dritten Mal nach einer Halbsaison ein Startspiel verloren und zudem in Thessaloniki. Deswegen kamen wir zum Schluss, dass wir nicht mehr 100 Prozent Vertrauen haben. Auch wenn es sehr hart ist und nach zwei Spielen sehr früh: Wenn man davon überzeugt ist, dann muss man die Reissleine ziehen. Die Situation war menschlich enorm schwierig. Aber in meiner Position muss man manchmal harte Entscheide treffen. Ob es die richtige Entscheidung war, kann ich noch nicht sagen.
Warum haben Sie sich nicht schon in der Sommerpause vom Trainer getrennt?
Diesen Vorwurf müssen wir uns machen. Wir wollten dem Trainer aber nochmals eine Chance geben. Dass wir jetzt nach zwei Spielen die Reissleine gezogen haben, das sieht sicher nicht sehr professionell aus. Aber wir mussten den Entscheid im Sinne des Vereins treffen. Wir haben Raphael Wicky gemeinsam geholt und wir haben gemeinsam entschieden, dass wir ihn nicht mehr als Trainer wollen.
Wusste Raphael Wicky, dass Sie am Zweifeln waren?
Nein. Und ein sehr erfolgreicher Ex-Sportchef hat mir gesagt, dass man dem Trainer bis zum Schluss sagen muss, man stehe hinter ihm. Dann ist es natürlich ein Schock, wenn man ihm sagt, dass man sich trennen will.
Was war das für eine Situation, als Sie Raphael Wicky freigestellt haben?
Wir sind schnell auf den Punkt gekommen. Es war eine Enttäuschung da. Raphael sagte uns, dass er überzeugt sei, das Ruder noch herumreissen zu können.
Wie schnell wollen Sie einen neuen Trainer gefunden haben?
Alex Freis Engagement ist eine Übergangssituation. Wir sind in Gesprächen und versuchen, schnell eine Lösung zu finden. Der nächste Schuss, die nächste Patrone muss sitzen, dessen sind wir uns bewusst. Deswegen muss es eine sehr wohlüberlegte Entscheidung sein. Wir werden nichts über das Knie brechen, sondern Geduld aufbringen.
Was muss der neue Trainer mitbringen?
Sein Profil muss von jenem Raphael Wickys abweichen. Es muss ein Trainer kommen, der mehr Erfahrung hat als Raphi und einer, der Ruhe in den Verein bringt. Wir werden nicht wieder einen Trainerneuling an die Seitenlinie stellen. Raphael Wicky und ich waren sehr unerfahren in unseren Positionen. Vielleicht war es zu viel Unerfahrenheit. Und der Trainer ist das schwächste Glied in der Kette. Das zweitschwächste ist der Sportchef.
Braucht der FC Basel einen Sportchef mit mehr Erfahrung?
Das wird sich dann irgendwann zeigen. Ich bin verantwortlich für die Kaderzusammensetzung. Und wie gut das Kader ist, kann man nicht nach zwei Spieltagen sagen, das werden wir in ein paar Wochen sehen. Es ist klar, dass meine Person kritisch gesehen wird, aber wir werden nicht alles im Verein neu machen. Meine Person steht im Fokus, das wurde in den letzten Tagen ersichtlich. Und da wurde zum Teil grenzwertig berichtet, auch wenn das zu einem gewissen Teil selbstverschuldet ist. Ich muss das aushalten und ich habe um Gottes willen nicht alles gelesen. Das wäre in dieser Situation nicht gut.
Spüren Sie das Vertrauen des Präsidenten in Ihre Person?
Absolut. Aber ich kenne das Geschäft. Die Kritik ist hart und manchmal auch etwas an der Grenze. Aber für mich war wichtig, dass ich als Puffer da bin. Damit wenigstens die Mannschaft in Ruhe arbeiten kann.
Hätten Sie vor 13 Monaten gedacht, dass die Aufgabe beim FC Basel derart schwierig wird?
Man hofft das natürlich nicht. Um in einem Job gut zu werden, muss man Fehler machen. Aber beim FC Basel darf man eben nicht zu viele Fehler machen. In der Technischen Kommunikation waren alle überzeugt, dass wir den Trainer wechseln müssen. Am Donnerstagmorgen haben wir es definitiv entschieden.
War schnell klar, dass Alex Frei die Interimslösung ist?
Vom Typ her wollten wir in der kurzen Zeit etwas ganz anderes. Weil man taktisch nicht gross etwas verändern kann vor zwei solch wichtigen Spielen. Das einzige, was wir wirklich wollten, ist: brutal Emotionen reinbringen. Marco Schällibaum haben wir deswegen dazugenommen. Wenn man Massimo Lombardo und Raphael Wicky anschaut, dann sind sie emotional total das Gegenteil.
Was passiert denn, wenn der FCB am Mittwoch an Thessaloniki scheitert?
Ich bin kein negativ denkender Mensch. Thessaloniki ist eine gute Mannschaft, aber keine Übermannschaft, gegen die wir chancenlos wären. Heute gegen Xamax hätte ein Sieg geholfen, weil wir momentan nicht in der Lage sind, einen Gegner an die Wand zu spielen.
Ketzerisch gefragt: Wünscht man sich in solchen Situationen eigentlich einen Trainer wie Urs Fischer?
(lacht) Die Frage ist gar nicht so schlecht. Vielleicht müssen wir zuerst wieder ein wenig resultatorientierter sein, bevor wir wieder irgendwelche Sachen versprechen.