FCB übernimmt ein Filetstück des Stadions

Erstmals in der Geschichte des Joggeli und des FC Basel 1893 übernimmt der Club sämtliche Vermarktungsrechte im St.-Jakob-Park. Um damit entsprechend Geld zu verdienen und jährlich gegen vier Millionen Franken an die Stadiongenossenschaft überweisen zu können, holt sich der FCB mit Martin Blaser einen neuen Direktor an Bord.

Luftaufnahme des Fussball-Stadions St. Jakob Park aus dem Jahr 2007. (Bild: GAETAN BALLY)

Erstmals in der Geschichte des Joggeli und des FC Basel 1893 übernimmt der Club sämtliche Vermarktungsrechte im St.-Jakob-Park. Um damit entsprechend Geld zu verdienen und jährlich gegen vier Millionen Franken an die Stadiongenossenschaft überweisen zu können, holt sich der FCB mit Martin Blaser einen neuen Direktor an Bord.

Es gibt sie schon auch, die schönen Momente im Lebens eines Clubpräsidenten, gerade weil Bernhard Heusler einer ist, der mit den Höhen und Tiefen des Fussballs und all seinen Begleitgeräuschen zwar rational umzugehen versteht, aber jedes Mal doch wieder emotional berührt ist. Dass er nun, da die erste Mannschaft gerade auf bestem Weg ist, den vierten Meistertitel zu holen und am Tag vor der Abreise zu einem Europacup-Viertelfinal, eine wichtige Weichenstellung für den FC Basel bekannt geben konnte, dürfte das Hochgefühl dieser Tage noch verstärken.

Der FC Basel übernimmt sämtliche Vermarktungsrechte im Stadion von der Basel United AG (BU), einer Tochtergesellschaft der Genossenschaft Stadion St.-Jakob-Park. Die Genossenschaft wird für dieses Entgegenkommen jährlich entschädigt mit einem Fixbetrag, den Heusler mit 3,8 Millionen Franken beziffert und der je nach Erfolg variieren kann.

Alles in einer Hand

Bis dato vermarktete der FCB nur einen Teil der Bandenwerbung und einen Teil des Hospitalitybereichs selbst. Nun übernimmt er sämtliche Werbeflächen, die fünf Logen und den Cateringbereich, wo sich der Verein vergangenes Jahr bereits mit dem Erwerb der Aktienmehrheit an der Berchtold Catering AG ein weiteres Standbein zugelegt hatte.

Bisher bezahlte der FCB pro Jahr rund zwei Millionen Franken Miete an BU, die fällt künftig weg. Die Stadionbetreiberin Basel United wird weiterhin für den Unterhalt der Arena sowie die Sicherheit an den Spielen zuständig sein und dafür dem FCB ihre Kosten verrechnen.

Korrektur eines Webfehlers

Die Vermarktung des Joggeli wird jedoch künftig nicht mehr von FCB und BU getrennt betrieben – sie wird in einer Hand liegen, oder, um es mit Bernhard Heusler auszudrücken: «Es ist eine FCB-Welt: one Club, one home». Man könnte auch sagen, dass ein aus FCB-Perspektive historischer Webfehler korrigiert wurde: Seit das alte Joggeli für die WM 1954 errichtet wurde und auch mit dem 2001 eröffneten Neubau des St.-Jakob-Park an selber Stelle hatte der Verein nur beschränkte Vermarktungsrechte und damit im Vergleich zu anderen Clubs eingeschränkte Einnahmemöglichkeiten.

Das hatte mit der Zeitenwende, damals noch unter Präsident René C. Jäggi, schon zu Missstimmungen geführt. Doch die Genossenschaft, deren Anteilsscheine breit gestreut sind und die noch immer rund 25 Millionen Franken langfristig von der Kantonalbank gewährte Kredite bedient, kam dem FCB nicht entgegen. Das hat sich seit dem Wechsel im Präsidium vor einem Jahr vom langjährigen Genossenschaftschef Stephan Musfeld zu Thomas Meyer verändert.

Im Stadion sind Investitionen fällig

Das Aufeinanderzugehen hat handfeste Gründe. Das Stadion erreicht ein Alter, in dem Investitionen in den Unterhalt nötig werden. Allein 2013 veranschlagt Meyer rund 1,6 Millionen Franken, zum einen, um im Fitnessclub einen Wasserschaden zu beheben, zum anderen, um Auflagen der Swiss Football League zu erfüllen. So wird allein die Umgestaltung des Eingangsbereichs im Gästesektor mit neuen Drehkreuzen rund 400’000 Franken verschlingen.

Mit dem neuen Fixbetrag, den der FC Basel an die Genossenschaft bezahlt, sei eine grössere Planungssicherheit gewährleistet, so Meyer. Nach dem Basel United eines der besten Geschäftsjahre hinter sich hat – nicht zuletzt durch den Erfolg des mit Abstand wichtigsten Mieters, des FCB – hält der Genossenschaftspräsident eine «Veränderung auf dem Peak» für den richtigen Schritt.

Gemeinsam zur Einsicht gelangt

Es gehe, darauf wurde am Dienstag bei einer Medienkonferenz in einer der Logen mehrfach hingewiesen, nicht um eine Konkurrenzierung, sondern um Synergien. «Mit einem Konstrukt aus einer Hand hören wir auf, am Markt zu zweit aufzutreten», meint Bernhard Heusler, der auch im Vorstand der Genossenschaft sitzt, und der zu den Verhandlungen mit BU und Genossenschaft und dem Resultat sagt: «Es ist eine gemeinsame Einsicht. Es geht nicht darum, jemandem etwas wegzunehmen.» Das sieht auch Thomas Meyer so, der die Situation so beschreibt: «Der Rückenwind durch den Stadionneubau, durch die Euro 2008 und die Aufstockung des Stadions hat nachgelassen.»

Um «Chance und unternehmerisches Risiko gleichermassen» zu bewerkstelligen, wie es in einer gemeinsamen Mitteilung von FCB und Genossenschaft heisst, stellt sich der FC Basel im Bereich von Vermarktung und Verkauf neu auf. Ab 1. Juni kommt Martin Blaser als Direktor für diesen Bereich hinzu (siehe auch Organigramm in der Fotoleiste).

Der neue Direktor spricht von «Meilenstein»

Der 45-jährige Berner hat einen reichen Erfahrungsschatz, war bei «Sportart» etwa für die Nationalmannschaft zuständig, entwickelte die vorrübergehende Partnerschaft von Swisscom und Schweizer Cup und stellte das fast schon legendäre «Brazil Football Camp» in Weggis im Vorfeld der WM 2006 auf die Beine. Von 2006 bis 2009 war er Geschäftsführer beim Grasshopper Club, eine Zeit, die Blaser als sehr lehrreich bezeichnet, eine Zeit, die mit 679 bezahlten Saisontickets begann. Aktuell ist Blaser noch bei der Vermarktungsagentur «Sport Mind» in Zürich beschäftigt.

Heusler bezeichnet Blaser als «Gewinn» für den FCB, Blaser die am Dienstag vorgestellte Strukturveränderung in Basel als «Meilenstein». Welche Ziele und Ideen der neue «Direktor für Marketing, Verkauf und Business Development» verfolgt, darauf wollte Blaser noch nicht näher eingehen: «Ich war noch nie ein Ankündigungsminister.» Als Vertreter von FCB-Sponsor Axpo hat Blaser bereits einen Einblick in Basel gewonnen, er will die Marke «FCB» noch stärker in der Region verankern und national weiterentwickeln.

Heusler: «Wir wollen das Rad nicht überdrehen»

Heusler betont, dass der FC Basel mit den neuen Möglichkeiten nicht «überkommerzialisiert» werde: «Aber die Leute sollen sich im Stadion wohlfühlen. Wir wollen das Rad nicht überdrehen, und das Wichtigste, das Kerngeschäft bleibt der Erfolg der ersten Mannschaft.» Mit den Nebenbetrieben dürfe kein Geld verloren gehen, «aber wir meinen, dass die Vermarktung zum Kerngeschäft gehört.»

Acht bis neun Millionen Franken erwirtschaftet der FCB bisher aus diesem Bereich, ein erklecklicher Teil seines Basisbudgets, das Heusler inzwischen 35 und 38 Millionen Franken ansiedelt. Als Vorbilder dienen ihm andere europäische Clubs vergleichbarer Grössenordnung – und der Schweizer Eishockey-Branchenleader SC Bern, der inzwischen mit einem Gastro-Imperium in der Bundesstadt 25 Millionen Franken seines Jahresumsatzes von 40 Millionen generiert.

Einen Gastrobetrieb in der City, mit Ticketing und Fanshop – so etwas kann sich Heusler auch in Basel vorstellen. «Aber der SC Bern ist langsam aus seinem Stadion herausgewachsen, und wir müssen erst einmal unsere Hausaufgaben machen.»

Personal-Wechsel: Neuer CEO Für Basel United

Für die Herausforderung, dem FC Basel durch die Vermarktung markante Zuwächse zu erwirtschaften, werden Martin Blaser ungefähr zehn Personen zuarbeiten, darunter auch Numa Frossard, der bisherige Leiter, und Jonas Blechschmidt, der zusammen mit einer weiteren Mitarbeiterin von Basel United zum FCB kommt. In externer Hand bleiben die Firmen-Events im Stadion, die von der Communication AG organisiert werden, einer Unternehmung von Werner Schneeberger, dem ehemaligen FCB-Geschäftsführer (1999-2003).

Bei BU gibt es im Sommer einen Wechsel in der Geschäftsführung: Für Thomas Ulrich, seit 2010 CEO, kommt der ehemalige Journalist und Skyguide-Sprecher Patrick Herr, derzeit Leiter Lokalzeitungen beim Reinhardt Verlag.

Die Vermarktung der Logen – ein Beispiel

Um sich ein Bild davon zu machen, was die Vermarktung der Logen im St.-Jakob-Park bedeutet, sei das aktuelle Angebot für das Viertelfinal-Rückspiel des FC Basel gegen Tottenham Hotspur am 11. April herangezogen. Fünf Logen stehen im dritten Stock des Stadions zur Verfügung, zum Teil sind sie längerfristig vermietet und einzelne Verträge laufen in diesem Jahr aus, und für den Tottenham-Match werden eine Loge mit einem Tisch für acht Personen und ein Achtertisch in einer Loge für 16 Personen angeboten.

Die «Sarasin Sky Lounge» etwa wird mit ihrer «Netzwerkzone» als «idealer Ort zum Fachsimpeln» angepriesen, ausserdem der Balkon als «die besten Plätze im Stadion». Die Eintrittskarte mit reserviertem Sitzplatz, ein 
Parkticket, ein 
4-Gang Gourmet-Menu inklusive Wein, Bier, Mineral und Kaffee, die tischeigene Bedienung, das 
Matchprogramm und die Mannschaftsaufstellung macht 470 Franken – pro Person und ohne Mehrwertsteuer. (cok)

 

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