FCZ–FCB: Eingezogene Ferientage in gespenstischer Stille

Der FC Basel schlägt einen inferioren FC Zürich 5:1 und ist seit 25 Ligaspielen ungeschlagen. Die Fankurven im Letzigrund bleiben nach einem Polizeieinsatz leer. Und FCZ-Sportchef Fredy Bickel droht mit verlängerter Arbeitszeit.

Aus Protest gegen die Polizeipraesenz präsentiert sich die Zuercher Südkurve beinahe leer, im Fussballspiel der Super League zwischen dem FC Zuerich und dem FC Basel, am Sonntag, 6. Mai 2012, im Letzigrund. (Bild: Keystone/STEFFEN SCHMIDT)

Der FC Basel schlägt einen inferioren FC Zürich 5:1 und ist seit 25 Ligaspielen ungeschlagen. Die Fankurven im Letzigrund bleiben nach einem Polizeieinsatz leer. Und FCZ-Sportchef Fredy Bickel droht mit verlängerter Arbeitszeit.

Der Satz des Tages kam von Xherdan Shaqiri. «Das war natürlich nicht der FC Zürich, den wir uns erhofft hatten», sagte der Wusler des FC Basel. Und auch wenn er es anders gemeint haben dürfte – irgendwie hatte er recht.

Mit einem 5:1-Sieg demütigten die Basler den einst stolzen Gegner in dessen Heimstadion. Am Ende war es fast peinlich, wie sich die Zürcher in ihr Schicksal ergaben. Shaqiri folgte da wohl einfach dem Umkehrmotto «wenig Feind, wenig Ehr».

FCB-Captain Marco Streller gab sich dagegen alle Mühe, ein gutes Wort für den FCZ einzulegen: «Wir waren auch sehr gut. Dann darf es nicht immer heissen, der Gegner habe katastrophal gespielt.» Aber eigentlich musste sich auch diese Freundlichkeit für die Zürcher wie eine Ohrfeige anfühlen. Mitleidsbekundungen von Rotblau für den FCZ? Deprimierend.

Der FCZ-Sportchef schämt sich

Und genau so sah Fredy Bickel auch aus, als er nach dem Spiel im Bauch der Haupttribüne stand: deprimiert. Und angefressen. Der Anzug tropfnass vom einsetzenden Regen, der Kopf zu Beginn um jedes Wort ringend.

Er müsse «aufpassen», was er jetzt sage, erklärte der Sportchef des FCZ einleitend, gab sich ein paar Sekunden Zeit und blieb dann trotzdem eindeutig: «Selten habe ich mich so geschämt, auf der Bank des FCZ zu sitzen.»

Die Zürcher Spieler hätten wohl gedacht, sie könnten Ferien einziehen, vermutete Bickel: «Das ist okay, aber das werde ich ihnen auch so berechnen.» Jeden weiteren Ferientag werde er nach dem Saisonende als Arbeitstag anhängen: «Und wenn sie bis am 23. Mai so weiterspielen, dann trainieren wir halt die ganze Sommerpause durch.»

FCZ-Trainer verlangt Retouchen

Harte Worte. Aber es ging noch härter. Urs Meier fand zwar tatsächlich noch einen positiven Ansatz, als er zur ersten Halbzeit befand, seine Spieler hätten sich «wenigstens einigermassen gewehrt». Aber danach wurde auch der Interimstrainer des FCZ kategorisch: «Ich muss mich für die zweite Halbzeit entschuldigen. Herzblut, Einsatz, Identifikation – das gehört zum Profifussball. Aber das alles war nicht da.»

Und dann gab er seinem Nachfolger Rolf Fringer, der den FCZ ab dem Sommer trainieren wird, noch einen Wunsch mit auf den Weg. Fringer schaue sich die Spiele von der Tribüne aus an: «Ich hoffe, er wird die richtigen Schlüsse ziehen – und einige Retouchen anbringen.»

Ein Spiel mit leeren Fankurven

Beim merkwürdigen Auftritt des FCZ war es vielleicht sogar gut, dass sich seine treuesten Anhänger schon wenige Minuten nach dem Anpfiff wieder aus der Südkurve verabschiedeten. Sie zeigten sich solidarisch mit den Basler Anhängern, die von der Zürcher Stadtpolizei an einem Fanmarsch gehindert worden waren.

In fast gespenstischer Ruhe fand die Partie deswegen statt, was FCB-Trainer Heiko Vogel gar nicht gefiel: «Alle Akteure hätten es verdient gehabt, dass dieses Spiel vor stimmungsvoller Kulisse stattfindet.» Von der Geisterspiel-Atmosphäre könnten sich die Spieler durchaus irritieren lassen, befand er: «Aber das ist meinem Team nicht passiert. Das nehme ich als Quintessenz aus dieser Partie.»

Die FCB-Serie lebt weiter

Als Entschuldigung für den Zürcher Auftritt eignet sich der Fan-Boykott sowieso nicht. Denn für den FCB im mochte es im Klassiker zwar um die Verlängerung seiner Serie der Ungeschlagenheit von nun 25 Ligaspielen gehen. Der FCZ aber kämpfte um seine Chance, in der kommenden Saison doch noch in der Europa League starten zu dürfen. Das macht im Club-Budget durchaus einen Unterschied von ein paar hunderttausend Franken.

Doch das schien die Zürcher Spielern herzlich wenig zu kümmern. Auch dass sie mit dem ersten schönen Angriff der Partie bereits in der 6. Minute in Führung gehen konnten, brachte kein Feuer in die Mannschaft.
Und so stand es bereits vier Minuten nach Oliver Buffs 1:0 wieder unentschieden. Mathieu Béda hatte ohne grössere Not Fabian Frei umgesäbelt; Shaqiri verwandelte den Penalty in Abwesenheit von Alex Frei mühelos.

Fünf Basler Tore in Abwesenheit des Topskorers

Richtig, Alex Frei fehlte den Baslern ja auch. Der Mann, der im Schnitt knapp 80 Minuten für einen Skorerpunkt braucht. Doch was vor dem Spiel die Frage aufkommen liess, wer denn nun die Basler Tore erzielen soll, stellte sich während der Partie als Scheinproblem heraus.

Das lag vielleicht auch daran, dass die Zürcher ihren Gästen unglaublich viele Räume liessen, so dass es fast zwangsläufig zu weiteren FCB-Chancen kommen musste. Selbst wenn die Basler gar nicht mit all zu viel Vehemenz den Weg zum Tor suchten. Da reichte ein Steilzuspiel Valentin Stockers und Shaqiris Energieanfall samt Flachschuss, um die Führung zu erzielen (19. Minute).

Was danach in der zweiten Halbzeit kam, umschrieb FCB-Captain Streller so: «Wir haben einfach Spass am Fussball.» Erst vergaben die Basler noch Chance um Chance (Stocker, Shaqiri, Streller). Danach trafen sie (Stocker, 2-mal Streller). Und dazwischen verschossen sie noch einen Elfmeter (Fabian Frei).

Beim Boxen hätte der Ringrichter den FCZ spätestens in der 68. Minute aus dem Kampf genommen, weil der ganz offensichtlich nicht mehr in der Lage war, sich aktiv zu verteidigen. 3:1 führten die Basler da – und Buff hatte eben einen Elfmeter für den FCZ über das Tor gedroschen.

Ludovic Magnins trauriger Blick zurück

So aber mussten die Zürcher noch zwei weitere Tore hinnehmen. Und dass Amine Chermiti in der 82. Minute innerhalb weniger Sekunden wegen Reklamierens Gelb und Gelb-Rot sah, passte perfekt ins desolate Bild seiner Mannschaft.

«Vor einem Jahr haben wir den FCB hier an die Wand gespielt», erinnerte sich Zürichs Aussenverteidiger Ludovic Magnin mit Wehmut, «und heute sind wir drei Klassen schlechter als die Basler. Wie soll ich da Worte finden?»

 

Super League, 33. Runde
FC Zürich–FC Basel 1:5 (1:2)
Letzigrund. – 12‘500 Zuschauer. – SR Kever.

Tore:
6. Buff 1:0 (Vorarbeit Glarner).
10. Shaqiri 1:1 (Foulpenalty, Beda an Fabian Frei).
19. Shaqiri 1:2 (präziser Flachschuss ins Eck auf Pass Stocker).
64. Stocker 1:3 (Schuss in den Torwinkel aus 12 Metern auf Pass von Xhaka).
72. Streller (Handspenalty; Glarner bei Freistoss Shaqiri).
82. Streller (Stocker erobert den Ball, läuft durch und legt quer).

Verwarnungen: 54. Shaqiri (Foul). 71. Glarner (Foul) 76. Pedro. 79. Buff (Foul). 82. Chermiti (Reklamieren). 84. Drmic (Foul).
Platzverweis: 82. Chermiti (Gelb-Rot/Reklamieren).

FC Basel: Sommer; Steinhöfer, Abraham, Dragaovic, Park; Shaqiri (72. Andrist), Yapi (79. Cabral), Xhaka, Stocker (83. Zoua); Fabian Frei, Streller. – Ersatz: Colomba (T), Degen, Huggel, Kusunga, Cabral, Andrist, Zoua.
FC Zürich: Leoni; Sutter, Beda, Teixeira, Magnin; Pedro (81. Schönbächler), Kajevic (74. Kukuruzovic), Buff, Glarner; Chikhaoui (54. Drmic), Chermiti. – Ersatz: Brecher (T), R. Koch, Kukuruzovic, Zouaghi, Brunner, Schönbächler, Drmic.

Bemerkungen: FCZ ohne Aegerter, Benito, Gajic, Guatelli, P. Koch, Nikci, Ramazotti (alle verletzt), Barmettler, Djimsiti (U21); FCB ohne Alex Frei, Kovac (beide gesperrt), Chipperfield, Ajeti, Jevtic (verletzt), Voser (rekonvaleszent), Pak, Buess, Herzog (nicht im Aufgebot). – 68. Buff schiesst Foulpenalty (Steinhöfer gegen Pedro) übers Tor; 77. Leoni pariert Foulpenalty von Fabian Frei (Pedro gegen Andrist).

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