FCZ gegen FCB: Ein Klassiker in Notlage

Vergangene Saison gewann der FC Basel alle vier Meisterschaftsspiele gegen den FC Zürich – das gab es noch nie. Basler Dominanz gepaart mit dem sportlichen Kriechgang des FCZ führt jedoch dazu, dass der Klassiker des Schweizer Clubfussballs – Neuauflage am Sonntag um 16 Uhr – in Zürich keine Zugkraft mehr besitzt.

10.05.2015; Basel; Fussball Super League - FC Zuerich - FC Basel; Matias Delgado (Basel) und die Mannschaft des FC Basel jubelt ueber das Tor zum 1:2 neben dem enttaeuschten Berat Djimsiti (Zuerich) (Claudia Minder/freshfocus)

(Bild: Claudia Minder/freshfocus)

Vergangene Saison gewann der FC Basel alle vier Meisterschaftsspiele gegen den FC Zürich – das gab es noch nie. Basler Dominanz gepaart mit dem sportlichen Kriechgang des FCZ führt jedoch dazu, dass der Klassiker des Schweizer Clubfussballs – Neuauflage am Sonntag um 16 Uhr – in Zürich keine Zugkraft mehr besitzt.

Die Affiche am Sonntagnachmittag hat Jubiläumscharakter: Seit Erfindung der Super League im Jahr 2003 treffen der FCZ und der FCB zum 50. Mal aufeinander. Aber um gar nicht lange um den heissen Brei herum zu reden: Mit dem Klassiker des Schweizer Clubfussballs ist derzeit kein Staat mehr zu machen. Und das liegt nicht am FC Basel. Mit dieser Behauptung wird man sogar in Zürich leben können.

Freude herrscht

Luca Zuffi hat erstmals ein Aufgebot für die Schweizer Nationalmannschaft erhalten.
» Zum Beitrag 

Ein paar nackte Zahlen verdeutlichen die Zürcher Notlage, an der auch der neue Trainer Sami Hyypiä – zwei Spiele, ein Unentschieden, kein Tor – auf die Schnelle nichts ändern konnte. Vier Heimspiele hat der FCZ bestritten und keines für sich entschieden. Damit schliesst er nahtlos an die fürchterliche Heimbilanz der vergangenen Saison an, als er elf Mal hintereinander vor eigenem Publikum nicht gewinnen konnte.

Da braucht man sich nicht zu wundern, dass der Besucherschnitt von mageren 9389 Zuschauern in der Vorsaison noch einmal weiter abgerutscht ist auf 8729. Dass das ungefähr dreimal mehr Interessierte sind – bei realistischer Betrachtung der Ränge – als der Stadtrivale GC hinter dem Ofen hervorzulocken im Stande ist, kann nur ein schwacher Trost sein.

Das Schlagerspiel vor trauriger Kulisse

Unter dem Namen Super League gab es in den letzten zwölf Jahren nur zwei Clubs, die die Meisterschaft erringen konnten: neunmal der FCB und dreimal der FCZ. Die Zugkraft des Klassikers, wenn also der grosse, ewige Rivale aus Basel am See auftaucht, hat jedoch parallel zum fussballerischen Kriechgang des FCZ gelitten. Beim letzten Besuch des Serienmeisters waren gerade einmal 11’569 Zuschauer im Letzigrund. Eine traurige Kulisse für eine Affiche, die man früher Schlagerspiel nannte.



Die Basler Mohamed Elneny, Shkelzen Gashi, Fabian Schaer, Marco Strelle, Torschuetze Marek Suchy, Adama Traore und Breel Embolo jubeln nach dem Tor zum 1-2 beim Fussball Meisterschaftsspiel der Super League zwischen dem FC Zuerich und dem FC Basel am Sonntag, 10. Mai 2015, im Stadion Letzigrund in Zuerich. (KEYSTONE/Valeriano Di Domenico)

So sah es öfter aus bei Basler Besuchen im Letzigrund: Ein triumphierender FCB – wie hier am 10. Mai dieses Jahres beim 2:1-Sieg – vor enttäuschend besetzten Rängen. (Bild: Keystone/VALERIANO DI DOMENICO)

Ein schöner Nebeneffekt immerhin war, dass zuletzt keine nennenswerten Sicherheitsprobleme (vulgo: Randale) auftraten und auch nicht von angemessenen oder unverhältnismässigen Polizeieinsätzen die Rede war.

Die sportliche Figur, die der FC Zürich aktuell abgibt, mag eine Ursache sein für den gebremsten Schaum im Klassiker, die lausige Heimbilanz ein anderer. Und natürlich trägt der FC Basel auch seinen Teil bei für die Ernüchterung in Zürich. Denn es gibt schon wieder eine erkleckliche Reihe von Spielen, die der FCZ nicht mehr gegen den FCB gewonnen hat. Sechs Basler Siege und zwei Unentschieden sind in der Meisterschaft zusammengekommen – unterbrochen nur durch den – allerdings kapitalen – Triumph im Cupfinal 2014.

Die beispiellose Basler Dominanz

Die Basler Dominanz im ewigen Duell hat noch nicht ganz die Dimension erreicht jener schwarzen Serie, die im Frühjahr 2007 ihren Lauf nahm und erst nach 21 Spielen (inklusive zweier Cup-Begegnungen) ohne Zürcher Erfolg gegen Basel im Sommer 2011 endete. In den 49 Super-League-Begegnungen seit 2003 lautet die Siegbilanz 30:6 für den FCB (bei 13 Remis).

Noch niederschmetternder aus Zürcher Perspektive, geradezu historisch mutet die Abrechnung der vergangenen Saison an: vier Aufeinandertreffen, vier Basler Siege. Das gab es seit der Einführung der Super League 2003 noch nie. Bis in die 90er Jahre zurückgeblättert, findet sich in den Annalen keine Spielzeit, in der nicht mindestens ein Remis zu Buche steht.

Auch schon wieder beeindruckend: Die jüngste Erfolgsserie des FCB in der Meisterschaft gegen den FCZ. 

» Die Bilanz FCB-FCZ seit 1994 bei weltfussball.com 

Viel auszurechnen scheint sich das dem FCZ zugeneigte Zürcher Publikum auch vor der neuerlichen Auflage des Klassikers nicht. 8100 Tickets waren am Freitag im Vorverkauf weg; mit 11’000, vielleicht 12’000 Zuschauern rechnet der FCZ schliesslich am Sonntag um 16 Uhr im Letzigrund.

So schlecht platziert wie in dieser Saison war der FCZ aber auch selten, wenn es gegen Basel ging. Vor knapp zwei Jahren war die Konstellation ähnlich, als der FCZ als Achter den Tabellenführer aus Basel empfing. Am 27. Oktober 2013 resultierte ein torloses Unentschieden; neun Punkte lagen damals zwischen den Erzrivalen. Aktuell trennen die beiden bereits satte 20 Punkte.

Nichtsdestotrotz: Fischer erkennt Gefahren

Auch der Auftritt der FCZ-Ikone Urs Fischer als Trainer des ewigen Nebenbuhlers haut niemanden vom Hocker. Für Fischer selbst ist das Thema «langsam durch»; etwas wirklich Spezielles mag er nach der soundsovielten Rückkehr als Trainer einer anderen Mannschaft nicht mehr entdecken.

Pflichtbewusst sagt der FCB-Trainer einen «sehr schwierigen Match für uns» voraus. Und: «Es erwartet uns ein ganz gefährliches Spiel.» Womöglich eingedenk sämtlicher oben aufgeführter Ingredienzen, und wohl auch angesichts der Mehrbelastung, die sein Team im Vergleich zu den Zürchern zu bewältigen hat.



Basler Trainer Urs Fischer am Super League Fussballspiel zwischen dem Grasshopper Club Zuerich und dem FC Basel am Samstag, 25. Juli 2015 im Stadion Letzigrund in Zuerich. (KEYSTONE/Ennio Leanza)

Nicht Besonderes mehr: Urs Fischer als FCB-Trainer im Letzigrund, hier beim Auswärtssieg am 25. Juli bei den Grasshoppers. (Bild: Keystone/ENNIO LEANZA)

» «Ich bin ein bisschen vorsichtiger als Sie, ist das okay?» – Urs Fischer im ausführlichen Interview mit der TagesWoche über seine ersten 100 Tage beim FC Basel. 

Ausserdem hat sich die Absenzenliste mit den längerwierigen Verletzungen von Daniel Hoegh (Muskelfaserriss) und Jean-Paul Boëtius (Hüftbeschwerden) verlängert. Dazu fallen Matias Delgado, Behrang Safari und Adama Traoré aus. Der langzeitverletzte Innenverteidiger Ivan Ivanov ist nach Einsätzen in der U21 zwar wieder soweit, dass er ein Aufgebot für die bulgarische Nationalmannschaft erhielt; von einem Startplatz beim FCB sieht ihn Fischer aber «schon noch ein Stück weit weg».

Fischer findet zwar ein paar nette Worte über den Verein, bei dem er als Rekordspieler der Nationalliga A einst seine Verteidigerkarriere beendet hat, sah die Zürcher unter Hyypiä dominant und «aggressiver in Zone 2», wie Fischer das Mittelfeld nennt. Er erwartet einen FCZ, der mit raumgreifendem Spiel den Kampf um die sogenannten zweiten Bälle suchen werde.

Ausreden gelten nicht

Ansonsten ist der Zürcher Fischer aber ganz bei seinen Baslern, mit denen er nun nach 18 Wettbewerbsspielen bei 15 Siegen, zwei Unentschieden und einer Niederlage steht. Diese imponierende Reihe will er natürlich auch an früherer Wirkungsstätte ausbauen, und der dichte Takt der Spiele und die wenige Regenerationszeit schiebt er beiseite: «Es muss auch mal möglich sein, zwei, drei Spiele hintereinander zu machen. Das Kader ist breit genug, um Verletzungen kompensieren zu können.»

Philipp Degen dürfte wohl für den gesperrten Taulant Xhaka hinten rechts auflaufen, und im Zentrum darf man mit Zdravko Kuzmanovic an der Seite von Mohamed Elneny rechnen. Anschliessend kommt die nächste Länderspielpause, in der Fischer mit nicht viel mehr als einer Handvoll Akteuren, die nicht Nationalspieler sind, den Trainingsbetrieb aufrecht erhält.

 

liveticker

fixtures

table

calendar

Nächster Artikel