Roger Federer bietet sich nach dem Halbfinalsieg gegen den Kanadier Vasek Pospisil am Sonntag die erste Möglichkeit, seine Saison zu retten. Zwei weitere werden folgen: In Paris und in London.
Eins. Drei. Sieben. Elf. Elf. Zwölf. Acht. Vier. Vier. Fünf. Vier. Sechs. Roger Federer hat in den Jahren seit 2001 immer mindestes einen Titel gewonnen. Das ist 2013 nicht anders, allerdings steht zum erstenmal seit zwölf Jahren wieder die Eins in dieser Statistik; was sich ändern könnte, denn Federer steht nach seinem Halbfinalsieg gegen den Kanadier Vasek Pospisil (ATP 40) in seinem zehnten Final der Swiss Indoors. Dort trifft er wie 2012 auf Juan Martin Del Potro.
Zum ersten Mal gelang ihm die Finalqualifikation 2001, als er wie heuer mit einem Titel nach Basel angereist war und dann im Endspiel dem Briten Tim Henman unterlag. Damals stand Federer am Anfang seiner Karriere und niemand sprach von einer verkorksten Saison. Im Gegenteil: In Mailand erspielte sich der Münchensteiner seinen ersten Titel auf der ATP-Tour, inzwischen sind es 77.
Gleiche Situation wie 2001 – auf dem Papier
2013 ist die Situation auf dem Blatt die gleiche: Federer spielt um den Titel in Basel, nachdem er in der aktuellen Spielzeit einen einzigen Pokal stemmte. Der 17-fache Grand-Slam-Sieger hatte im Juni beim Turnier in Halle die Hauptprobe für Wimbledon gewonnen, scheiterte später aber an seinem Lieblingsturnier in der zweiten Runde an der Nummer 116 der Welt, Sergej Stachowski.
Nach der frühesten Niederlage an einem der vier wichtigsten Turniere des Jahres seit 2003 fiel er erstmals wieder aus den Top-4 der Weltrangliste. Federer steht vor der Aufgabe, in den letzten Wochen zu retten, was in dieser Saison noch zu retten ist. Ein erster Schritt hat er im Halbfinal von Basel getan – weniger souverän als es sich die meisten und wohl auch er selber vorgestellt hatten.
Federer musste nach dem Verlust des zweiten Satzes in einen dritten, war in diesem mit Break im Rückstand, holte es sich umgehend zurück – und nahm dem aufschlagstarken Pospisil bei 5:5 den Service ab. Danach: Ein souveränes Aufschlagsspiel Federers. 6:3, 6:7, 7:5. «Ich habe gerade noch die Kurve gekratzt», sagt Federer.
Erste Chance gegen den «grossen Jungen» mit dem «kleinen Namen»
Im Endspiel trifft er am Sonntag (14.30 Uhr) auf den Argentinier Juan Martin Del Potro, der sich gegen Wawrinkas Bezwinger Edouard Roger-Vasselin ebenfalls in drei Sätzen durchsetzte. Es kommt somit zur Neuauflage des Vorjahresfinals und Federer wird seiner Saison den fehlenden Glanzpunkt bereits am Sonntag verleihen, wenn er die Partie anders gestaltet als 2012.
Damals verlor er gegen den dritten Grand-Slam-Sieger Argentiniens (nach Guillermo Vilas und Gaston Gaudio). Ein Grosser des Tennis will der 198-Zentimeter-Mann deswegen nicht sein und sagt von sich: «Ich habe keinen grossen Namen, ich bin nur ein grosser Junge.» Mit drei Titeln in dieser Saison ist die Nummer 1 der Swiss Indoors in seinem Mittel der letzten Jahre und vorzeitig für die ATP-World-Tour-Finals qualifiziert.
Paris, die zweite Chance…
«Ich will das Jahr stark beenden», sagt Federer. Die inoffizielle Tennisweltmeisterschaft ist für ihn neben dem allfälligen Turniersieg in Basel eine von zwei weiteren Möglichkeiten, seine Saison zu retten. Die zweite ist das Masters-1000-Turnier in Paris-Bercy, in das Roger Federer nächste Woche entweder gegen den Südafrikaner Kevin Anderson oder den Russen Mikhail Youzhny startet.
Paris findet kurz vor den ATP-World-Tour-Finals statt und wird von vielen Top-Professionals nicht als prioritär erachtet: Rafael Nadal spielte das Turnier 2009 zum letzten Mal, Novak Djokovic verlor vorige Saison in der zweiten Runde gegen die Nummer 23 der Welt, Andy Murray eine Runde später gegen die Nummer 69.
…weil die Top-Spieler früh nach London wollen: Federers dritte Chance
Früh nach London zu fahren, sich dort an die Bedingungen zu gewöhnen und in Ruhe vorbereiten zu können, scheint den besten acht wichtiger zu sein als ein gutes Resultat. Das könnte Federers Chance sein, sich in Paris doch noch einen Titel in der zweithöchsten Turnierkategorie unter den Nagel zu reissen.
Die Form stimmt, auch wenn er diese Woche immer wieder Mühe bekundete in einigen Situationen. Spätestens im Halbfinal hat er aber gezeigt, dass er mit schwierigen Momenten umzugehen weiss, Tiefen in einer Partie überstehen und am Ende auch dank seiner Routine die Differenz zum Gegner herstellen kann. Ohne Frage hat er dargelegt, dass er sein Tennisspiel nicht verloren hat.
Ihm bleiben in dieser Form drei Möglichkeiten, um nicht mit der schlechtesten Saison seit 2001 in die Weihnachtszeit zu gehen. Die erste davon könnte er am Sonntag nutzen und seinen sechsten Titel in Basel gewinnen. In seinem elften Final, dem achten in Folge.