Federer gewinnt mit Gegenwind

In Paris kämpfte der 17-malige Grand Slam-Champion Roger Federer mit dem Argentinier Diego Sebastian Schwartzman und dem Wetter – und behielt nach einem Sieg mit 6:3, 6:4, 6:4 doch die Oberhand.

«Ich musste viele heikle Momente überstehen», sagte Roger Federer nach dem Spiel. (Bild: Keystone/DARKO VOJINOVIC)

In Paris kämpfte der 17-malige Grand Slam-Champion Roger Federer mit dem Argentinier Diego Sebastian Schwartzman und dem Wetter – und behielt nach einem Sieg mit 6:3, 6:4, 6:4 doch die Oberhand.

Paris. Ein ums andere Mal gellte an diesem Mittwochnachmittag ein langgezogenes «Neeeiii» über den regenverhangenen Court Suzanne Lenglen. Hinter den Missfallensbekundungen stand die Stimme eines gewissen Roger Federer, doch hinter der Verärgerung stand auch ein gewisser Diego Sebastian Schwartzman – ein talentierter argentinischer Qualifikant, der vom Scheitel bis zur Sohle nur 170 Zentimeter misst, aber über enorme Schlagpower verfügt.

«Richtig entspannt» habe er im ganzen Match kein einziges Mal sein können, sagte Federer hinterher offenherzig, als ein äusserst schwer erkämpfter 6:3, 6:4, 6:4-Sieg gegen die Nummer 109 der Weltrangliste schwarz auf weiss in der French Open-Arbeitskladde für 2014 notiert war: «Ich musste viele heikle Momente überstehen. Aber es ist gut, gefordert und herausgefordert zu werden», sagte der 17-malige Grand Slam-Champion.

Garagentor, Wand, Schwartzman

Wobei nicht nur Schwartzman ein Problemfall war bei Federers zweitem Einsatz in diesem Turnier, sondern auch das Wetter in Paris – diese herbstliche Kühle mitten im Frühling, die Windböen, die durchs Stadion wirbelten und die Ballkontrolle zur tückischen Aufgabe machten. Federer war es später allerdings zufrieden, wie er diese Bedingungen und eben auch seinen völlig unbekannten Gegner in den Griff bekam.

«Es ist schon kurios, wenn man gegen jemanden antritt, den man wirklich noch nicht richtig gesehen hat. Und dessen Spiel einem trotz aller Hinweise von den Trainern fremd ist», sagte der Maestro. Auf dem Court hatte er sich in einem Blitzinterview sogar zu der Bemerkung hinreissen lassen, er habe schon gegen alles Mögliche gespielt, «gegen ein Garagentor, gegen eine Wand, gegen die Besten im Circuit», aber eben noch nicht gegen Schwartzman.

Privilegierte Situation

So gelöst er da schon nach überstandener Prüfung wirkte, so entspannt und locker präsentierte sich der vierfache Papa auch später im obligatorischen Pressegespräch, bei dem er sogar eine Tour d’horizon unternahm – und übers Grosse und Ganze sprach. Gefragt, ob er nur Spass haben könne, wenn er gewinne, holte Federer weit aus. Und sagte, er ärgere sich in diesem Stadium seines Lebens zwar schon über Niederlagen, aber er könne das Leben trotzdem geniessen.

«Wenn du dir klarmachst, was wichtig ist für dich, dann weisst du, dass dein Glück, deine Zufriedenheit nicht von verlorenen Punkten oder unforced errors abhängen.» Zwar sei er mit all den Siegen und Erfolgen in einer «privilegierten Situation», könne sich diese Sichtweise auch besser leisten als andere, «aber du kannst nicht alles abhängig machen vom Tennis».

Trost für Wawrinka

War es Zufall oder nicht, dass Federer und seine Ausfrager nach diesen Ausführungen irgendwie zum Themenkomplex Stan Wawrinka stiessen? Jedenfalls empfahl Federer seinem in der Auftaktrunde aus dem Turnier katapultierten Freund und Weggefährten, unbedingt wieder ganz er selbst zu sein – und nicht so, «wie andere ihn jetzt gern haben würden». Es sei offensichtlich für ihn, so Federer, dass Wawrinka sich unwohl fühle.

«Man beobachtet ihn intensiver, er will es vielleicht vielen recht machen – doch dabei entstehen Probleme. Er muss wieder Freude am Spiel finden.» Wawrinkas Ausscheiden habe er nicht selbst verfolgen können, nur ein paar Szenen hinterher, «aber das war schon ein Schock für mich», gab der Weltranglistenvierte zu Protokoll: «Ich bin mir aber sicher, dass er diese schwerer Phase hinter sich lässt und wieder zu sich zurückfindet.»
 
Federer trifft nun auf den Russen Dimitri Tursunow, einen lakonischen Russen, der bekannt ist für harte Punches auf dem Court, aber auch für seinen trockenen Witz abseits des Arbeitsplatzes. «Ein lustiger Typ» sei Tursunow, sagte Federer, «und ausserdem ein Stück grösser, 1,90 statt 1,70 Meter. Es wird also ein anderes Spiel.» In allen vier bisherigen Matches verliess Federer als Sieger den Platz, in Indian Wells vor knapp drei Monaten allerdings siegte er nur hauchdünn mit 7:6 (9:7) und 7:6 (7:2).

Nächster Artikel