Roger Federer steht im Final der Gerry Weber Open in Halle. Sein Gegner, der Kolumbianer Alejandro Falla, hat ihn bis jetzt noch nie besiegt, ist ihm allerdings wiederholt gefährlich geworden.
Selbst im schwersten Jahr seiner Karriere hat Roger Federer in Halle noch den richtigen Dreh gefunden. Die Kraft, Leidenschaft und Inspiration, die ihm ansonsten oft fehlte auf den Centre Courts der großen, weiten Tenniswelt. Genau einen Pokal nahm Roger Federer 2013 mit von seinen sportlichen Expeditionen nach Hause, und den holte er bei eben jenen Gerry Weber Open, die schon oft eine wichtige, gewichtige Rolle in seinem Profileben spielten. «Dieses Turnier war immer gut zu mir. Und gut für mich», sagt Federer (32). Der Mann, der Deutschlands wichtigsten Wettbewerb im Tourbetrieb schon ein halbes Dutzend Mal gewonnen hat, in guten wie in schweren Zeiten.
Und der nun auch bei der laufenden 22. Ausgabe von Deutschlands bestbesetztem Tenniswettbewerb noch mit im Spiel ist, beim letzten Centre Court-Fall für Zwei: «Ich freue mich aufs Endspiel, auf die Chance, wieder zu siegen bei diesem Turnier», sagte er nach dem 6:2, 7:6 (7:4)-Vorschlußrundenerfolg gegen den Japaner Kei Nishikori, bei dem er auch für Lacher sorgte. Denn nach dem verwandelten Matchball ballte Federer die Faust, marschierte dann zurück zur Grundlinie – und realisierte erst auf Zurufe der Fans, dass er soeben gewonnen hatte. «Das ist mir in fast 20 Jahren auf der Tour auch noch nie passiert», so Federer.
Endspielgegner von Federer ist überraschend der 30-jährige Kolumbianer Alejandro Falla, der Deutschlands letzten Hoffnungsträge Philipp Kohlschreiber mit 5:7, 7:6 (7:5) und 6:4 distanzierte. Kohlschreiber ließ reichlich Siegchancen aus, wirkte am Ende aber auch müde nach dem Tiebreak-Krimi des Vortages gegen Landsmann Dustin Brown – in diesem Tennis-Roulette hatte er sich mit 18:16 im dritten Satz durchgesetzt.
Noch nie in schlechter Laune auf den Platz
Ein Jahrzehnt nach seinen ersten Siegeszügen auf den Grüns von Halle und Wimbledon, Federer geht inzwischen auf Mitte Dreissig zu und ist stolzer vierfacher Familienvater, ist das vielleicht Verblüffendste, dass der Ball-Ästhet noch immer an vorderster Front um alle möglichen Titel und Trophäen mitspielt. Und dass er weiter den eisernen Willen hat, sich auch aus Verletzungsnöten und Formkrisen immer wieder zurückzufighten in die engere Weltspitze. «Ich liebe diesen Sport immer noch von ganzem Herzen, so wie in meinen Jugendjahren. Es gab noch keinen einzigen Tag, an dem ich mit richtig schlechter Laune auf den Trainingsplatz oder in ein Match gegangen bin», sagte Federer in dieser Wettbewerbswoche in Ostwestfalen. Den Rekordsieger bei Grand Slam-Turnieren (17) abzuschreiben, bevor der eines Tages seinen Schläger beiseite stellt, hält einer wie Konkurrent Rafael Nadal sowieso für «Unsinn»: «Roger ist der größte Spieler überhaupt. So lange er spielt, wird er um Titel spielen», sagt der frischgebackene French Open-Champion, der am Donnerstag in Halle in seinem ersten Spiel die Segel streichen musste.
Ein Fallaluja in Halle will Federer an diesem Sonntag unbedingt verhindern, aber gewarnt ist er allemal vor dem Überraschungsmann des Turniers. «Wer sich gegen solch gute Gegner wie Kohlschreiber ins Finale kämpft, spielt hervorragendes Tennis», sagte der Weltranglisten-Vierte. Den Kolumbianer, der auf Platz 69 eingestuft ist, auf die leichte Schulter zu nehmen, verbot sich für Federer sowieso beim Blick zurück auf einen von bisher sechs direkten Vergleichen – 2010 in Wimbledon. Damals bog Federer das Erstrunden-Match im All England Club nach 0:2-Satzrückstand nur mit größter Mühe noch zu einem Fünf-Satz-Erfolg um. «Genau wie damals habe ich auch jetzt nichts gegen Roger zu verlieren. Ich werde ohne Druck aufspielen und meine Chance suchen», sagte der Südamerikaner.
gefährlicher Falla
Gewonnen hat Falla bisher noch kein Match gegen Federer, aber bei dem halben Dutzend persönlichen Vergleichen kam er Federer wiederholt gefährlich nahe, so auch bei den Olympischen Spielen 2012 in London – dort zwang Falla den Maestro auch über die volle Distanz von drei Sätzen. Auch in Halle standen sich die beiden Profis schon einmal gegenüber, 2010 im Achtelfinale – Federer gewann 6:1 und 6:2. Auf dem Weg zum möglichen siebten Titel in Halle nahm der Schweizer im Halbfinale sichtlich Fahrt auf und beherrschte insbesondere im ersten Satz das Geschehen energisch – der FedExpress war auf vollen Touren. Doch im zweiten Satz kam Nishikori besser ins Spiel und zwang Federer dann auch in den Tiebreak, 4:2 führte der Japaner da sogar, verlor dann aber die letzten fünf Punkte ausnahmslos.
Federer steht am Sonntag auch noch im Doppelfinale zusammen mit Marco Chiudinelli. Nach dem 7:5, 6:3-Sieg der Schweizer Kombination gegen Dustin Brown und Jan-Lennard Struff (De) geht es nun im Endspiel gegen Andre Begemann/Julian Knowle (De/Österr).