Roger Federer steht in Halle im Finale. Er schlägt im Halbfinal den Aufschlaggiganten Ivo Karlov.
Roger Federer mag vieles an dem kleinen Städtchen Halle in Ostwestfalen und dem Tennisturnier dort. Die ungezwungene Atmosphäre, die Abwesenheit von Hektik. Die kurzen, unkomplizierten Wege, nicht zuletzt das Hotel, das direkt auf der Anlage steht. In den letzten Tagen sagte Federer einmal, es sei eine «Art Wohlfühloase» für ihn, dieser etwas andere Standort in der Glitzerwelt des Wanderzirkus: «Wenn du aus Paris kommst und London vor Dir hast, kannst du es hier sehr geniessen.»
Was Federer allerdings noch mehr schätzt an den Gerry Weber Open, ist seine nachhaltige, fast atemraubende Erfolgsserie seit den frühen Tagen seiner Gastspiele: Bei bisher jedem Ausflug in die beschauliche deutsche Provinz rückte er ins Viertelfinale vor, elf Mal hintereinander stand er zuletzt auch im Halbfinale.
Und nun, nach seinem 7:6 (7:3), 7:6 (7:4)-Halbfinalsieg bei der Turnierauflage 2015 gegen den Aufschlag-Giganten Ivo Karlovic, kann Federer nicht nur seinen Titel des Vorjahres verteidigen, sondern erstmals in seiner Karriere bei einem Turnier auch den achten Titel gewinnen. «Halle ist ein Platz, an dem ich immer starkes Tennis spiele», sagte der 33-jährige Federer, «und es war auch immer eine ideale Plattform für ein gutes Wimbledon.» Auch Federers erstem Wimbledonsieg 2003 ging der erste Erfolg in Halle voraus, eins von vier magischen Rasen-Doubles des eidgenössischen Artisten.
Endspiel gegen Andreas Seppi
Für Federer war der Triumph im Tiebreak-Krimi auf dem mit 11’500 Zuschauern ausverkauften Centre Court eine buchstäblich «runde Sache»: Mit dem jetzt 50. Sieg seit seiner ersten Turnierteilnahme im Jahr 2000. Und mit dem zehnten Einzug ins Finale bei einem seiner erklärten Lieblingsturniere auf der Tennistour.
Wie er den «Herrn der Asse», jenen erstaunlichen Volltreffer-Lieferanten Karlovic, in die Knie zwang, beschrieb Federer später so: «Es ist immer ein hartes Stück Arbeit gegen einen der besten Aufschläger der Welt. Gegen Ivo musst du Geduld und Ruhe mitbringen, auf die wenigen Chancen warten. Es bleibt Dir ja auch nichts anderes übrig», sagte der vierfache Familienvater, der im Endspiel auf den Italiener Andreas Seppi (ATP 45) trifft.
Gegen Seppi führt Federer 11:1 im direkten Vergleich, Seppis einziger Sieg bringt für Federer freilich schmerzhafte Erinnerungen an den Saisonbeginn, zur Vier-Satz-Niederlage in der dritten Australian Open-Runde gegen den Südtiroler.
Erst im Tiebreak
Halbfinalrivale Karlovic entpuppte sich für den Maestro durchweg als der erwartet schwere Rivale: Der 2,11-Meter-Mann aus Zagreb, der gestern mit 45 Assen im Match gegen Tomas Berdych (Tschechien) einen neuen ATP-Rekord für Hauptfeldspiele über zwei Gewinnsätze aufgestellt hatte, hielt die Partie über weite Strecken offen.
Erst im Tiebreak des ersten Satzes setzte sich Federers grössere Coolness und mentale Stärke durch, schliesslich gab Karlovic den Durchgang mit einem Doppelfehler bei Satzball Federer ab. Auch im zweiten Satz ging es in die Glückslotterie des Tiebreaks – wieder mit dem besseren Ende für Federer. «Ich werde nun alles geben, um Titel Nummer acht zu holen», sagte Federer.