Lange will Marco Streller getroffene Entscheidungen nicht mit sich herumtragen. Keine drei Tage sind vergangen, seit er als neuer Sportchef des FC Basel feststeht, und schon kommuniziert er einen ersten Entschluss respektive den ersten der neuen sportlichen Leitung: Sie will mit einem neuen Trainer in die Saison 2017/18 gehen.
«Das ist kein Entscheid gegen Urs Fischer, es geht nicht um seine Arbeit», sagt Streller, «aber wir wollen einen Neustart und deswegen unseren Trainer selbst auswählen.» Gespräche mit potenziellen Nachfolgern hätten noch nicht stattgefunden, das könne er mit gutem Gewissen sagen.
» Urs Fischer – besser als sein Ruf: Kommentar zum Trainerwechsel
» Der FCB und Urs Fischer trennen sich nach der Saison: alles zum Wechsel an der Seitenlinie
Der 35-Jährige sitzt am Montagnachmittag zusammen mit Alex Frei und Massimo Ceccaroni im Medienzentrum. Bernhard Burgener ist nicht anwesend, «weil er erst im Juni Präsident ist», erklärt Streller. In den Entscheid, sich von Fischer zu trennen, sei er aber ebenso involviert gewesen, wie er das in Zukunft auch sein wird. Die Sportliche Leitung wird jeweils entscheiden, «Bernhard Burgener hat aber das Vetorecht», sagt Streller.
Nicht nur Erfolg haben, sondern auch eine Idee umsetzen
Die neue Führung entscheidet sich also gegen die Konstanz unter Urs Fischer, was «selbstverständlich Risiken birgt», sagt Streller, der in den kommenden Wochen ein Gesicht präsentieren wird, das nicht nur Erfolg haben soll, sondern auch das neue Konzept umsetzen kann. Dieses sieht vor, mehr Spieler aus der Nachwuchsabteilung in das Kader der ersten Mannschaft einzubinden und mehr Identifikation mit dem Team zu schaffen. Fischers Arbeit loben Streller und Co. zwar, die Umsetzung ihrer Idee trauen sie ihm aber offensichtlich nicht zu.
Jedenfalls ist der 51-jährige bald zweifache Meistertrainer in den Gesprächen von letzter Woche nicht gefragt worden, ob er es sich vorstellen könnte, seine Vorgehensweise nach ihren Wünschen anzupassen und auch Trainer im Rahmen des neuen Konzeptes zu sein. «Urs Fischer hätte gerne weitergemacht», sagt Streller – der Trainer sei sehr enttäuscht, verstehe aber den Entscheid.
«Urs Fischer ist sehr ehrgeizig und er kann derjenige sein, der fünf Jahre nach Heiko Vogel wieder das Double mit dem FC Basel gewinnt.» (Bild: Keystone)
Weil der Vertrag von Fischer eine Option für eine weitere Spielzeit beinhaltet, wird eine Abfindung fällig werden. «Über Vertragsinhalte reden wir nicht», sagt Streller dazu.
Damit beginnt für die sportliche Leitung die Suche nach einem neuen Trainer, «ab morgen müssen wir an die Säcke», weiss Streller. Eine Liste besteht, dazu äussern will sich der neue Sportchef nicht. «Wir haben ein Anforderungsprofil, aber wir kommentieren dieses nicht», sagt der einstige Captain – und ist damit diesbezüglich noch knausriger mit Informationen als das Konzept.
Dieses Konzept wurde am Freitag über 2000 Mitgliedern an der ausserordentlichen Versammlung präsentiert. Und was den Trainer angeht, so steht darin, dass dieser «Fachkompetenz in allen fussballrelevanten Bereichen», «Sozialkompetenz» sowie die Fähigkeit haben muss, «junge Spieler für die erste Mannschaft aufzubauen», und dass er die «Vorgaben der Technischen Kommission umsetzen» kann.
Wicky und seine «hervorragende Arbeit im Club»
Ein möglicher Nachfolger ist U21-Trainer Raphael Wicky. Der Walliser ist nicht nur die geografisch naheliegendste Lösung, zu der Streller sagt: «Er macht einen hervorragenden Job im Club und kann mit Nachwuchsspielern arbeiten. Aber wir werden auch diesen Namen nicht kommentieren.»
Der neue Trainer wird neue Assistenten brauchen. Mit Fischers Abgang geht einher, dass Markus Hoffmann und Marco Walker den Club ebenfalls verlassen. Einzig Torhütertrainer Massimo Colomba bleibt, weil sein Vertrag über das Saisonende Gültigkeit hat.
Der Geist von Christian Gross
Neben der Trainersuche geht es für die aktuelle sportliche Führung darum, die Meisterschaft in trockene Tücher zu bringen und den ersten Cupsieg seit 2012 zu holen. Dass die Entscheidung gegen Fischer Auswirkungen auf den Rest der Saison haben könnte, glaubt Streller nicht. Auch wenn Fischer nun als «lame duck» erscheint und sich einige Spieler im Kader an fünf Fingern abzählen können, dass es für sie eng werden könnte.
«Das kann man positiv oder negativ auslegen», sagt Streller, «Urs Fischer ist sehr ehrgeizig und er kann derjenige sein, der fünf Jahre nach Heiko Vogel wieder das Double mit dem FC Basel gewinnt.» Ausserdem, so Streller, «geht es um Prestige und viel Geld. Oder um die Visitenkarten eines jeden, wie es mal ein Trainer genannt hat.» So war am Montag der Geist von Christian Gross für einen kurzen Moment im St.-Jakob-Park zurück.