Fit dank Informatik

Valerie Bönström studierte aus Not Informatik. Heute leitet sie das Unternehmen Mrs. Sporty. Die Kette bietet computergestützte Fitness für Frauen. Bald auch in Basel.

Unternehmerin aus Spass: Valerie Bönström.

Valerie Bönström studierte aus Not Informatik. Heute leitet sie das Unternehmen Mrs. Sporty. Die Kette bietet computergestützte Fitness für Frauen. Bald auch in Basel.

Valerie Bönström ist Gründerin und Geschäftsführerin von Mrs. Sporty, einer erfolgreichen Fitnesskette für Frauen. 550 Clubs gibt es derzeit in mehreren europäischen Ländern, sieben davon in der Schweiz. Jetzt will Bönström nach Basel expandieren und sucht nach Franchisenehmern.

Wie die knallharte Businessfrau wirkt Bönström nicht. Zum Gespräch im Café des Hotel Ibis im Gundeldinger Quartier erscheint die 35-jährige Berlinerin in Pulli und Halstuch. Über Sport kann sie reden wie ein Wasserfall, über Informatik auch. Wenn in den Studios demnächst vor allem vor dem Bildschirm geturnt wird, könnte das an ihr liegen. Die Informatikerin hat eine Software zur Trainingssteuerung entwickelt, die genauso gut sein soll wie ein Personal-Trainer.

Zirkeltraining fürs knappe Zeitbudget

«Ich mache nur, was mir Spass macht», sagt die Mutter von drei Kindern ganz unbescheiden. Ziemlich wenig von dem, was Valerie Bönström jetzt macht, war geplant. Eigentlich kam alles anders. Als Jugendliche spielte sie Hockey, bis eine Verletzung dem ein Ende machte. Bönström konzentrierte sich stattdessen aufs Abitur. Für das BWL-Studium wurde sie nicht angenommen, also studierte sie Informatik. Ihr Vater, selbst Physiker, riet ihr ab. «Vielleicht grade deshalb», sagt sie und grinst.

Bis sie Niclas Bönström heiratete, der für eine Fitnesskette tätig war, hatte sie für Fitnessstudios wenig übrig. Dann gab sie ihre feste Stelle an der Uni auf und gründete mit ihm zusammen ein Fitnessunternehmen für Frauen. Vor zehn Jahren noch eine etwas ungewöhnliche Idee, aber sie war erfolgreich.

 

Power-Couple: Steffi Graf (r.) wirbt für Bönströms Kette Mrs. Sporty.

Power-Couple: Steffi Graf (r.) wirbt für Bönströms Kette Mrs. Sporty.

Inzwischen Mutter mit knappem Zeitbudget, stellte Bönström für Mrs. Sporty ein Zirkeltraining zusammen, das sich in 30 Minuten absolvieren lässt – genau das Richtige für berufstätige Mütter. Helfen liess sie sich dabei von der deutschen Tennislegende Steffi Graf, die als Geschäftspartnerin einstieg. Wichtig ist Bönström, dass auch Behinderte bei der Fitnesskette trainieren können – in vielen Studios gibt es Fachleute für Behindertensport.

Training vor dem Riesen-iPhone

Bönströms neustes Projekt ist die Entwicklung einer virtuellen Trainerin. Die soll sich benehmen wie ein Personal-Trainer und könnte die nächste Innovation in den Studios sein. Wie soll das gehen? Bönström kramt das Notebook raus. «Ich brauch hier Netz», sprudelt sie und lässt sich, für einen Moment ganz Managerin, von der Theke des Cafés, in dem wir sitzen, das Passwort für die WLAN-Verbindung bringen. Dann zeigt ein Video aus einem Studio, in denen Pixformance, so heisst die virtuelle Trainerin, schon im Einsatz ist.

Vor mehreren Bildschirmen, die in etwa aussehen wie ein riesiges iPhone, steht eine Reihe Personen, die wirken, als würden sie gerade vor einer Xbox rumhampeln. Das sieht zunächst mal amüsant aus. Auf dem Bildschirm macht eine virtuelle Trainerin eine Übung vor. Gleichzeitig kann sich die Person wie im Spiegel sehen. Überlagert wird das Bild von eingeblendeten Bewegungsachsen, die anzeigen, wie die Bewegung idealerweise auszusehen hätte. Am unteren Rand des Bildschirms ist Platz für weitere Daten.

Grosse Idee oder nur ein neuer Hype?

Programme zur Trainingsoptimierung gibt es viele. Um zu verstehen, was daran so innovativ ist, muss man sich anschauen, wie sich die Fitnessbranche entwickelt hat. Die ersten Fitnessstudios hiessen einfach «Kraftraum» und dienten der Trainingsergänzung. Dann kam die Bodybuildingwelle und das «Studio» wurde eine Geschäftsidee. Kurz darauf hielten die ersten Trainingsgeräte Einzug. Das war gut, denn durch die bessere Bewegungsführung gab es weniger Verletzungen und das Training wurde effizienter. Inzwischen waren Gesundheit und Fitness für Jedermann gefragt.

Heute geht der Trend wieder weg von den Geräten zum freien Training mit Betonung von Rumpfstabilität, Balance und Bewegungskontrolle – ideal für eine Bevölkerung, die immer mehr am Schreibtisch sitzt. Damit steigt aber auch der Betreuungsbedarf.

«Du hast ja niemals so viele Trainer, um jeden individuell zu betreuen», sagt Bönström. «Die einen wollen Muskeln, die anderen haben Rückenprobleme, viele wollen vor allem abnehmen», resümiert sie. Gruppenkurse seien auch keine Lösung. «Dann hat man wieder 16 Leute in der Gruppe und es ist erst recht nicht individuell.»

Messen ist alles

Was fehlte, war eine Art Personal Trainer. «Das muss sich doch irgendwie erfassen und optimieren lassen», dachte die Informatikerin. Bönström fing an, in Datenbanken nach mathematischen Entsprechungen für «Sport» zu suchen. Daten über Reichweite und Geschwindigkeit, den richtigen Winkel, Kraft und Wiederholungszahl. Dann fing sie an zu programmieren.

Wissen, das sie selbst nicht hatte, holte sie sich vom Institut für Prävention und Nachsorge in Köln, mit dem sie den idealisierten Bewegungsablauf von 100 Übungen zusammenstellte. Zusammen mit einer Kamera ergibt das ein computergestütztes Training, das sich individuell anpassen lässt. «Wir messen Tempo, Präzision, Wiederholungszahl, Reichweite.» Getrackt und gesharet werden kann natürlich auch.

Mrs. Sporty ist ein Franchisingunternehmen. Die Gründerin findet das demokratisch.

Auch Reaktionsschnelligkeit und Koordination lassen sich trainieren. Auf dem Notebook läuft der nächste Film. Vor dem Bildschirm steht diesmal ein Boxer. Auf dem Bildschirm erscheinen in abwechselnder Folge Kreise, in die er jeweils einen Schlag landen muss. «Das ist ganz einfach eine randomisierte Funktion», erklärt Bönström, also ein Zufallsgenerator. «Dann messen wir die Reaktionsschnelligkeit und Treffergenauigkeit.» Für Ausdauersportarten oder einen Sport wie Squash, muss sie einräumen, ist das Konzept eher weniger geeignet.

Programmierer gesucht

Das Riesen-Smartphone lässt sich vor allem da gut einsetzen, wo es auf die exakte Ausführung von Bewegungen ankommt. Die Berliner Charité habe bereits mehrere Geräte für den Einsatz in der Reha gekauft. Gegenwärtig sucht Bönström «händeringend Programmierer», die helfen, die Software weiterzuentwickeln. Ausserdem will sie mit Mrs. Sporty nach Basel kommen.

Die Geschäftsführerin betreibt nur wenige Studios selbst, Mrs. Sporty ist ein Franchisingunternehmen. Bönström findet das demokratisch. Derzeit sucht sie nach neuen Franchisenehmer in der Region, zwei Kandidaten hat sie bereits gefunden. Ein neu eröffnetes Studio gibt es bereits im deutschen Rheinfelden.

Nach vorsichtiger Einschätzung können die Baslerinnen im kommenden Jahr mit Mrs. Sporty und Pixformance rechnen. Und falls es doch nur ein Hype ist? Dann bringt das Leben wahrscheinlich die nächste Fragestellung mit. «Ich hab nicht das Gefühl, dass ich irgendwo angekommen wäre», sagt Bönström über sich. Irgendwas lässt sich sicher noch optimieren.

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