Als Tabellenführer kommt RB Leipzig an diesem Freitag (20.30 Uhr) zum Aufsteiger-Duell in der Bundesliga nach Freiburg. SC-Trainer Christian Streich hat grossen Respekt vor dem Gegner, grundsätzliche Kritik an dessen Geschäftsmodell äussert hingegen der Freiburger Sportdirektor Jochen Saier.
15 Punkte hat der SC Freiburg in den ersten elf Spielen in dieser Saison gesammelt, das ist eine mehr als ordentliche Bilanz für einen Aufsteiger. Es wäre vielleicht sogar eine Bilanz, die bundesweit für Schlagzeilen sorgen würde – wenn nicht der Mitaufsteiger, RB Leipzig, mit 27 Punkten auf Rang eins liegen würde.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sein Team beim Duell der beiden ungleichen Aufsteiger weitere Punkte sammelt, ist laut SC-Trainer Christian Streich deshalb auch nicht höher als wenn es gegen Dortmund oder den FC Bayern gehen würde: «Bei den Vereinen, die in die Champions League wollen, wird der Weg über Leipzig gehen», prognostiziert Streich und sagt über den Fussball des Gegners: «Das ist mit das Beste, was in der Bundesliga gezeigt wird.»
Überhaupt war Streich am Donnerstag sichtlich bemüht, sich ausschliesslich positiv über den ungleichen Konkurrenten zu äussern, dessen Geschäftsmodell er in der Vergangenheit auch schon deutlich kritisiert hat. Den Leipziger Fussball schaue er «sehr gerne», betonte er, und es wundere ihn keineswegs, dass RB mit seiner Einkaufspolitik und Coach Hasenhüttl mit seiner Handschrift solch einen Erfolg habe. Ansonsten sei «alles gesagt».
» «Ich will nicht, dass irgendwann nur noch Vereine von Mäzenen und Konsortien in der Liga sind» – Christian Streich im Interview mit der TagesWoche im Februar 2016
«Für Freiburg ist das keine erfreuliche Entwicklung»
Dafür erneuert Sportdirektor Jochen Saier in «Sportbild» die Klage vom «Kampf mit ungleichen Waffen» und führt aus: «Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von Standorten mit immenser Querfinanzierung – keine einfache und erfreuliche Entwicklung aus der Freiburger Brille, wenn das in dieser Richtung so weiter geht.»
Während Leipzig vor der Saison 50 Millionen Euro in neue Spieler investierte, war es beim Sportclub nicht einmal ein Fünftel. Dementsprechend weit auseinander liegen die Etats. Hier liegt RB längst in der oberen Hälfte der Liga, Freiburg belegt vor Darmstadt und Ingolstadt einen Abstiegsrang.
Und während der SC in den zurückliegenden 25 Jahren seinen exzellenten Ruf als Ausbildungsclub begründete, droht er auch hier von der Konkurrenz aus Sachsen überrundet zu werden. Das 35 Millionen teure Nachwuchsleistungszentrum der Roten Bullen wurde im Sommer eingeweiht.
Verbindendes und Trennendes
Allerdings weisen beide Vereine bei allen strukturellen Unterschieden auch Ähnlichkeiten auf. Beide Teams gehen mit relativ jungen Mannschaften ins Rennen, der Altersdurchschnitt liegt bei beiden meist unter 24 Jahren. Zudem halten beide Trainer wenig von einer Mauertaktik, wie sie Aufsteiger vergangener oft aus purer Not verfochten, hohes Pressing gehört zur DNA beider Teams.
Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl wurde bekanntlich nach einem monatelangen Auswahlprozess verpflichtet – vor allem, weil dessen Fussballphilosophie am besten zu dem Fussball passt, den Mastermind Ralf Rangnick dem Team auf den Leib geschneidert hat.
Doch es gibt bei allen Parallelen auch Unterschiede in der Fussballphilosophie. Im Vergleich zu Hasenhüttl, der als Verfechter des rasanten Gegenpressings gilt und mit 40 Prozent Ballbesitz kein Problem hat, legt Streich mehr Wert auf eine offensive Grundausrichtung, Ballbesitz ist hier die Voraussetzung für Kombinationsfussball.
Und dennoch: Wahrscheinlich würde der Aufstieg der Leipziger auch vom Fussball-Verrückten Streich rückhaltlos begrüsst werden, wenn man die Sachsen nicht als unmittelbare Bedrohung für das eigene Fussballmodell wahrnehmen würde.
Der Leipziger Stich ins Wespennest
In Leipzig sieht man die Kritik aus allen Ecken derweil gelassen. Die Kritik des Dortmunder Vorstandschefs Hans-Joachim Watzke, der erst jüngst auf der Mitgliederversammlung feststellte, man «brauche diesen Tabellenführer nicht», ist Hasenhüttl einerlei. «Wir haben sportlich in ein Wespennest gestochen, dass das jetzt summt, ist normal.»
Geht es nach Christian Streich, hat der Sportclub heute Abend dennoch Chancen, den fünften Heimsieg im sechsten Spiel zu landen. Sorgen bereitet dabei die Innenverteidigung, wo Caglar Söyüncü wegen seiner beim Spiel in Mainz erlittenen Gehirnerschütterung ebenso ausfällt wie Georg Niedermeier, der das Abschlusstraining mit Rückenproblemen abbrechen musste. Für Offensiv-Talent Maximilian Philipp ist die Vorrunde mit einem Bänderriss sowieso gelaufen.
Die Bundesliga-Tabelle:
(Bild: Screenshot rotblauapp.ch)