Freiburg gewinnt, aber der Trainer sagt: «Es wird der Wahnsinn»

Ein Eigentor und ein halbes dazu haben dem SC Freiburg beim 2:0 gegen Eintracht Braunschweig drei immens wichtige Punkte im Abstiegskampf beschert. Danach geben zwei Trainer, die für ihr Coaching immer wieder kritisiert werden, Einblicke in ihr Seelenleben.

epa04164555 Freiburg's Julian Schuster celebrates the 2-0 during the Bundesliga soccer match between SC Freiburg and Eintracht Braunschweig at the Solar Stadion in Freiburg, Germany, 12 April 2014...(ATTENTION: Due to the accreditation guidelines, the DFL (Bild: Keystone/PATRICK SEEGER)

Ein Eigentor und ein halbes dazu haben dem SC Freiburg beim 2:0 gegen Eintracht Braunschweig drei immens wichtige Punkte im Abstiegskampf beschert. Danach geben zwei Trainer, die für ihr Coaching immer wieder kritisiert werden, Einblicke in ihr Seelenleben.

Aus 5 Grad im nasskalten, norddeutschen Braunschweig angereist und von 25 Grad in Südbaden empfangen – für Thorsten Lieberknecht gibt es für die 0:2 (0:1)-Niederlage in Freiburg unter anderem eine natürliche Erklärung, warum sein Team nicht den gewünschten Spannungsbogen aufbauen konnte im Kellerduell der Bundesliga.

Mit einer anderen Deutung griff sich der Trainer von Eintracht Braunschweig an die eigene Nase. Im Fokus von Ermittlungen des DFB stehend, weil er in der Vorwoche zum wiederholten Mal von seiner Coachingzone auf die Tribüne geschickt worden war, sagte er: «Ich war gehemmt. Ich wollte mich eigentlich nicht verbiegen lassen und wundere mich über sich selbst, dass ich kein Rückgrat gezeigt habe.»

Thorsten Lieberknecht – in Freiburg ein gehemmter Trainer von Eintracht Braunschweig.

Ob ein engagierter an der Seitenlinie mitgehender Coach dem Abstiegskandidaten Nummer 1 geholfen hätte, muss eine Hypothese bleiben. Die Freiburger dagegen buchten drei Punkte gegen den Tabellenletzten und gegen die Abstiegssorgen ab. Viel mehr wird vom glückhaft zustande gekommenen 2:0 nicht in Erinnerung bleiben.

«Ich gratuliere Freiburg zu drei wichtigen Punkten im Kampf um den Klassenerhalt. Uns fällt es schwer, noch daran zu glauben», sagte Lieberknecht, obwohl die Niedersachen nur zwei Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz und drei auf den ersten Nicht-Abstiegsplatz haben.

Ein Eigentor und ein weiters halbes dazu

In einer Partie, die spielerisch der Klassierung der beiden Teams entsprach, die in weiten Teilen von Angst geprägt war, von schleppendem Tempo, engen Zweikämpfen und vielen unpräzis gespielten Bällen, gingen die Freiburger früh in Führung. Einen weiten Einwurf von Oliver Sorg lenkte der Braunschweiger Damir Vrancic in der 8. Minute ins eigene Tor. Beruhigende Wirkung hatte die Führung auf das junge Breisgauer Team nicht. Im Gegenteil: Viel zu tief stehend wurden die Gäste zu mehr Spielanteilen eingeladen.

Auch der zweite Freiburger Treffer, unmittelbar nach Wiederanpfiff, war ein halbes Eigentor: Ermin Bicakcic fälschte in der 48. Minute einen Distanzschuss von SC-Captain Julian Schuster unhaltbar.

Freiburg will Mehmedi halten

Admir Mehmedi vergab danach drei grosse Chancen, auf 3:0 zu erhöhen und traf dabei einmal die Querlatte. Der Schweizer Nationalspieler wurde in der 80. Minute ausgewechselt, Nationalmannschaftskollege Gelson Fernandes in Nachspielzeit eingewechselt. Mehmedi, von Dynamo Kiew ausgeliehen, wollen die Freiburger gerne definitiv übernehmen – der Klassenerhalt würde den Transfer für beide Seiten wohl leichter machen.

Die Braunschweiger wechselte zwar alle zur Verfügung stehenden Offensivkräfte ein, darunter in der 58. Minute den Schweizer Orhan Ademi, ausser einem Freistoss an den Pfosten des Ex-Freiburgers Dennis Kruppke brachten der Aufsteiger allerdings nichts zustande.

«Wir haben es mit einfach strukturiertem Fussball versucht, aber es war der Wurm drin», räumte Lieberknecht ein. Am verdienten Freiburger Sieg vor 24’000 Zuschauern im ausverkauften Stadion gab es nichts zu deuteln.

Sportclub hat sich aus dem Keller gearbeitet

Für die Südbadener waren es drei big points, und das Beste neben ihrem eigenen, achten Saisonsieg, waren die Ergebnisse der Konkurrenz im Tabellenkeller: Lediglich der VfB Stuttgart punktete beim 1:1 in Mönchengladbach.

Mit vier Siegen und 13 Punkten aus den letzten sechs Spielen hat sich der Sportclub eine gute Ausgangslage für den Endspurt geschaffen. Gladbach und Schalke werden noch im Mage-Solar-Stadion empfangen, auswärts geht es zu Wolfsburg und in der letzten Runde nach Hannover.

Im Herbst mit der erstmals durchlebten Doppelbelastung in der Europa League immer tiefer in den Keller abgerutscht, haben sich die Freiburger nun sechs Punkte Abstand zum ersten direkten Abstiegsplatz verschafft. Geschafft ist in den Augen von Christian Streich dennoch nichts: «Clubs wie Hamburg und Stuttgart liegen hinter uns – es wird der Wahnsinn in den letzten vier Spielen.»

«Ein paar Reserven habe ich noch – und nicht mehr»

Auch Streich hatte die Partie ungewohnt zurückhaltend verfolgt und gecoacht. Er war vor 14 Tagen von Gertjan Verbeek, dem niederländischen Trainer des Abstiegskonkurrenten 1.FC Nürnberg, heftig angegriffen und für sein Coaching kritisiert worden. Streichs Rezept: «Ich habe keinen einzigen Bericht gelesen. Das geht mir vorbei.» Er hatte die Anschuldigungen Verbeeks vehement zurückgewiesen.

Welche Spuren eine anstrengende Saison und die Debatte über ihn selbst hinterlassen haben, packte Streich in das Eingeständnis: «Ein paar Reserven habe ich noch – und nicht mehr.» Seinem Braunschweiger Kollegen gab er dennoch Aufmunterndes mit auf den Weg: «Diese Mannschaft hat sich aussergewöhnlich entwickelt im Laufe der Saison, und mit dieser Mentalität ist sie noch nicht angestiegen.» Freiburgs Glück ist, dass auch Streichs Team über Herz verfügt.

 

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