Freiburg und das Licht am Ende des Tunnels

Vor der Zusatzschicht im Pokal-Achtelfinal schaut man beim SC Freiburg nach einer von vielen Rückschlägen gekennzeichneten Halbserie mit ganz anderen Gefühlen auf die Bundesligatabelle als noch zu Adventsbeginn. Drei Spiele in sieben Tagen und sieben Punkte haben die Zuversicht zurückgebracht, die Baustellen werden jedoch nicht weniger.

Nils Petersen (links) hat dem SC Freiburg mit sechs Toren in drei Spielen Luft im Abstiegskampf verschafft, und Yoric Ravet hat nach schwierigem Start Fuss gefasst in der Bundesliga.

Nils Petersen ist nach dem turbulenten 3:3 in Augsburg mal wieder der begehrteste Gesprächspartner im Freiburger Team. Das liegt zum einen daran, dass er innerhalb von ein paar Tagen gleich sechs Treffer erzielt hat. Und auch daran, dass Petersen mal bei Werder Bremen gespielt hat, dem Gegner der Freiburger im Pokal-Achtelfinal an diesem Mittwoch.

Wie 15 andere deutsche Clubs muss auch der SC Freiburg kurz vor Heiligabend noch eine Zusatzschicht leisten, und Petersen freut sich auf die Partie bei seinem Ex-Verein: «Wir haben uns zu einer guten Mannschaft gemausert.»

Die Achtelfinals im DFB-Pokal:

Tatsächlich war die jüngste Englische Woche mit drei Punktspielen Doping fürs Freiburger Selbstwertgefühl. Nach dem 14. Spieltag belegte der Sportclub mit mickrigen zwölf Zählern den Relegationsrang. Dann gewannen sie zwischen zweitem und drittem Advent nach 0:3-Rückstand in Köln durch zwei Elfmetertore Petersens in der Nachspielzeit sowie durch ein weiteres Penaltytor gegen Mönchengladbach. Durch das Remis in Augsburg rangiert man auf Platz 13. «Wir sehen wieder Licht am Ende des Tunnels», sagt Trainer Christian Streich.

Es ist zum einen die neue Offensivkraft der Badener, die für einen versöhnlichen Ausklang der Hinrunde sorgt. Nach dem Ausfall von Florian Niederlechner übernahm der routinierte Edeljoker Petersen ab dem elften Spieltag die Verantwortung als meist einzige Sturmspitze. Auch Tim Kleindienst (22), der in Augsburg alle drei Treffer vorbereitete, und der im Sommer aus Bern geholte Yoric Ravet spielten zu Saisonbeginn keine grössere Rolle.

Allerdings fehlt auf der Bank jede Alternative im Sturm und es gibt keine Garantie, dass das Formhoch bei den Dreien anhält. Zumal Kleindienst in der vergangenen Saison noch in der zweiten Liga (ausgeliehen nach Heidenheim) spielte und bis vor Kurzem grosse Anpassungsschwierigkeiten verriet.

«Ich hatte irgendwann das Gefühl: Wenn was ist, sammeln wir es auf.

Jochen Saier, Sportdirektor des SC Freiburg

Auf Jochen Saier hat der Start in die Saison lange Zeit wie ein traumatisches Erlebnis gewirkt – gespickt mit schrägen Videobeweisen, ungerechtfertigten Roten Karten und dämlichen, aber selbst verschuldeten Gegentoren.

Jochen Saier (links), der Sportdirektor des SC Freiburg, mit seinem Cheftrainer Christian Streich.

Auch deshalb kann der Sportdirektor derzeit nicht so recht glauben, dass es ausnahmsweise gut läuft. In den letzten drei Spielen wurden dem Sportclub drei Elfmeter zugesprochen. «Ich hatte irgendwann das Gefühl: Wenn was ist, sammeln wirs auf. Ich weiss aber, dass in der vergangenen Saison, als wir Siebter wurden, auch sehr vieles für uns gelaufen ist.»

Saier sagt es nicht direkt, aber womöglich hat Platz sieben am Ende der vergangenen Saison über das wahre Leistungsvermögen des Kaders hinweggetäuscht. So oder so: Bislang sind die Spieler, die die beiden millionenschweren Abgänge von Vincenzo Grifo (Mönchengladbach) und Maximilian Philipp (Dortmund) ersetzen sollten, noch vieles schuldig geblieben. Weder Bartosz Kapustka (20 Jahre, ausgeliehen von Leicester City) noch der taktisch zuweilen undisziplinierte Ryan Kent (21, ausgeliehen vom Liverpool FC) konnten die Erwartungen erfüllen. Ravet hat sich als einziger der neuen Offensivkräfte aufgedrängt.

An einem Strukturfehler des Freiburger Kaders ändert das aber nichts: Aus dem Zentrum heraus entsteht zu wenig Torgefahr, und obwohl sich die fleissigen Südbadener in fast jedem Spiel zahlreiche Torabschlüsse erarbeiten, resultieren daraus zu wenige Treffer. Ausser Petersen, mit acht Treffern Sechster im deutschen Torjäger-Ranking, strahlen zu wenige Spieler überhaupt Abschlussqualitäten aus.

«Ich verlange das Maximale» – aus der Reihe Best-of-Streich:

Für die Rückrunde ergeben sich also zwei Szenarien. In der optimistischen Variante gewöhnen sich die offensiven Sommer-Transfers in der Winterpause an die vor allem defensiv anspruchsvolle Freiburger Spielweise. Dann sind positive Überraschungen möglich – vorausgesetzt, die Freiburger bleiben vom Verletzungspech verschont. Oder es geht so weiter wie bisher. Dann wäre eine Mannschaft, die stets mit hohem Aufwand agiert, am Ende dieser Spielzeit vielleicht dennoch unter den letzten Drei.

Auf der Suche nach Griffigkeit im Angriff

So oder so gilt es die Baustelle zu schliessen, die sich seit der schweren Knieverletzung von Niederlechner auftut. Für den besten Torschützen der Breisgauer mit 21 Treffern in 58 Spielen in 1. und 2. Bundesliga dürfte die Saison gelaufen sein. Saier fahndet nach Ersatz fürs Angriffszentrum und will nebenbei unzufriedene Spieler verleihen oder verkaufen.

«Wir wollen natürlich versuchen, offensiv griffiger zu werden», sagt Saier, «aber uns hilft jetzt nur einer, der dann auch sofort spielen würde. Und das setzt eigentlich voraus, dass er die Liga kennt und deutschsprachig ist.» Mit anderen Worten: Leicht wird dieser Spielertyp nicht zu bekommen sein.

Immerhin blicken die Anfang Dezember noch von Selbstzweifeln geplagten Freiburger dank der sieben Zähler aus den vergangenen Tagen wieder halbwegs optimistisch aufs kommende Jahr. Wie sagte doch Petersen so schön: «Und das, obwohl bis vor Kurzem noch jeder gedacht hat, wir und Köln sind die ersten Absteiger.»

Die Bundesliga wird am 12. Januar fortgesetzt.

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