Freiburger Kraftakt auf der Mission Klassenerhalt

Nach einem unnötig dramatischen Spiel glaubt der SC Freiburg wieder an sich und den Verbleib in der Bundesliga. Und der Trainer der abgestiegenen Kölner verspricht, wenn nötig, Schützenhilfe.

Freiburgs personifizierte Lebensversicherung: Nils Petersen, gegen Köln zweifacher Torschütze.

Keine Pfiffe und keine Buhrufe, kein Platzsturm der Fans und keine Weltuntergangsstimmung – nichts von dem, was in vergleichbaren Situationen schon inszeniert wurde, passierte am Samstag im Schwarzwald-Stadion. Stattdessen verabschiedeten rund 2500 Kölner Fans ihr Team nach der 2:3-Niederlage in Freiburg mit Applaus und Gesang aus der ersten Liga.

«Unsere Fans sorgen dafür, dass wir unsere Würde behalten», sagte der scheidende Kölner Trainer Stefan Ruthenbeck. Und er machte kein Hehl daraus, dass er lieber zusammen mit dem VfL Wolfsburg absteigen würde als mit dem «sympathischen Club» aus Freiburg. Da trifft es sich gut, dass sein FC am letzten Spieltag in die Auto-Stadt mus. «Wenn ihr am letzten Spieltag noch Hilfe braucht, werden wir gegen Wolfsburg alles tun», verspricht Ruthenbeck.

Vorerst haben es die Freiburger nach einem verdienten Sieg alles in den eigenen Füssen: ob er am Saisonende direkt absteigt, die Klasse hält, oder den Umweg über die Relegationsspiele gegen den Dritten der Zweiten Liga gehen muss. Und sie präsentierten sich nach zuletzt sechs Spielen mit nur einem Tor spiel- und angriffsfreudig.

Während Christian Günter Mitte der ersten Halbzeit mit einem schwach geschossenen Elfmeter an Timo Horn scheiterte, ebnete Nils Petersen, Freiburgs personifizierte Lebensversicherung, mit seinen Saisontreffern 14 und 15 den Weg zum Sieg. Der in Gefahr geriet, weil sich die Freiburger gegen quasi abgestiegene Kölner immer weiter zurückzogen, zu passiv waren und prompt innerhalb von fünf Minuten durch zwei Treffer von Leonardo Bittencourt  (82./87.) den Ausgleich kassierten. 

Das erlösende Premierentor in der 92. Minute

«Das war schon brutal, schliesslich hätte es schon nach der ersten Halbzeit fünf oder sechs zu null für uns stehen können», sagte Freiburgs Mittelfeldmotor Mike Frantz, der herausragend spielte, nach langer Verletzungspause allerdings kurz nach Seitenwechsel entkräftet ausgewechselt werden musste. Lucas Höler, in der Winterpause aus der zweiten Bundesliga gekommen, drückte in der 92. Minute einer dramatischen Schlussphase den Ball ein drittes Mal über die Linie.

«Es ist ein Phänomen, dass wir immer anfangen zu schwimmen, wenn wir ein Gegentor bekommen», seufzte Frantz. Kapitän Julian Schuster fühlte sich derweil an das Hinspiel erinnert. Denn das war ähnlich nervenaufreibend verlaufen. Damals, im Dezember, verwandelte der Sportclub einen 0:3-Rückstand in einen 4:3-Sieg. «In der Summe beider Spiele waren wir die glücklichere Mannschaft», sagte Freiburgs Trainer Christian Streich, «aber bei allem Respekt vor Köln: heute waren wir auch die bessere.» 

Tatsächlich knüpfte der Sportclub, der zuletzt oft ängstlich und defensiv aufgetreten war, auch spielerisch wieder an bessere Zeiten an. In Mönchengladbach und zu Hause gegen Augsburg sollen nun die nötigen Punkte geholt werden, um auch in der kommenden Saison erstklassig spielen zu können. Auch angesichts des beschlossenen Stadion-Neubaus im Freiburger Westen wäre das ein wichtiges Signal. 

Fehlende Qualität, die nicht aufgefangen wurde

Und es wäre eine enorme sportliche Leistung, denn der Freiburger Kader ist in dieser Saison deutlich schwächer besetzt als in der vergangenen Spielzeit. Vor allem in der Offensive fehlt es an Qualität. Höler, Timo Kleindienst und Marco Terrazzino bringen es zusammen auf 55 Bundesliga-Einsätze, Hölers Siegtor gegen Köln war der erste Treffer dieses Offensivtrios. 

Nachdem Florian Niederlechner, mit elf Treffern Freiburgs erfolgreichster Torschütze der vergangenen Spielzeit, im Oktober eine schwere Knieverletzung erlitten hatte, konnte im Winter kein adäquater Ersatz verpflichtet werden. Auch die Abgänge von Maximilian Philipp und Vincenzo Grifo, die in der vergangenen Saison noch an fast allen Toren beteiligt waren, wurden nicht ansatzweise aufgefangen. 

Alles in allem ist so eine Situation entstanden, in der die altgedienten Spieler wie Julian Schuster genau einschätzen können, was für ein Kraftakt der Klassenerhalt ist. «Das alles ist mental nicht einfach», hat er nach dem Köln-Spiel gesagt, «man schläft manchmal nicht gut.»

Die Tabelle der Bundesliga und das Restprogramm im Abstiegskampf.

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