Fünf Freunde von der Weltspitze – Frankreich vor dem Davis-Cup-Final

Roger Federer wurde für das Einzel vom Samstag nominiert. Spielt er tatsächlich, dann geht die Schweiz mit ihm und Stan Wawrinka als Favoritin in den Final des Davis Cup. Doch den Gegner Frankreich machen zwei Aspekte stark: Sie sind das ausgeglichenere Team – und haben die besseren Doppelspieler.

Jo-Wilfried Tsonga of France serves the ball against Grigor Dimitrov of Bulgaria at the Rogers Cup tennis tournament, Saturday, Aug. 9, 2014 in Toronto. (AP Photo/The Canadian Press, Nathan Denette) (Bild: Keystone/NATHAN DENETTE)

Roger Federer wurde für das Einzel vom Samstag nominiert. Spielt er tatsächlich, dann geht die Schweiz mit ihm und Stan Wawrinka als Favoritin in den Final des Davis Cup. Doch den Gegner Frankreich machen zwei Aspekte stark: Sie sind das ausgeglichenere Team – und haben die besseren Doppelspieler.

Nein, Roger Federer hat in seiner Karriere nicht alles gewonnen. Dem Schweizer Überspieler fehlt der Olympiasieg im Einzel, und ihm fehlt der Titel im Davis Cup. Genauso wie der Schweiz als Tennisnation. Am nächsten an diesem Pokal waren die Schweizer mit Marc Rosset und Jakob Hlasek, als sie 1992 den Final gegen die USA verloren.

22 Jahre und eine sagenhafte Karriere Federers später bietet sich der Schweiz die nächste Möglichkeit. Die Chancen, am Wochenende gegen die Franzosen den Pokal zu holen, sind allerdings gesunken: Federer ist am Sonntag zum Endspiel der World Tour Finals gegen Novak Djokovic aufgrund von Rückenbeschwerden nicht angetreten und sein Einsatz in Lille somit unsicher. Immerhin trainierte er am Donnerstag und wurde für die Einzel vom Freitag gemeldet.

Das spielt den Franzosen, die den Davis Cup in der 114-jährigen Geschichte neun Mal gewonnen haben, in die Karten. Hinter den USA mit 32 und Australien mit 28 Titeln ist Frankreich zusammen mit Grossbritannien die dritterfolgreichste Nation (siehe Grafik unten). Für die französischen Spieler, die im Final gegen die Schweiz zum Einsatz kommen werden, ist das höchstens schön zu wissen. Bedeutend ist diese Statistik jedoch nicht, denn keiner von ihnen war beim letzten Sieg 2001 gegen Australien Teil des französischen Teams.

Gilles Simon und Gaël Monfils haben 2010 gegen Serbien zumindest Erfahrungen in einem Endspiel gesammelt. Mitunter negative, denn Monfils hat dabei die Chance verpasst, im dritten Einzel gegen Novak Djokovic den Franzosen den Titel zu sichern.

Monfils und Simon gehören auch gegen die Schweiz zum Aufgebot des französischen Captains Arnaud Clément. Simon ist die Nummer 5 und somit der Ersatzmann, Monfils als Weltnummer 19 der am zweitbesten klassierte Spieler hinter Teamleader Jo-Wilfried Tsonga (ATP 12).

Die grosse Dichte der Franzosen an der Weltspitze

Die französische Teamhierarchie scheint aufgrund des ATP-Rankings klar. Doch ebendiese Rangliste zeigt auch auf, dass Cléments Mannschaft weitaus homogener aufgestellt ist als diejenige des Schweizer Captains Severin Lüthi.

Federer (ATP 2), sollte sein Körper mitspielen, und Stanislas Wawrinka (ATP 4) sind die klaren Teamstützen. Hinter ihnen stehen mit Marco Chiudinelli (ATP  212) und Michael Lammer (ATP 508) zwei Spieler, die 2009 im Doppel in Gstaad ihren einzigen Titel auf der ATP-Tour gemeinsam feierten.

Die Grande Nation hingegen hat, Ersatzmann inklusive, fünf von sechs Spielern aus den Top-30 nominiert für die Begegnung auf dem Sand-Belag in Lille. Keine andere Nation weist eine derartige Dichte in den vordersten Rängen der Weltrangliste auf.

Sie seien alle Teil dieser Mannschaft, «ob nun einer die Nummer 1 oder die Nummer 5 im Team ist», rückt Richard Gasquet den Rankinggedanken im Interview mit «L’Equipe» in den Hintergrund. «Jeder braucht den anderen, ob auf der Bank oder auf dem Feld. Das ist unsere Stärke.»

Frankreichs Favoritenrolle im Doppel

Eine andere Stärke ist das Doppel. Vor allem mit Julien Benneteau, der Nummer 5 der Doppelweltrangliste, verfügen die Franzosen über einen Weltklassemann.

Benneteaus gewohnter Partner Edouard-Roger Vasselin, mit dem er 2014 die French Open sowie das Turnier in Marseille gewonnen hatte, ist von Clément allerdings nicht aufgeboten worden. Gegen die Schweiz sind somit zwei Paarungen am wahrscheinlichsten: Entweder spielt Benneteau mit Tsonga, mit dem er 2009 den Titel in Shanghai geholt hat.

Oder Tsonga tritt mit Gasquet an. Sie haben gemeinsam ebenfalls ein Turnier gewonnen, im Halbfinal gegen Tschechien den entscheidenden Punkt geholt – und sind bei ihrem letzten Turnier des Jahres zusammen angetreten. Wenngleich erfolglos.

Der verflogene Glanz des Doppelolympiasiegs

Dem hätten die Schweizer zwar möglicherweise eine Doppelpaarung entgegenzusetzen, die in Peking Olympisches Gold gewonnen hat. Doch dieser Glanz ist längst verflogen. Federer und Wawrinka haben zuletzt im Viertelfinal gegen das kasachische Doppel verloren. Und weil Wawrinka eine Runde später an der Seite Marco Chiudinellis auch den Italienern unterlag, sind die beiden Olympiasieger in diesem Davis Cup noch ohne Erfolg im Doppel.

Ob sie nun gemeinsam Doppel spielen werden oder nicht, die Namen der beiden Grand-Slam-Sieger nehmen die Franzosen ehrfürchtig in den Mund: «Den Davis Cup gegen Federer und Wawrinka zu gewinnen, hätte für alle eine sagenhafte Bedeutung», ordnet Gasquet den angestrebten Triumph ein.

In den Einzeln sind gegen einen gesunden Federer alle Franzosen Aussenseiter, gegen Wawrinka auch – angesichts der Saison des Romands zumindest auf dem Papier. Sollte Federer in den wenigen verbleibenden Tagen also fit werden, würde die französische Mannschaft wohl nur dann gewinnen können, wenn ihre Geschlossenheit zum Tragen kommt.

Gaël Monfils sagt dazu: «Der Sieg im Davis Cup wäre wie ein Erfolg bei einem Grand-Slam-Turnier – einfach mit Freunden.» Der Verbund dieser Freunde würde auch einen verletzungsbedingten Ausfall verkraften, ohne dass gleich die ganze Teamstruktur zusammenfiele.

Eine Stärke, welche die Schweizer nicht haben. Denn bei einem Ausfall Federers wären die Rotweissen nicht mehr leicht favorisiert. Sondern klarer Aussenseiter.

Davis-Cup-Final 2014, 21. bis 23. November
Ort: Lille, Stade Pierre-Mauroy
Belag: Sand

Programm:
Donnerstag, 20.11., 12.30 Uhr: Auslosung
Freitag ab 14.00 Uhr: Jo-Wilfried Tsonga vs. Stan Wawrinka, Gaël Monfils vs. Roger Federer
Samstag, 15.30 Uhr: Julien Benneteau/Richard Gasquet vs. Marco Chiudinelli/Michael Lammer.
Sonntag ab 13.00 Uhr: Jo-Wilfried Tsonga vs. Roger Federer, Gaël Monfils vs. Stan Wawrinka.

Frankreichs Aufgebot unter Captain Arnaud Clément:
Jo-Wilfried Tsonga, ATP 12
Richard Gasquet, ATP 26
Gaël Monfils, ATP 19
Julien Benneteau, ATP 25

Schweizer Aufgebot unter Captain Severin Lüthi:
Roger Federer, ATP 2
Stanislas Wawrinka, ATP 4
Marco Chiudinellei, ATP 212
Michael Lammer, ATP 508

» Stand Frankreich vs. Schweiz im Davis Cup: 10:2  » Details zu den Begegnungen
» Die offizielle Website zum Davis Cup

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