Giovanni Sio: Gut angelegtes Geld

3,125 Millionen Franken für Raul Bobadilla hingeblättert, 1,85 Millionen von Augsburg für den abgeschobenen Argentinier bekommen und 2,5 Millionen in Giovanni Sio investiert – die Korrektur beim Stürmerpersonal kommt den FC Basel teuer genug zu stehen. Aber der Franzose Sio scheint sich als Glücksgriff zu erweisen.

epa03832874 Giovanni Sio of FC Basel celebrates after scoring a goal against Ludogorets during their UEFA Champions League play off, first leg match between Ludogorets Razgrad and FC Basel in Sofia, Bulgaria, 21 August 2013. EPA/VASSIL DONEV (Bild: Keystone/VASSIL DONEV)

3,125 Millionen Franken für Raul Bobadilla hingeblättert, 1,85 Millionen von Augsburg für den abgeschobenen Argentinier bekommen und 2,5 Millionen in Giovanni Sio investiert – die Korrektur beim Stürmerpersonal kommt den FC Basel teuer genug zu stehen. Aber nach den ersten Eindrücken erweist sich der Franzose Sio als Glücksgriff.

Was sich am Samstagabend, nach dem Luzerner 1:1-Ausgleich in der Nachspielzeit für den FC Basel noch wie ein bitterer Punkteverlust anfühlte, verwandelte  sich keine 24 Stunden später durch die Heimniederlage der Young Boys in ein doch nicht ganz so schlechtes Auswärtsremis.

«So schnell geht es», sagt FCB-Sportdirektor Georg Heitz lakonisch. Statt zehn, wie vor der Partie in der Innerschweiz befürchtet, sind es nun nur noch sechs Punkte Rückstand auf den Leader, der nächsten Sonntag nach Basel kommt.

Dass der FCB den furios in die Saison gestarteten Bernern ohne den Druck eines himmelweiten Rückstands auf den Zahn fühlen kann, dass der FCB am Dienstag zum fünften Mal in die Champions League einziehen kann, dazu hat einer einen Beitrag geleistet, der erst am Freitag vorvergangener Woche unter Vertrag genommen wurde: Giovanni Sio.

Sio – vor zwei Jahren für den FCB nicht bezahlbar

Weil Marco Streller verletzt ausfiel, wurde der Franzose nur fünf Tage nach seiner Ankunft in Basel ins kalte Wasser geworfen. Und schlug sofort sein. Seinem Treffer in Sofia liess er in Luzern sogleich einen zweiten folgen. Sio macht dafür, dass er kaum Zeit hat, das Spiel der Mannschaft anzunehmen, schlaue Sachen auf dem Platz. Besser kann man gar nicht anfangen, was selbst Sportdirektor Heitz «ein bisschen überrascht».

Und doch wieder nicht: «Über seine Fitness wussten wir Bescheid. Er hat mit Wolfsburg die komplette Vorbereitung mitgemacht», sagt Heitz. Die Transferkommission des FCB hat sich lange mit Giovanni Sio beschäftigt, auch vor zwei Jahren bereits, als er im Trikot des FC Sion (48 Spiele, 17 Tore) auf sich aufmerksam machte. «Damals war der Preis für ihn für uns nicht darstellbar», erklärt Heitz.

Für über sieben Millionen Franken wechselte Sio schliesslich im Januar 2012 zum VfL Wolfsburg. Druchsetzen konnte er sich unter Felix Magath nicht, er wurde nach Augsburg ausgeliehen, dort aber auch nicht glücklich. 16 Einsätze, kein Tor, ein Assist – so lautet seine Bundesligabilanz.

Das Antizipationsvermögen des Stürmers

Das letzte halbe Jahr war Sio zu Sochaux ausgeliehen. Dort, in einem heimatlicheren Umfeld, brachte er es in 13 Spielen auf vier Tore und drei Assist. «Er bringt sehr viel mit: Technik und Schnelligkeit, er ist körperlich robust und abschlussstark», sagt Heitz, «der Trainer war schon nach der zweiten Trainingseinheit überzeugt.»

Und am Mittwoch in Sofia war Murat Yakin voll des Lobes: «Wie Giovanni Sio den Laufweg bei Stockers Pass antizipiert und dann das Tor macht, ist hervorragend.» Wohl passen noch nicht alle Automatismen im Zusammenspiel mit den neuen Mitspielern, aber auch am Samstag traf der Neo-Nationalspieler der Elfenbeinküste, und wieder freute sich der Trainer: «Er hat seine gute Performance mit einem Tor gekrönt.»

Die kostspielige Personalkorrektur

Giovanni Sio, wie Streller ein Linksfuss und mit einer gewissen Eleganz ausgestattet, löst innert vier Tagen ein, was sich der FC Basel vor gut neun Monaten von Raul Bobadilla versprochen hatte. Was nun passiert, ist die Retusche eines Missverständnisses und einer Fehleinschätzung der Transferverantwortlichen. Eine kostspielige, die sich so nur der Schweizer Branchenriese mit seinen üppigen Rücklagen leisten kann.

Doch ganz so teuer wie in den vergangenen Tagen zu lesen war, ist die Korrektur nicht gewesen. Ein bunter Strauss von Zahlen geistert durch die Medien. Beim «Blick» hat Bobadilla den FCB vor einem Dreivierteljahr 3,5 Millionen Franken gekostet, bei der «Basler Zeitung» sogar vier Millionen. Bei der Ablöse, die der FC Augsburg für Bobadilla nach Basel überwies, übernahm der «Blick» Schätzungen aus Deutschland, die bei einer Million Franken liegen, die «BaZ» ging von 1,8 Millionen Franken aus und kommt zum Schluss: «Der Abschreiber ist gewaltig.»

1,275 Millionen Franken Abschreiber für Bobadilla

Nach Informationen der TagesWoche sieht es unter dem Strich allerdings nicht so dramatisch aus. 3,125 Millionen Franken – das ist der Betrag, den der FC Basel an die Young Boys bezahlte, als der Bobadilla-Wechsel am 3. Januar bekanntgemacht wurde. 1,5 Millionen Euro – umgerechnet 1,85 Millionen Franken flossen nun von Augsburg nach Basel, als für den in einem Strudel von Formtief und Affären versunkenen Argentinier ein neuer Verein gefunden wurde.

Die Sache mit dem Nachschlag

Neben einem fixen Ablösebetrag sind variable Verabredungen  heutzutage mehr und mehr Bestandteil von Transferverträgen. Bei jungen Perspektivspielern wird gerne eine gewisse Anzahl von Einsätzen festgelegt, ab dem ein Zuschlag fällig wird. Üblich ist auch eine prozentuale Beteiligung bei einem Weiterverkauf eines Spielers.

Xherdan Shaqiri ist ein gutes Beispiel für den Erfolgsfall: Mit dem dem Nachschlag für den Triple-Gewinn des FC Bayern München dürfte sich der Transfererlös für den FC Basel inzwischen deutlich jenseits der 15 Millionen Franken bewegen.

In diesem Fall, einem wahrnehmbaren Erfolg, ist die Regel, dass der abgebende Verein auf der Grundlage der Abmachung eine Rechnung schickt und den Nachschlag erhält. Bei einer Beteiligung an einem Weiterverkauf muss der einst aufnehmende Club dem früheren Verein die Transferinformationen zur Verfügung stellen. (cok)

Das macht unter dem Strich ein Minus von 1,275 Millionen Franken. Der Abschreiber könnte sich weiter verringern, wenn Nebenabsprachen zum Tragen kämen. Ein Nachschlag bei Bobadilla könnte allerdings auf sich warten lassen. Er hat sich im ersten Spiel für Augsburg bereits wieder verletzt. «Bei allem Mist, den Raul gebaut hat», sagt FCB-Sportdirektor Heitz, «ist schon auch einiges Pech bei ihm im Spiel.»

2,5 Millionen Ablöse für Giovanni Sio

Wie auch immer: Zwei Millionen Euro, umgerechnet rund 2,5 Millionen Franken, hat der FC Basel in den 24-jährigen Giovanni Sio investiert. Fast ein Schnäppchen verglichen mit der Transfersumme vor eineinhalb Jahren. Gut angelegtes Geld jedenfalls, wie man nach den ersten Eindrücken vermuten darf.

Für den Moment hat die Stürmer-Rochade Bobadilla/Sio den FC Basel unter dem Strich also 650’000 Franken Mehraufwand gekostet. Dafür hat der FCB einen Spieler bekommen, der einen besseren Leumund besitzt als Bobadilla.

Und Sio, der aus Saint-Sébastien-sur-Loire stammt und in der Fussballschule des FC Nantes ausgebildet wurde, hat ein Entrée beim FCB gehabt, das im Vergleich zu Bobadilla gegensätzlicher kaum sein könnte. Der Argentinier kam beladen mit Eskapaden nach Basel zurück, war aus YB-Zeiten noch für vier Spiele gesperrt und im Europacup nicht einsatzberechtigt. Und dann, unmittelbar vor Auftakt der zweiten Saisonhälfte, verletzte sich Bobadilla am Knie.

Während der FCB in der Europa League für Furore sorgte und schliesslich Meister wurde, in einer Zeit, in der in der dichten Terminhatz kaum geregeltes Training stattfinden konnte, fiel die sportliche Integration Bobadillas schwer und der charakterliche Pflegefall in ein psychisches Loch.

Sios geglückter Einstand ist fast schon die halbe Miete

Auch wenn Giovanni Sio ebenfalls keine einfache Zeit hinter sich hat, er in Wolfsburg blass blieb, nach Augsburg ausgeliehen wurde und auch dort nicht einschlug, und auch wenn Sio erst zwei Spiele für den FC Basel bestritten hat: Mit Erfolgserlebnissen zu starten, zwei notabene sehr schön erzielten Toren, kann sehr viel bewirken.

Es kann schon die halbe Miete sein für eine gedeihliche Zeit in Basel. «Ich bin zufrieden mit meinem Einstand», sagte Sio am Samstagabend in Luzern und räumte ein, dass er während seiner Zeit in Deutschland die Super League nicht verfolgt habe.

Aber eines ist ihm, der vier Jahre in Sion spielte, schon noch bewusst: «Ich sehe beim FC Basel enormes Potenzial.» Und deshalb sei die Qualifikation für die Champions League «im Moment das Wichtigste». In diesem Fall – siehe oben – wäre bereits ein Nachschlag an Wolfsburg fällig, gut und gerne eine weitere halbe Million Franken. Ein internationaler Zahlungsverkehr, den der FCB dann gerne auslösen würde.

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