Gladbach blickt wehmütig auf die Zeiten mit Favre und Xhaka zurück

Symptomatisch für die Gladbacher Krise ist, dass sich auch Yann Sommer und Nico Elvedi von der Verunsicherung haben anstecken lassen. Dem auf Platz 14 abgerutschten Bundesligisten sind Typen wie Granit Xhaka abhanden gekommen. Ein Schweizer könnte unter dem neuen Trainer Dieter Hecking aber wieder zum Zug kommen.

MOENCHENGLADBACH, GERMANY - FEBRUARY 03: Yann Sommer of Borussia Moenchengladbach reacts during the Bundesliga match between Borussia Moenchengladbach and SC Freiburg at Borussia Park Stadium on February 3, 2015 in Moenchengladbach, Germany. (Photo by Dennis Grombkowski/Bongarts/Getty Images)

(Bild: Dennis Grombkowski/Getty Images)

Symptomatisch für die Gladbacher Krise ist, dass sich auch Yann Sommer und Nico Elvedi von der Verunsicherung haben anstecken lassen. Dem auf Platz 14 abgerutschten Bundesligisten sind Typen wie Granit Xhaka abhanden gekommen. Ein Schweizer könnte unter dem neuen Trainer Dieter Hecking aber wieder zum Zug kommen.

Tief unten in den Gängen des Borussia-Parks traf am Dienstagabend die süsse Erinnerung an eine erfolgreiche Vergangenheit auf die graue Dezemberdepression der Gegenwart. Granit Xhaka war gerade mit einem halben Jahr Verspätung offiziell von Borussia Mönchengladbach verabschiedet worden, er bekam einen grossen Blumenstrauss und eingerahmte Bilder aus seiner Zeit als Anführer des Teams überreicht.

» Gladbachs neuer Trainer heisst Dieter Hecking

Auf seinem T-Shirt stand «Danke für die unvergesslichen 4 Jahre»; eine Welle der Zuneigung war über ihn hereingebrochen. «Ihr werdet immer in meinem Herzen sein», hatte er dem Publikum zugerufen. Nun traf er auf dem Weg nach drinnen den humpelnden Christoph Kramer, seinen derzeit verletzten Nachfolger im Mittelfeldzentrum der Borussia.

Die beiden umarmten und unterhielten sich. «Joa, ganz gut», behauptete Kramer auf die Frage nach seinem Befinden. Wer aber den glücklich strahlenden Xhaka direkt neben seinem Erben als Chefstratege und Wortführer betrachtete, konnte nicht übersehen, dass in diesem Moment zwei Welten aufeinander trafen.



Fuflball 1. Bundesliga 16. Spieltag Borussia Mˆnchengladbach - VfL Wolfsburg am 20.12.2016 im Borussia-Park in Mˆnchengladbach Granit Xhaka ( Arsenal ), rechts - begr¸flt Manfred Stefes ( Co-Trainer Mˆnchengladbach ), links xRx Football 1 Bundesliga 16 Matchday Borussia Moenchengladbach VfL Wolfsburg at 20 12 2016 in Borussia Park in Moenchengladbach Granite Xhaka Arsenal right welcomed Manfred Stefes Co team manager Moenchengladbach left xRx

Granit Xhaka (hier mit Co-Trainer Manfred Stefes) bei seinem verspäteten Abschiedsbesuch in Mönchengladbach, wo ihm noch einmal die wehmütigen Herzen zuflogen. (Bild: Imago)

Hier der superselbstbewusste Premier-League-Star, dort ein von Misserfolgen und Zweifeln gebeutelter Kollege mit schmerzendem Fuss, der später am Abend auch noch eine ernüchternde 1:2-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg erleben musste. Xhaka hat die Borussia offenbar im richtigen Moment verlassen, am Gipfel eines Höhenfluges. Oder ist es vielleicht eher so, dass der Weggang des Baslers ein Grund für den Absturz des Bundesligisten ist?

Der Verlust wird in seiner ganzen Dimension erkennbar

Irgendwie ist Geschichte des Gladbacher Niedergangs, der am Mittwoch in einer Entlassung von Trainer André Schubert gipfelte, auch eine Geschichte der Schweizer, die hier aufblühten, um ihr Glück dann anderswo zu suchen. Xhaka und auch der vor 15 Monaten zurückgetretene Lucien Favre spuken noch überall herum in den Chroniken der Krise. «Es sind die Typen wie Granit Xhaka, die unserer Mannschaft momentan guttun würden», hat Sportdirektor Max Eberl vor einigen Tagen eingeräumt, «uns fehlt dieser Typ, der das gewisse Gespür hat und Verantwortung übernehmen kann.»

» Die Tabelle der Bundesliga

Die Lücke, die Xhakas Weggang gerissen hat, ist grösser als erwartet, man habe das «ein stückweit unterschätzt», erläuterte Eberl, der zwar viel Geld für den Transfer vom FC Arsenal bekommen hat, aber natürlich keinen gleichwertigen Ersatz. Aber auch der Schaden, den die Flucht von Lucien Favre hinterliess, wird erst jetzt in seiner ganzen Dimension erkennbar.

Mit Wehmut beobachten die Gladbacher, wie ihr immer noch hoch verehrter Ex-Trainer den OGC Nizza an die Spitze der League 1 geführt hat. Wie er den angeblich untrainierbaren Mario Balotelli ins Laufen brachte, während bei der Borussia gar nichts mehr läuft. Die tiefe Abneigung gegen den dünnhäutigen Schubert, die sich am Dienstag in den zornigen «Schubert raus»-Rufen zeigte, hat auch mit dem Kontrast der Gegenwart zur Erinnerung an den Sympathieträger Favre zu tun.

Yann Sommer und das Virus der Verunsicherung

Längst kursiert die Furcht, dass nach den Jahren mit dem geschätzten Ex-Trainer aus Saint-Barthélemy erstmal wieder weniger erfolgreiche Zeiten kommen. «Man hat gesehen, dass die junge Mannschaft sehr unter den vergangenen Wochen mit den fehlenden Erfolgserlebnissen gelitten hat», sagte Eberl, nicht einmal mehr der in den vergangenen Jahren so verlässliche Yann Sommer ist immun gegen das Virus der zerstörerischen Verunsicherung.

Am Dienstagabend hatte er ohne Not einen Ball in den Fuss von Julian Draxler gespielt und dem gegnerischen Angreifer damit eine Grosschance geschenkt. Es war ein geradezu absurder Fehler, wie man ihn in der Bundesliga tatsächlich nur selten sieht. Ein Fehler, der Teil einer immer länger werdenden Reihe von Missgeschicken des Torhüters ist.



Schalke's Breel Embolo, center, passes Moenchengladbach goalkeeper Yann Sommer to score his side's 2nd goal during the German Bundesliga soccer match between FC Schalke 04 and Borussia Moenchengladbach in Gelsenkirchen, Germany, Sunday, Oct. 2, 2016. Schalke defeated Moenchenglabach by 4-0. (AP Photo/Martin Meissner)

Eines von 25 Gladbacher Gegentoren in der Bundesliga-Vorrunde: Der Ex-Basler Yann Sommer wird vom Ex-Basler Breel Embolo im Schalke-Trikot überwunden. (Bild: Keystone/MARTIN MEISSNER)

«Wir haben einige Male unglücklich ausgesehen, auch der Torwart», sagte Sommer selbst, und das ist in seinem Fall besonders bitter. Denn eigentlich sollte der 28-Jährige gemeinsam mit Christoph Kramer und Lars Stindl die Führungsaufgaben übernehmen, die Granit Xhaka in den vergangenen Jahren erfüllte. Jetzt sind sie alle viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.

Auch Elevedi liess sich anstecken

Wobei Sommer natürlich auch unter der Verunsicherung des gesamten Teams leidet. «Wir verteidigen einfach nicht so, wie es im Bundesligafussball notwendig ist», räumte Eberl am Dienstagabend ein, kein Wunder also, dass die Gladbacher mehr Chancen zulassen und mehr Tore kassieren als in den vergangenen Jahren.

Das schlägt sich in Sommers persönlichen Statistiken nieder, und daran ist auch Nico Elvedi beteiligt, der wie die gesamte Mannschaft nach und nach an Niveau verloren hat. Schuberts Lieblingsspieler war unter dem entlassenen Trainer gesetzt, stand in allen 15 Partien in der Startelf. Für den 20-Jährigen Zürcher könnte der Trainerwechsel weniger erfreuliche Folgen haben. Der neue Chefcoach Dieter Hecking ist nicht als Freund des Dreier-Fünferketten-Systems bekannt, in dem Elvedi sich so wohl fühlte.

Dafür mag Hecking wuchtige Zentrumsstürmer wie Josip Drmic. Der 24-Jährige, vor drei Jahren ebenfalls vom FCZ an den Niederrhein gewechselt, ist nach seiner schweren Knieverletzung gerade wieder mit ersten Kurzeinsätze auf dem Weg zurück.

Zeit für Zerstreuung: Sommer kocht




(Bild: sommerkocht.de)

Ein exzellenter Torhüter ist er einerseits, ein aufgeweckter junger Mann sowieso, Gitarrenspieler – und ein talentierter Koch. Den Eindruck gewinnt man jedenfalls, wenn man sich den Blog anschaut, den der Fussballprofi unter «Sommer kocht» betreibt. Der 28-Jährige, nach seinem Wegzug von Basel in Düsseldorf wohnhaft, nimmt den Leser mit über den Markt und in seine Küche. Das Ganze zeugt von bewusstem Umgang mit Lebensmitteln sowie der eigenen Ernährung und macht Appetit. (cok)

Nächster Artikel