Hand hoch, wer an eine einmalige Aufholjagd des FC Barcelona glaubt

Der FC Barcelona muss die 0:4-Demütigung gegen den PSG drehen, wenn der Verein eine Runde weiterkommen will. Spricht etwas dafür? Der Glaube der Fans, Messi in Form und ein furioser 5:0-Sieg im letzten Spiel. Dass Paris schon mal Elfmeter übt, nährt die Hoffnung «auf eine einmalige Aufholjagd».

Football Soccer - Barcelona v Celta Vigo - Spanish La Liga Santander - Camp Nou stadium, Barcelona, Spain - 4/03/2017. Barcelona's Lionel Messi, Ivan Rakitic and Neymar celebrate a goal. REUTERS/Albert Gea

(Bild: REUTERS/Albert Gea)

Der FC Barcelona muss die 0:4-Demütigung gegen den PSG drehen, wenn der Verein eine Runde weiterkommen will. Spricht etwas dafür? Der Glaube der Fans, Messi in Form und ein furioser 5:0-Sieg im letzten Spiel. Dass Paris schon mal Elfmeter übt, nährt die Hoffnung «auf eine einmalige Aufholjagd».

«Remuntarem», heisst es am Zeitungskiosk, «Remuntarem», in der Bar. Seit Wochenbeginn ist Frühlingswetter in Barcelona und passend dazu schweben die eigentlich für ihren Pessimismus bekannten Fans des FC Barcelona auf einer Welle der Zuversicht. «Remuntarem» bedeutet: «Wir werden das aufholen». Es ist die Euphorie derjenigen, die sich schon am Ende sahen – und daher jetzt umso bedingungsloser glauben.

FC Barcelona vs. Paris Saint-Germain: Mittwoch, 8. März 2017, 20.45 Uhr, SRF 2.

«Remuntarem» – mit diesem Schlachtruf entliessen die Anhänger am Samstag auch die Mannschaft aus dem Camp Nou. Vorangegangen war ein 5:0 gegen Celta Vigo, genau das Ergebnis also, das es heute bräuchte, um in der Champions League das 0:4-Debakel aus dem Hinspiel bei Paris Saint-Germain umzubiegen.

Die Partie taugte über das Ergebnis hinaus als Mutmacher: Lionel Messi (zwei Vintage-Sololäufe) und Neymar (irres Lupfertor) hatten auf Showtime-Modus geschaltet, lange vermisste Identitätszeichen kehrten zurück. Barça war kompakt, handlungsschnell, präzise.

 

«Sehr nah an seinem maximalen Ausdruck … wenn es so spielt, hat es seine Optionen gegen Paris», urteilte Gäste-Trainer Eduardo Berizzo, derweil sein Gegenüber Luis Enrique die Mission Impossible flugs positiv umdefinierte, als Herausforderung: «Die Chance auf eine einmalige Aufholjagd.»

Seitdem verging keine Minute, in der die Stimmung nicht noch fiebriger geworden wäre. Äusserungen aus Paris werden dabei problemlos in das Narrativ eingebaut. Julian Draxler erinnerte daran, «dass schon manche Mannschaft in Barcelona 0:5 verloren hat». Zeichen der Angst! Lucas Moura verriet, der PSG habe im Training Elfmeterschiessen geübt? Erst recht!

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Flucht nach vorn, Pfeifen im Walde, erste Druckwelle – wie immer man seinen Auftritt bezeichnen wollte, die Geschichte spricht eine andere Botschaft. Zum einen scheiterte seine eigene Elf in ähnlicher Situation schon mal deutlich (1:1 nach 0:4 im spanischen Supercup 2015 gegen Athletic Bilbao).

In der Champions League wiederum bekam Barça – damals ohne den verletzten Messi und den krebskranken Trainer Vilanova – 2013 von den Bayern zum 0:4 auswärts gar noch ein 0:3 obendrauf gesattelt. Und insgesamt ist im Europapokal zwar schon mal ein 1:5 umgebogen worden (von Real Madrid 1985 gegen Mönchengladbach) und zweimal ein 2:6 – nie aber ein 0:4. Doch selbst darauf finden Optimisten eine Antwort.

Es habe ja noch nie so eine Fussballmannschaft gegeben und vor allem noch nie so einen Spieler. «Mit Messi ist alles möglich», titelte die klubnahe «Sport»: Er und seine Generation sollen ihrer Krone heute den letzten Zacken hinzufügen.

Football Soccer - Barcelona v Celta Vigo - Spanish La Liga Santander - Camp Nou stadium, Barcelona, Spain - 4/03/2017 - Barcelona's Lionel Messi gestures after scoring a goal. REUTERS/Albert Gea

Allein dass er in den drei Wochen nach Paris so einen Wunderglauben belebte, kann sich Luis Enrique hoch anrechnen. Dabei halfen: Eine Systemumstellung auf 3-4-3, wodurch das demontierte Mittelfeld wieder besser zur Geltung kommt; eine Krise beim Erzrivalen Real Madrid, immer gern als Aufputschmittel genommen und ausserdem die Tabellenführung wert; sowie natürlich seine Rücktrittsankündigung zum Saisonende.

Kurzfristige Impulse waren immer eher die Stärke dieses Trainers als langfristige Konzepte, auch daher leidet seine Mannschaft wohl unter so extremen Stimmungsschwankungen. In seiner ersten Saison stand er nach einem Streit mit Messi vor dem Rauswurf – am Saisonende gab es das Triple. In der zweiten verbaselte Barça in einem schwarzen April die Champions League und elf von zwölf Punkten Vorsprung auf Real in der Liga – rettete den einen dann aber doch ins Ziel. Sollte die Mannschaft wirklich auch diesmal noch die Kurve kriegen?

Fürs Erste steht in den Klub-Annalen weiter ein 3:0 samt anschliessendem Erfolg im Elfmeterschiessen nach 0:3 im Hinspiel aus dem Landesmeister-Halbfinal 1986 gegen den IFK Göteborg als legendärste Aufholjagd. Der dreimalige Torschütze von damals, Pichi Alonso, hat für die Messis und Iniestas ein paar unmissverständliche Tipps parat:

«Nichts mit Klapsen und Umarmungen vor dem Spiel … Böse Gesichter, wütende Gesten und Beissen auf dem Platz … Der PSG muss sich überfordert, erdrückt und verängstigt fühlen.»

 

Das Match-Telegramm vom Hinspiel:

Paris Saint-Germain–FC Barcelona 4:0 (2:0)
SR Marciniak (POL).

Tore: 18. Di Maria (Freistoss) 1:0. 40. Draxler 2:0. 55. Di Maria 3:0. 71. Cavani 4:0.

Paris Saint-Germain: Trapp; Meunier, Marquinhos, Kimpembe, Kurzawa; Verratti (70. Nkunku), Matuidi; Di Maria (61. Lucas), Rabiot, Draxler (86. Pastore); Cavani.
FC Barcelona: Ter Stegen; Sergi Roberto, Piqué, Umtiti; André Gomes (58. Rafinha), Busquets, Iniesta (73. Rakitic); Messi, Suarez, Neymar.
Bemerkungen: Paris Saint-Germain ohne Motta (gesperrt) und Thiago Silva (verletzt). FC Barcelona ohne Turan, Mascherano und Aleix Vidal (alle verletzt). Verwarnungen: 4. Rabiot (Foul). 33. André Gomes (Foul). 62. Busquets (Foul). 74. Rafinha (Foul).

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