Am Freitag erfährt der FC Basel, gegen wen er in der Gruppenphase der Europa League spielt (Auslosung ab 13.00 Uhr). Aber das ist im Moment nebensächlich. Jetzt geht es für den FCB darum, Antworten auf viele offene Fragen zu finden.
Fussball ist in seinen Grundzügen ein einfaches Spiel. Fussball kann aber auch verdammt kompliziert sein. Zum Beispiel, wenn man als Trainer des FC Basel erklären muss, warum es in diesem Jahr nicht in die Champions League gereicht hat. Warum der Auftritt der eigenen Mannschaft innerhalb einer Woche von dominant – sechzig Minuten im Hinspiel gegen den CFR Cluj – zu völlig hilflos erodiert ist. Und warum es nun am Sonntag gegen den FC Zürich trotzdem sofort wieder aufwärts gehen wird.
Es war nicht so, dass sich Heiko Vogel keine Zeit genommen hätte, um diese Fragen zu beantworten. Über 17 Minuten redete er am Donnerstag vor Gate B1 am Flughafen von Cluj-Napoca. Und er hätte auch noch weiter versucht, Erklärungen zu liefern, hätte nicht das Bodenpersonal zum Boarding gedrängt.
Der Eindruck aber blieb: Vogel hätte auch noch während des gesamten Rückflugs weiterreden können, ohne die schnelle Lösung für die derzeitigen Probleme des FCB zu präsentieren. Wie auch? Zu komplex ist das Thema. Da fehlten am Mittwoch in Cluj Valentin Stocker und Mohamed Salah, die Stürmer Alex Frei und Marco Streller gingen angeschlagen oder noch nicht fit in die Partie und die Neuzugänge Gaston Sauro und Marcelo Diaz riefen nicht jene Leistung ab, die für den Eintritt in die Sternenliga berechtigt.
Der Rückzug in die Komfortzone
Das sind alles Erklärungsansätze für den verpatzten Abend. Aber es sind auch alles Dinge, die im Profifussball immer wieder mal vorkommen. Der FCB hatte in der jüngeren Vergangenheit einige seiner bemerkenswertesten Auftritte mit so etwas wie dem letzten Aufgebot – zuletzt das 1:1 bei Benfica Lissabon 2011.
Vogel mäanderte bei seiner Einschätzung der Lage, nahm einerseits seine Spieler in Schutz («An der Einstellung hat es sicher nicht gefehlt»), um sie kurze Zeit später zu kritisieren: «Bis ans Äusserste zu gehen – das hat mir gefehlt. Das ist ein Stück Bequemlichkeit. Diesen Rückzug in die Komfortzone dulde ich nicht.»
Er stellte zunächst fest, es gebe «einige Eckdaten, die unser Spiel bestätigten» und meinte damit 65 Prozent Ballbesitz und dass die Uefa-Computer bei den Baslern mehr abgespulte Kilometer registriert hatten als auf der Gegenseite.
Gleich darauf forderte er aber: «Wir dürfen nicht so kategorisch spielen. Wir müssen unser Spiel auch mal anpassen.» Und sprach damit an, dass er sich auch mal einen Weitschuss gewünscht hätte, da seine Spieler ganz offensichtlich nicht in der Lage waren, sich bis in den Sechzehner zu kombinieren: «Wenn ich nie aufs Tor schiesse, kann ich auch nicht erwarten, dass der Ball reingeht.»
Wo soll der Aufbau beginnen? Vorne, hinten, bei den Neuzugängen?
Fast schien es so, als ob Vogel selbst noch nicht ganz in Worte fassen könne, was das für eine Phase ist, durch die seine Mannschaft derzeit geht. Es ist eine des Aufbaus, klar. Aber wo soll dieser Bau nun vorangetrieben werden? Vorne, wo der FCB gegen Cluj so zahnlos wirkte wie kaum einmal unter Vogel? Hinten, wo jedes Steilzuspiel des Gegners tiefe Risse im Gefüge offenlegt? Bei den Neuzugängen, die ihre Rolle im Team suchen? Am besten gleich überall gleichzeitig?
Und noch ein Anzeichen dafür, dass Vogel derzeit auf der Suche zu sein scheint: Am Dienstag, dem Tag vor dem 0:1 in Cluj, hatte er gesagt, er werde der Mannschaft keine Videos aus der vergangenen Champions-League-Saison zeigen: «Es ist schlecht, die Vergangenheit zu sehr in die Gegenwart einzubeziehen.» Am Donnerstag war er sich nicht mehr sicher, ob der Griff zur DVD mit den Wohlfühlmomenten vergangener Tage nicht doch ein probates Mittel sein könnte: «Ich weiss es noch nicht. Aber es ist eine Möglichkeit, die ich mir offen lasse.»
Nun muss es kein schlechtes Zeichen sein, wenn ein Trainer bereit ist, seine Ideen auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls zu korrigieren. Und Vogel sagt: «Ich habe kein Problem damit, vor der Mannschaft Fehler einzugestehen. Das ist für mich kein Zeichen von Schwäche sondern eines von Stärke.»
Die Werkzeuge hat Vogel – setzt er sie auch richtig ein?
Es ist das erste Tief, durch das Vogel als Cheftrainer einer Profimannschaft muss. Es wird interessant sein zu beobachten, wie sich der 36-Jährige schlägt. Die Werkzeuge, um dem rotblauen Gebilde wieder Stabilität zu verleihen, sollte er besitzen – aber wird er sie an den richtigen Stellen ansetzen?
Zumindest wird er bei seiner Arbeit Unterstützung erhalten. Jene Spieler, die letzte Saison in den höchsten Tönen von ihrem Trainer sprachen, werden ihn nun nicht fallen lassen. Noch während des Flugs nach Basel setzte sich Captain Marco Streller zu Vogel auf die freien Sitze der Business Class. Die zwei dürften einiges zu besprechen gehabt haben.
Frei geblieben waren die Plätze, weil FCB-Präsident Bernhard Heusler, Sportdirektor Georg Heitz und Geschäftsführerin Barbara Bigler nach Monaco statt nach Basel reisten. Dort werden am Freitag ab 13 Uhr die Gruppen der Europa League ausgelost. Auch in diesem Wettbewerb könnte der FCB auf attraktive Gegner treffen. Zu sehr damit beschäftigen sollten sich die Basler vorerst nicht. Für sie gilt es, zunächst die Hausaufgaben zu machen und in der Super League zurück auf die Spur zu finden.