«Ich bin keine Ware»

Sein zweiter Meistertitel, den er am Sonntag mit dem FC Basel gewinnen kann, könnte sein vorerst letzter in Rotblau sein. Granit Xhaka macht keinen Hehl daraus, dass er im Sommer ins Ausland gehen möchte. Nur kann er das nicht alleine entscheiden.

02.Apr.2012; Basel; Fussball U17 Weltmeister - Portrait Granit Xhaka vom FC Basel (Dominik Pluess/freshfocus) (Bild: Dominik Pluess/Freshfocus)

Sein zweiter Meistertitel, den er am Sonntag mit dem FC Basel gewinnen kann, könnte sein vorerst letzter in Rotblau sein. Granit Xhaka macht keinen Hehl daraus, dass er im Sommer ins Ausland gehen möchte. Nur kann er das nicht alleine entscheiden.

Am vergangenen Sonntag waren die Vertreter von Borussia Mönchengladbach wegen ihm in Basel. In trockenen Tüchern ist der Wechsel von Granit Xhaka vom FC Basel zum deutschen Bundesligisten deswegen noch nicht. Auch wenn der Mittelfeldspieler im Interview vor dem Heimspiel gegen Lausanne vom Sonntag, 29. April (16 Uhr) klar zum Ausdruck bringt, dass er im Sommer gerne wechseln würde.

Die Gespräche seien in «angenehmer Atmosphäre» verlaufen, sagt Bernhard Heusler zum Besuch der Gladbacher. Aber der Präsident des FC Basel lässt auch keine Zweifel daran aufkommen, dass das Angebot der Deutschen noch weit davon entfernt ist, was sich die Basler als Ablösesumme für den 19-jährigen Nationalspieler vorstellen: «Es besteht noch keine Verhandlungsbasis.» Unter zwölf Millionen Franken dürfte der FCB Xhaka kaum ziehen lassen.

Dasselbe gilt für den Hamburger SV. Auch die Hanseaten mit ex-FCB-Trainer Thorsten Fink haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sie Xhaka verpflichten können. Erst kürzlich hat der HSV beim FCB wieder sein grosses Interesse angemeldet – ohne allerdings eine mögliche Transfersumme in den Raum zu stellen.

Granit Xhaka, wird ein Meistertitel eigentlich entwertet, wenn man ihn einen Monat vor dem Ende der Saison einfährt? So ganz ohne Endspiel um den Pokal?

Es ist sicher anders als letztes Jahr, als wir wussten, dass uns der FC Zürich im Nacken sitzt. Aber es war von unserer Seite einfach eine gute Saison, wir sind verdient so weit vorne. Dass wir das trotz Dreifachbelastung geschafft haben, ist ein Kompliment an die ganze Mannschaft. Nicht nur an die ersten 18 im Kader.

Werden das nun Ihre letzten Meisterfeierlichkeiten mit dem FC Basel sein?

Schwierige Frage. Ich kann sagen, dass ich den nächsten Schritt machen will. Wenn es damit nicht klappt, spiele ich noch ein Jahr in Basel, ohne dass damit für mich eine Welt zusammenbrechen würde. Klar ist für mich eigentlich, dass ich zu keinem Team gehe, das nicht in einem internationalen Wettbewerb spielt.

Das heisst, der Hamburger SV hat schlechte Karten, Sie zu verpflichten?

Gut, ich mache keine Tür von vornherein zu. Ich möchte international spielen – wenn es nichts wird mit einem Transfer, dann mit dem FCB in der Champions League. Aber wenn es beim HSV für alle stimmen würde, für mich, den FCB, die Eltern, dann könnte er schon eine Option sein. Ich weiss, dass in Hamburg auf die neue Saison hin einige Spieler neu verpflichtet werden sollen.

Sie haben also noch engen Kontakt mit Trainer Thorsten Fink, seit er vom FCB zum HSV gewechselt ist?

Er lässt nicht locker. Mit Sportchef Frank Arnesen hat mehr mein Berater Andy Gross Kontakt. Ich habe Andy gesagt, dass ich mich auf den Fussball konzentrieren will.

Aber Sie haben auch schon gesagt, dass Sie sich mit Borussia Mönchengladbach einig seien?

Ja, aus meiner Sicht ist eine Einigung mit Gladbach, was meinen Vertrag betrifft, nahe. Jetzt geht es um die Ablösesumme, darum, wie viel der FCB für mich haben möchte. Trainer Lucien Favre hat mich vor einiger Zeit einmal angerufen. Und ich hatte auch schon Kontakt mit Sportdirektor Max Eberl. Aber das meiste läuft über Andy Gross.

Lucien Favre wäre aber schon ein Trainer, mit dem Sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen könnten?

Er ist einer, der auf junge Spieler setzt. Blerim Dzemaili oder Gökhan Inler haben dank ihm ihre Karriere gestartet. Er hat Gladbach vor einem Jahr übernommen, als sie fast abgestiegen waren, und jetzt spielen sie sicher in der Qualifikation zur Champions League. Ich habe grossen Respekt vor ihm als Trainer.

Zu was rät Ihnen denn Ihr Berater?

Schlussendlich ist es mein Entscheid, ich setze die Unterschrift unter den Vertrag. Es ist nicht ganz einfach. Thorsten Fink hat als erster auf mich gesetzt, er hat mich dahin gebracht, wo ich bin. Und Lucien Favre ist ein Trainer, mit dem ich gerne einmal zusammen arbeiten würde.

Das heisst, Sie befinden sich in einem Loyalitäts-Konflikt, weil Sie Thorsten Fink einiges zu verdanken haben?

Absolut, er hat auf mich gebaut. Obwohl ich gar nicht wusste, dass er so ein grosser Fan von mir ist. Das hat er mir in seiner Zeit in Basel gar nie so gesagt.

Was, wenn der HSV mehr bieten würde als Gladbach, Sie aber lieber zu Gladbach wechseln würden?

Ich gehe nicht einfach zu dem Club, der dem FCB mehr Geld bietet. Ich bin keine Ware. Aber der FCB war bisher immer sehr ehrlich mit mir und hat offen gesagt, wer wegen mir angeklopft hat.

Sie haben in Basel einen Vertrag bis 2015. Da ist es doch legitim, wenn der FCB eine Summe aufruft, unter der er Sie nicht gehen lässt?

Der FCB darf natürlich sagen, welche Ablösesumme er für mich haben will. Es müssen sich aber alle drei Parteien einig sein.

Der Fussball ist ein Business, in dem Sie als Spieler ganz gut verdienen können.

Das stimmt. Aber ich bin 19, ich will Spass, ich will weiterkommen. Wenn ich einmal ein gewisses Alter erreicht habe, werde ich schon vermehrt auf die Finanzen schauen. Aber jetzt geht es nicht in erster Linie darum.

Wird es Ihnen nicht schwindlig, bei den Summen, die nun wegen Ihnen im Raum stehen?

Wenn ich zurückblicke, ist es einfach anders. Wenn ich denke, dass ich vor zwei Jahren als 17-Jähriger einen Ausbildungsvertrag hatte mit 800 Franken Monatslohn. Jetzt sind das ganz andere Summen, ich habe meinen Vertrag mit dem FCB ja zweimal verlängert, da wurde auch der Lohn angepasst. Das ist einerseits ein Traum, den wohl jeder Bube träumt, der Profifussballer werden möchte. Und andererseits ist es nicht ganz einfach für einen 19-Jährigen, das gebe ich offen zu.

Und was, wenn sich der FCB und Gladbach oder der HSV nicht einigen können?

Ich wäre enttäuscht. Und ich würde gerne den Grund kennen.

Von wem wären Sie denn enttäuscht? Vom FCB, der sie nicht ziehen lässt – oder von Ihrem potenziellen neuen Club, der nicht bereit ist, genügend Kleingeld locker zu machen?

Je nach dem. Vielleicht sogar von beiden Seiten.

Zuvor aber geht es darum, die laufende Saison zu Ende zu spielen. Wie motivieren Sie sich in einer Liga, in der tatsächliche und drohende Konkurse sowie Punktabzüge die Schlagzeilen beherrschen – und weit und breit kein Herausforderer für den FCB in Sicht?

Wissen Sie, was mich wirklich enttäuscht hat?

Nein.

Dass nach dem 0:7 bei Bayern München geschrieben wurde, das sei eine Schande. Ich finde, es ist eine Schande, dass Clubs Pleite gehen. Die Bayern stehen nicht einfach so im Final der Champions League. Wir haben einen schwachen Tag erwischt und sie einen guten. Da kann man auch mal 0:7 verlieren, ohne dass es eine Schande ist.

Hat Sie dieses Spiel trotz – oder vielleicht gerade wegen – der herben Niederlage in Ihrer Entwicklung weiter gebracht?

Ich glaube, unsere Hoffnungen und Erwartungen vor dem Spiel waren zu gross. Wir waren uns nach dem 1:0-Sieg im Hinspiel zu sicher, dass wir auswärts ein Tor schiessen werden. Wir wussten nicht, wie mit der Situation umgehen, dass wir gegen einen Club wie München tatsächlich eine Chance haben könnten. Und nach dem Spiel fragst du dich: Was ist da passiert?

Das heisst, Sie konnten die Niederlage nicht einfach so abhaken?

Nein, ich brauchte schon ein paar Nächte, um das zu verarbeiten. Ich denke, man hat der Mannschaft diese Niederlage auch angemerkt. Ich fand, wir sind danach spielerisch in ein Loch gefallen. Zum Beispiel im Cup gegen Lausanne, da waren wir nicht gut. Das Bayern-Spiel hat uns im Kopf lange beschäftigt.

Umso eindrücklicher, dass der FCB trotzdem ungebremst zum Meistertitel rast. Und das womöglich einen Monat vor Meisterschaftsende. Was machen Sie eigentlich mit dem Rest der Saison, wenn Sie schon am Sonntag gegen Lausanne Meister werden?

Da müssen Sie wohl Heiko Vogel fragen. Oder nein: Wir können uns auf den Cupfinal konzentrieren.

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