«Ich gehöre nach Basel»

Fabian Frei ist nach zweieinhalb Jahren Bundesliga zurück beim FCB. Wir zeichnen nach, welche Erfahrungen der 29-Jährige aus Mainz mitbringt und wie er mit den Erwartungen umgeht. «Ich will vorneweg laufen», sagt er. Ausserdem stellen wir Samuele Campo drei Fragen.  

Der eine kommt dorther, wo andere gerne hin würden: Rückkehrer Fabian Frei leitete am Montag zum Trainingsstart schon wie selbstverständlich die Debattierrunde mit Renato Steffen, Taulant Xhaka und Michael Lang (von links).

Zu einem einstimmigen Lobgesang hoben die Verantwortlichen an, als sie am Montag Fabian Frei zurück im Schoss des FC Basel begrüssten. Nach 62 Spielen für den FSV Mainz 05 kehrt der Mittelfeldspieler, der mit dem FC  Basel fünfmal Meister und zweimal Cupsieger geworden war, ehe er 2015 in die Bundesliga wechselte, an den Ort heim, wo er erwachsen wurde.

FCB-Sportdirektor Marco Streller sieht mit Frei die Lücke geschlossen, die Matias Delgado als Persönlichkeit hinterlassen hat – das kreative Element soll mit der Zeit Samuele Campo beisteuern. Die Ballsicherheit Freis, dessen strategische Fähigkeiten und die Erfahrung verspricht sich Raphael Wicky als fussballerischer Mehrwert, und der Trainer erwartet ausserdem: «dass er den jungen Spielern hilft und ein Vorbild ist».

Wicky will Frei auch beiziehen, wenn es Gesprächsbedarf mit den Führungsspielern gibt, er hält jedoch auch klipp und klar fest: «An der Hierarchie – Captain, Vize-Captain – werde ich nichts verändern. Das bleibt, wie es bisher war.»

Sportchef Streller lieferte einen kleinen Einblick in die Genese dieser Rückholaktion: «Ich habe vor der Verpflichtung Kontakt mit Führungsspielern gehabt – und die waren durchs Band begeistert.» Was am Montag in der Medienrunde mit dem Spieler noch zur Sprache kam, zeichnen wir hier auf.

Fabian Frei über …

… zweieinhalb Jahre in der Bundesliga bei einem durchschnittlichen Verein, bei dem man eher froh ist, nicht abzusteigen:

Ich sehe die Zeit sehr positiv. Der FSV Mainz 05 war ein Top-Verein für mich, und meine Frau hat sich in Mainz auch sehr wohl gefühlt. Wir sind in der ersten Saison in die Europa League gekommen. Im zweiten Jahr ist es gegen den Abstieg gegangen, aber wir haben uns echt gut dagegen gewehrt, und ich hatte nie das Gefühl, dass wir es verdient hätten abzusteigen. Für einen Klub wie Mainz mit seinem Budget ist es auch keine Schande, mal weiter unten zu stehen.

… was er mitnimmt aus der Bundesliga:

Man merkt, dass Fussball in Deutschland einen noch höheren Stellenwert hat als in der Schweiz. Und ich habe gesehen, dass ich mich nicht verstecken muss, dass ich Bundesliga draufhabe. Fussballerisch und technisch-taktisch war ich auf gutem Niveau. Dass der Fokus in Deutschland noch etwas mehr auf dem Körperlichen liegt, wusste ich vorher – jetzt weiss ich es noch besser.

… die wichtigste Lehre, die er aus der Zeit in Mainz mitnimmt:

Nie den Kopf in den Sand stecken, weitermachen, auch in Situationen, in denen es nicht so läuft. Irgendwann wird man dafür belohnt. Ich habe viel dazugelernt, ich habe Rückschläge erlebt, auch durch Verletzungen, bin aber wieder zurückgekommen und habe immer meine Einsätze gehabt.

Das Leistungsprofil von Fabian Frei bei transfermarkt.ch

In der dritten Nachspielminute seines letzten von 62 Wettbewerbsspielen für Mainz 05 jubelt Fabian Frei am 16. Dezember 2017 über seine ersten Bundesligatreffer (zum 2:2-Endstand in Bremen) .

… sein grösstes persönliches Erfolgserlebnis in Mainz:
Das war der Abschluss. Mit einem Tor aufzuhören, mit der letzten Aktion ein Tor zu erzielen, das hat noch selten einer geschafft. So konnte ich mit einem guten Gefühl abschliessen und gehen.

… was er in Deutschland vermisst hat:

Feine Schoggi, die ist schon einmalig in der Schweiz. Es war Pflicht für alle Gäste aus der Schweiz, mir ein Stück Schokolade mitzubringen. Ansonsten sind Deutschland und die Schweiz nicht so verschieden. Ich habe mich schnell heimisch gefühlt.

«Der FCB ist sehr gut, kann einen wie mich aber noch gebrauchen.»

… wann sich die Rückkehr angebahnt hat:

Eigentlich war es zuletzt in jeder Transferperiode mal das Thema. Ich bin mit Pipi (Streller) befreundet, und da geht so ein Nachfrage, wie es einem geht, relativ schnell. In den letzten zwei Monaten war es dann so, dass ich ihm gesagt habe: Ich kann es mir vorstellen. 

https://tageswoche.ch/sport/alle-maechtig-gut-aufgestellt-beim-fcb/

… warum er die Zelte in Mainz abgebrochen hat, obwohl sein Vertrag noch eineinhalb Jahre lief:

Es hat einfach gepasst. Es war nicht so, dass mich Mainz unbedingt loswerden wollte. Ich habe die letzten vier, fünf Partien wieder gespielt, und ich glaube, ich hatte in der Mannschaft ein sehr gutes Standing. Aber ich habe mir auch gedacht: Der FCB ist sehr gut, kann aber einen wie mich noch gebrauchen. Ich gehöre nach Basel, mehr noch als nach Mainz. Mein Herz war immer in Basel, das habe ich auch nie abgestritten, wenn ich danach gefragt wurde. Ich bin hier zur Schule gegangen, habe schon in der Jugend für den FCB gespielt und viele Titel mit dem Klub gewonnen. Deshalb hatte ich immer das Gefühl, wieder zurückkommen zu wollen. Mit 29 bin ich in den besten Jahren. Ich will vorneweg laufen und bin in einem guten Alter, um damit anzufangen.

… über die WM-Teilnahme als Beweggrund für die Rückkehr:

Das hiess es plötzlich. Aber als ich in Basel gespielt habe, habe ich nie an einem grossen Turnier teilgenommen und in der Zeit in Mainz war ich bei der EM dabei. Natürlich hoffe ich, dass ich an der WM im Sommer dabei sein darf. Aber der Hauptgrund war es nicht.

Parallelziel Weltmeisterschaft: Fabian Frei (hier bei seinem Treffer gegen Ungarn im Oktober) im Nationaltrikot.

… die Lobeshymnen für ihn und den Erwartungsdruck:

Es gilt, mit guten Leistungen zu zeigen, dass ich zu Recht gelobt werde. Ich will das, was ich gut kann, auf den Platz bringen. Es ist ja nicht so, dass ich es  alleine reissen muss, ich bin einer von zehn und versuche meine Mitspieler so gut wie möglich zu unterstützen und die Bälle zu spielen, mit denen sie etwas Gescheites anfangen können. Und wenn ich daneben auch ein bisschen glänzen kann, ist das auch gut.

… den Erwartungsdruck:

Der Verein, die Verantwortlichen, die Fans – alle wissen, was ich kann. Der Druck wird schon ein bisschen grösser sein als damals, als ich gegangen bin. Dessen war ich mir bewusst, als ich unterschrieben habe, dafür bin ich parat und darauf freue ich mich extrem.

… eine Mannschaft, die im Herbst sehr gut funktioniert hat:

Ich freue mich, dass es nur zwei statt zwölf Punkte Rückstand auf YB sind. Das zeigt, dass die Mannschaft sich gefunden hat nach einem doch relativ grossen Umbruch im Sommer.

«Ich glaube, ich kann der Mannschaft auch eine Prise Humor geben.»

… seine Position in dieser funktionierenden Mannschaft:

Darüber mache ich mir keine grossen Gedanken, das entscheidet schlussendlich der Trainer und in erster Linie bin ich erst einmal froh, wenn ich auf dem Platz stehe. Ich will natürlich Verantwortung übernehmen. In welcher Position, das werden wir in der Vorbereitung diskutieren.

… was er der Mannschaft sonst noch bringen kann:

Ich bin ein aufgestellter, positiver Typ, und ich glaube, ich kann dieser Mannschaft eine Prise Humor geben.

Zwei, deren Herz für den FCB schlägt: Samuele Campo (links), Fabian Frei, die den FC Basel noch besser machen sollen.

… über die Captainbinde:

Das Ziel kann das nie sein, aber ich würde nicht nein sagen, wenn man mich eines Tages fragen würde. Wenn Marek Suchy noch zehn Jahre bleibt und einen guten Job macht, ist das absolut in Ordnung. Ich kenne ihn schon lange, wir verstehen uns sehr gut, und wer mich kennt, weiss, dass ich meine Meinung kundtue, egal, ob ich die Captainbinde am Arm habe oder nicht. Wer die Mannschaft auf den Platz führt, ist eigentlich zweitrangig.

… über seine Ziele mit dem FCB:

Das Wichtigste ist, die Meisterschaft zu holen, das war schon immer das Ziel beim FCB. Wir haben zwei Punkte Rückstand, das ist nicht mehr so viel wie auch schon, aber es sind zwei Punkte, die wir aufholen müssen. Das wird der Hauptfokus sein. Im Cup wollen wir in den Final kommen, und die Champions League sehe ich als Dessert. Wir wissen, was mit Manchester City auf uns zukommt, und wir wollen trotzdem das Maximum herausholen. Nach dem, was die Mannschaft bisher in der Champions League gezeigt hat, können wir mit einem sehr guten Gefühl in diese Spiele gehen.

«Ich muss mich erst einmal umhören, ob es noch jemanden gibt, der jassen kann – also: gut jassen.»

… über seine persönliche Entwicklung:

Es kann gut sein, dass ich reifer und ruhiger geworden bin und dass sich die Prioritäten neben dem Platz etwas verschoben haben, wenn man ein Kind daheim hat (seit März ist Frei Vater einer Tochter). Ich bin aber noch nie der Typ gewesen, der gross abhebt. Ich weiss, wie es läuft in Basel, und in Deutschland habe ich meinen Rucksack weiter gefüllt.

… über die Jassrunde, die er früher gepflegt hat, etwa mit Marco Streller, seinem heutigen Vorgesetzten:

Pokern scheint aktuell höher im Kurs zu stehen. Ich muss mich erst einmal umhören, ob es noch jemanden gibt, der jassen kann – also: gut jassen. Und Marco Streller behandle ich nicht als anderen Menschen. Wir haben immer ein respektvolles und gleichzeitig freundschaftliches Verhältnis gehabt. Natürlich ist er jetzt in einer anderen Position, und wir werden mehr darauf schauen, wie wir miteinander umgehen. Er ist der Chef und ich mache meinen Job.

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