An der Generalversammlung verweigern ihm die Mitglieder die Wahl in den Vorstand des FC Basel. Als Verwaltungsrat gehört Jean-Paul Brigger (59) ab dem 1. August zum Schweizer Meister. Im Interview erklärt der Walliser, wie er mit der Basler Fanthematik umgehen will, wie heute seine Beziehung zum ehemaligen Fifa-Präsidenten Sepp Blatter ist und wie er vielleicht weiterhin in gewissen Projekten der Fifa mitwirken kann.
Jean-Paul Brigger, wo haben Sie den Cupfinal zwischen dem FC Basel und dem FC Sion am 25. Mai erlebt?
Ich war beim Blue Stars/Fifa Youth Cup engagiert und habe das Spiel nicht live verfolgt.
Wussten Sie zum diesem Zeitpunkt schon, dass Sie beim FC Basel eine Führungsrolle übernehmen werden?
Es hatte sich abgezeichnet, dass Bernhard Burgener und ich uns verstehen. Wann sich das Engagement ergeben hat, weiss ich aber nicht mehr genau.
Präsident Burgener habe Ihnen mitgeteilt: «Du bist mein Mann.»
Das kann man so sagen, ja. Wir vertrauen uns gegenseitig und das schätze ich sehr. Wir trafen uns oft an Sportanlässen, die Beziehung entwickelte und intensivierte sich. Wir entdeckten die gleiche Wellenlänge, und so sagte ich mir: Das Engagement beim FC Basel ist eine Ehre, das packe ich an, es ist wunderbar für meine Karriere.
Was ist Ihre Verbindung zur Region Basel?
Ich bin viel im Ausland für meine Tätigkeit bei der Fifa. Da ist der FC Basel immer wieder ein Thema. Den Club kennt man auf der ganzen Welt, überall auf dem Globus ist eine Akzeptanz vorhanden. Und ich hoffe auch, dass in der Champions League jeder Schweizer Fan ist des FC Basel, ob er nun Anhänger des FC Zürich, FC Sion oder der Young Boys ist. Jeder in diesem Land, der etwas über den Tellerrand schaut, unterstützt einfach den Schweizer Club. Das ist meine Beziehung zum FC Basel.
Burgeners Konzept läuft unter dem Motto «Für immer rotblau» und es beinhaltet, mehr Basler Kolorit in den Verein zu bringen. Was können Sie da als Walliser beitragen?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Herkunft eine Rolle gespielt hat. Das Wallis gehört schliesslich auch noch zur Schweiz.
«Der Dialog ist immer wichtig. Bernhard Heusler hat die Fanthematik genial behandelt. Ich sehe das ähnlich und werde diesbezüglich keine grossen Änderungen anbringen.»
Was werden Ihre Aufgaben sein beim FCB?
Lassen Sie mir ein bisschen Zeit, momentan bin ich ja noch bei der Fifa. Ich werde am 1. August mit Enthusiasmus beim FC Basel beginnen und werde in der Zwischenzeit informiert, was in Basel läuft.
Mitentscheidend in Basel ist auch die Fanthematik, die der ehemalige Präsident Bernhard Heusler auf einem Weg des Dialogs behandelte. Dafür braucht es ein tiefes Verständnis für die Region. Wie wollen Sie als Walliser diese Aufgaben wahrnehmen?
Der Dialog ist immer wichtig. Und Bernhard Heusler hat diese Thematik genial behandelt. Ich sehe das sehr ähnlich und werde diesbezüglich keine grossen Änderungen anbringen. Man muss versuchen, sich mit diesen Menschen zu verstehen, sich mit ihnen zu befassen. Man muss den Fans zeigen, dass sie Teil des FC Basel sind. Es gibt überall Extreme, aber insgesamt sind die Zuschauer ja zuvorkommend. Alle wollen ein tolles Spiel sehen und die Probleme des Alltags vergessen.
Ihre Rolle beim FC Basel ist sehr kurzfristig bekannt geworden. Warum hat der FCB nicht früher kommuniziert?
Das müssen Sie mit Bernhard Burgener besprechen.
Noch kurzfristiger kam Ihre Nominierung für den Vorstand des Vereins, einen Tag vor der GV.
Da kann ich nicht mitreden, ich war ja im Ausland.
Aber man hat Sie darüber informiert, dass Sie für den Vorstand vorgeschlagen werden?
Kurzfristig ging da noch etwas. Aber ich möchte darauf nicht eingehen, ich bin in den Verwaltungsrat der FC Basel 1893 AG gewählt. Dass mich die Mitglieder nicht in den Vorstand gewählt haben, muss ich akzeptieren. Ich kann lediglich mein Bestes geben und werde versuchen, die Leute mit meinen Qualitäten zu überzeugen, damit sie mich wählen, sollte es irgendwann noch einmal eine Wahl geben.
Letzigrund 2007: Jean-Paul Brigger (rechts) im Gespräch mit Adrian Knup, damals Teammanager der Schweizer Nationalmannschaft – der eine verlässt den FC Basel, der andere gehört ab dem 1. August zum Schweizer Meister. (Bild: Freshfocus/Andy Mueller)
Für Sie hat die Nicht-Wahl also keine Konsequenzen?
Nein. Jeder Mensch hat das Recht, sich zu äussern. Ich kann den Menschen nur durch Leistung und Begeisterung für den Verein ein anderes Bild von mir vermitteln. Dass ich nicht gerade alles auf dem Silbertablett serviert bekomme, ist normal. Die Geschichte des FC Basel hat schliesslich nicht Jean-Paul Brigger geschrieben – das waren andere: Marco Streller, Alex Frei, Massimo Ceccaroni oder Karl Odermatt, das sind die Koryphäen. Dass die beliebter sind, gönne ich ihnen. Da habe ich keine Entzugserscheinungen.
Sie waren während der Generalversammlung in Südkorea. Haben Sie die Generalversammlung trotzdem mitverfolgt?
Nein, ich habe am nächsten Morgen mit Bernhard Burgener telefoniert und so alles erfahren.
» Unsere Berichterstattung zur Generalversammlung:
Erste Schlappe für Burgener | Was der neue Eigentümer des FCB dazu sagt
Können Sie sich vorstellen, warum die Mitglieder Sie nicht gewählt haben?
Ich habe gehört, dass über 726 für mich gestimmt haben, 460 dagegen und 315 haben sich enthalten. Es bringt nichts, das zu analysieren. Ich habe lieber am Anfang Gegenwind als die ganze Zeit danach. Ich akzeptiere das und versuche einfach, den Erfolg des FCB weiterzuführen.
Nicht ganz einfach.
Es ist sogar unheimlich schwierig. Was das Team um Bernhard Heusler geleistet hat, ist ja wahnsinnig. Aber es ist eine Herausforderung und wir packen das.
«Sepp Blatter hat mich damals angestellt bei der Fifa. Dafür bin ich ihm dankbar.» Jean-Paul Brigger (hinten links) im Kreis der grossen Namen des Weltfussballs: u.a. Sepp Blatter, dritter von unten rechts.
Macht Ihnen diese Aufgabe auch Angst?
Nein. Angst kann man vor einer Krankheit haben. Es ist Respekt. Und der ist richtig, Chapeau für die Leistung unserer Vorgänger. Aber diese Leistung ist für uns genial, sonst könnten wir jetzt nicht einen solchen Verein übernehmen.
An der Generalversammlung kippte die Stimmung bezüglich Ihrer Person, als die Begriffe «Fifa» und «Sepp Blatter» in einem Votum genannt wurden. Wie ist das für Sie?
Sepp Blatter hat mich damals angestellt bei der Fifa. Dafür bin ich ihm dankbar, das sage ich immer wieder. Danach bin ich meinen Weg gegangen. Man kann es anschauen, wie man will. Aber die Fifa hat nicht nur Probleme, sondern auch geniale Projekte. Ich habe diese Seite gesehen, unter anderem die hervorragende Ausbildung weltweit. Im Minimum 150 von 211 Verbänden brauchen die Hilfe der Fifa. In Sachen Finanzen, Ausbildung oder Weiterbildung. Da haben wir tolle Projekte gemacht, das kann ich nur unterstreichen. Viele Leute hätten ein anderes Bild, wenn sie das alles sehen würden. Wenn man in gewissen Ländern das Strahlen in den Augen der Kinder sieht, wenn man ihnen ein Trikot schenkt oder sie lehrt, im Leben Fuss zu fassen – einen grösseren Moment gibt es nicht. Es sind die Momente, die Kraft geben. Ich kann nur wiederholen, dass die Fifa sehr viel Gutes tut. Und dahinter stehe ich.
Was sagte denn Sepp Blatter zu Ihrem Engagement beim FC Basel?
Das müssen Sie ihn selbst fragen.
«Wenn wir mit dem FCB gut in die Gänge kommen und Ruhe haben, dann kann ich in gewissen Projekten bei der Fifa vielleicht weiterhin dabei sein.»
Sie werden beschrieben als «Blatters Ziehsohn». Wie ist heute Ihre Beziehung zum ehemaligen Präsidenten der Fifa?
Im Moment haben wir keinen Kontakt.
Geben Sie Ihre Stellung bei der Fifa auf, wenn Sie beim FC Basel arbeiten?
Ja, aber Fussball ist international. In gewissen Projekten ist es nur ein Vorteil, wenn ich weiterhin dabei bin. Das hängt aber stark davon ab, ob wir mit dem FCB erfolgreich in die Saison starten. Wir können hier und jetzt miteinander diskutieren, was wir wollen: Wenn wir keinen guten Start haben, ist der Teufel los. Wenn wir allerdings gut in die Gänge kommen und Ruhe haben, dann kann ich in gewissen Projekten bei der Fifa vielleicht weiterhin dabei sein. Aber jetzt bin ich erst einmal beim FC Basel.
Was wäre denn der Vorteil für den FC Basel, wenn Sie bei der Fifa weiterhin dabei sind?
Wir machen viele Ausbildungsprogramme, schicken beispielsweise Generalsekretäre zu den Verbänden oder technische Direktoren, um den kleinen Verbänden die Aufgaben aufzuzeigen: Wie man einen Nationalverband führt oder wie man an die Vereine herankommt zum Beispiel. Wenn alles gut läuft, ist diese Verbindung nur von Vorteil für den FC Basel. Er muss ja auch mit dem Schweizer Fussballverband und den internationalen Verbänden gute Kontakte haben.
Und Sie können der Mann sein, der diese Kontakte pflegt?
Im Moment sieht es danach aus.
Bernhard Burgener hat betont, dass er Sie vor allem wegen Ihres Netzwerks in der Führung des FC Basel haben möchte.
Ich hatte das Glück, mir dieses Netzwerk in der grossen Familie des Fussballs aufzubauen. Speziell in der Lage des FC Basel, der nun wahrlich keine kleine Erscheinung ist im Fussballgeschäft, kann das von Vorteil sein. Auf der ganzen Welt spricht man von diesem Verein, da muss sich doch jeder Basler glücklich fühlen. Und um diesen Club zu führen, braucht es Kontakte in die Welt. Das ist sicherlich ein Teil meiner Rolle.
«Wenn wir in Basel keinen guten Start haben, ist der Teufel los.»
Präsident Burgener sprach nicht nur von Kontakten zu Verbänden, sondern auch zu Grossclubs, mit denen er gegebenenfalls Spieler tauschen möchte. Was meint er damit?
Das können wir diskutieren, wenn es so weit ist.
Was ist ihre vertragliche Situation mit dem FC Basel?
Ich habe einen Zweijahresvertrag, der im gegenseitigen Einvernehmen verlängert werden kann.
Sie arbeiten beim FCB mit dem Walliser Trainer Raphael Wicky zusammen. Als die Wahl auf ihn fiel, zählten Sie in einem Interview auf, dass Bernhard Burgeners Familie aus dem Wallis kommt, dass Marco Streller ebenda Ski fahre, und Sie sagten: «Die Energie stimmt also beim FC Basel!» Was bedeutet das?
Wichtig ist zunächst, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass ich zum FC Basel wechsle. Das war noch in weiter Ferne. Ich sagte das ohne Hintergedanken und freute mich einfach für Raphael Wicky als normaler Fan des Schweizer Fussballs. Ich dachte, einer von uns kann beim FC Basel Trainer sein, das ist eine Ehre. Mir gefällt Wickys Weg: Er war ein Topstar, hat als Spieler eine geniale Karriere gemacht. Über die Juniorenabteilung bei Servette kam er zum FCB und hat sich den Posten des Cheftrainers erarbeitet. Das schätze ich sehr und ich dachte: Wenn einer diese Chance verdient hat, dann er. Zudem kennt er alle Junioren – das passt in die neue Philosophie.
Wicky wohnt in der Region. Ziehen Sie auch nach Basel? Es ist wunderschön hier.
(Lacht.) Das weiss ich. Ich werde das auch schätzen und sicher längerfristig in Basel eine Wohnung übernehmen. Das ist doch logisch.