Der Urner Roman Furger setzt die Schweizer Siegesserie am Engadin Skimarathon mit seinem Überraschungserfolg fort und folgt auf Dario Cologna und Remo Fischer.
Er jubelt, er strahlt, und Müdigkeit scheint ein Fremdwort für ihn zu sein. Roman Furger wird nach 42 Kilometer härtester Arbeit von Hochgefühlen getragen. «Genial», sagt er, «ein Sieg am Engadiner, davon träumte ich als Kind und jetzt ist er da, obwohl ich überhaupt nicht damit hatte rechnen dürfen.» Eine Klassierung in den besten 10 hatte dem 22-jährigen Urner als realistische Klassierung erschienen. Danach richtete er seine Rennstrategie aus. «Ich leistete keine Führungsarbeit, hielt mich im steifen Gegenwind im Windschatten breiter Rücken, versuchte aber, mich stets in den Toppositionen einzureihen.»
Zusätzlich aufgebaut hatte sich Furger am Freitagabend mit einem starken zweiten Platz am Nachtsprint in St. Moritz hinter Sprint-Spezialist Martin Jäger. «Das war für mich Beweis, dass die Form stimmt», sagte er. Zudem stimmten beim diesjährigen Dritten der U23-Weltmeisterschaften das Körpergefühl und das Material (schnelle Ski). Und als er auch noch in der «welligen Schlussphase gute Beine» hatte, begann sich sein Killer-Instinkt bemerkbar zu machen.
In der letzten Abfahrt zum Zielstadion hinunter leistete er einige besonders kräftige Bein- und Stockstösse. Er übernahm die Führung und erarbeitete sich gar einen Vorsprung. Nun galt es noch das Schluss-S und die Zielgeraden zu überstehen – den grossen Triumph vor Augen. Und «obwohl diese Zielgerade nie enden wollte», rettete er drei Zehntel über die Ziellinie.
«Tolles Signal des Schweizer Langlaufs»
Erster Geschlagener war Curdin Perl, der erst am Vorabend vom Holmenkollen (Aufgabe im 50 Kilometer-Rennen) ins Engadin eingeflogen war. Er konnte mit seinem zweiten Rang aber gut leben: «Noch beim Start hätte ich keinen Fünfer auf dieses gute Schlussergebnis gewettet.» Doch plötzlich verfügte er auf dem Heimterrain wieder über Kräfte. Dass es nicht zum Sieg gereicht hatte, störte ihn wenig. Vielmehr lobte er seinen jungen Teamkollegen für dessen Leistung. Er selber habe den zweiten Rang gewonnen, nicht den ersten verloren. Das sei ein «versöhnlicher Abschluss einer verkorksten Saison.»
Und ebenfalls keine Frustration sprach aus den Worten von Vorjahressieger Fischer (5.). Vielmehr wertete er das Resultat als «tolles Signal des Schweizer Langlaufs». Er hatte seine eigenen Ambitionen früh abgeschreiben: «Bei diesem Gegenwind musste man sich verstecken, Kräfte schonen und auf den Sprint verlassen.» Sein Pech aber: Als Sprinter hat er sich noch nie sonderlich in Szene zu setzen vermögen.
Bei den Frauen gabs nur fast einen Schweizer Sieg
Bei den Frauen verhinderte Anouk Faivre Picon (Fr) einen Schweizer Sieg ganz knapp. Während vieler Kilometer hatte die Weltcup-Spezialistin wie die sichere Anwärterin auf den Tagessieg ausgesehen. Doch auf den letzten Kilometern machte die vierköpfige Verfolgergruppe mit Seraina Boner, Natascia Leonardi Cortesi, Vorjahressiegerin Antonella Confortola (It) und Stephanie Santer (It) Sekunde um Sekunde und Meter um Meter gut. Doch als sie praktisch den Anschluss an Faivre geschafft hatten, konterte diese. «Ich will nicht um den Lohn meiner Arbeit gebracht werden,» sagte sie sich. Es war die knappste Entscheidung bei den Frauen in der Geschichte des Klassikers.
Insgesamt starteten 11’728 Läuferinnen und Läufer zum bedeutendsten Volkslanglaufrennen Mitteleuropas. Dank konstant tiefer Temperaturen fanden auch die weniger schnellen unter ihnen bis am Schluss hervorragenden Bedingungen vor.
Zur Rangliste des Engadiners geht es hier.