In der Bundesliga tobt der Kampf ums liebe Geld

Wie sollen die vielen Millionen, die über die Fernsehrechte in den Profifussball fliessen, verteilt werden? Darüber streiten die Klubs der ersten und zweiten Bundesliga wieder einmal. Nun sorgt aber ein Vorstoss des FC St. Pauli für einen weiteren Streitpunkt.

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(Bild: Imago)

Wie sollen die vielen Millionen, die über die Fernsehrechte in den Profifussball fliessen, verteilt werden? Darüber streiten die Klubs der ersten und zweiten Bundesliga wieder einmal. Nun sorgt ein Vorstoss des FC St. Pauli für einen weiteren Streitpunkt: Investoren sollen abgeschreckt und Klubs wie Bayer Leverkusen, der VfL Wolfsburg oder 1899 Hoffenheim schlechter gestellt werden.

Alle paar Jahre, wenn eine neue Ausschreibung der Rechte für die Berichterstattung über die Fussball-Bundesliga bevorsteht, erhebt Karl-Heinz Rummenigge die Stimme und fordert mehr Geld. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München will unbedingt langfristig mit den grössten Klubs des Kontinents mithalten, «wir haben mit grosser Mühe einen Status in Europa aufgebaut, diese Rolle werden wir nicht aufgeben», sagt er in einem Interview mit dem «Kicker» und fordert ab 2017, «mehr Seriosität und Gerechtigkeit in den Verteilermechanismus einzuführen».

Bisher wird das Fernsehgeld alleine nach dem sportlichen Abschneiden während der zurückliegenden fünf Jahre verteilt, diskutiert wird nun über die Einführung weiterer Faktoren: Einschaltquoten des jeweiligen Klubs im Bezahlfernsehen beispielsweise oder die Auslastung des eigenen Stadions, und mittlerweile finden viele Erst- und auch einige Zweitligisten solche Veränderungen ziemlich verlockend.

Die Verteilung der Fernsehgelder in der Bundesliga:
(Mehr dazu unter » fernseh-geld.de)

Wahrscheinlich ist daher, dass am Mittwoch auf der Mitgliederversammlung der Vereine und Kapitalgesellschaften des Ligaverbandes DFL eine Arbeitsgruppe gebildet wird, die mögliche Varianten einer Umgestaltung des Verteilerschlüssels entwickelt.

Das ist der einfache Teil der Debatte. Im Hintergrund tobt aber ein weiterer Kampf, der schon lange eher leise geführt wird und den der FC St. Pauli mit seinem provokanten Antrag auf eine grosse Bühne gehoben hat.

Der FC St. Pauli will Investoren abschrecken

Die Hamburger haben vorgeschlagen, in einem neuen Verteilerschlüssel die sogenannten Investorenklubs, die aufgrund einer Ausnahmegenehmigung gegen die 50+1-Regel verstossen, von der Verteilung der TV-Gelder auszuschliessen. Die 50+1-Regel verbietet, dass Kapitalanleger die Stimmmehrheit an den Vereinen der ersten und zweiten Liga übernehmen.

Ausgenommen sind allerdings der VfL Wolfsburg und Bayer Leverkusen als Töchter der Konzerne VW und Bayer, die TSG Hoffenheim, die sich im Besitz des Unternehmers Dietmar Hopp befindet und ab 2017 auch Hannover 96. Denn Anfang des Jahres wurde die 50+1 Regel modifiziert, seither dürfen Investoren, die 20 Jahre lang in einem Klub aktiv waren, Mehrheiten halten. Das ebnete Hoffenheim und Hannover den Weg in die Ausnahme. Und öffnete die Büchse der Pandora.

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Daher spricht Andreas Rettig, der Geschäftsführer des FC St. Pauli, von einer «Weggabelung», an der der deutsche Fussball sich befinde. Die 20-Jahres-Regelung verstösst nämlich in den Augen vieler Juristen gegen EU-Recht. Sollten Investoren, die wie der Chemie-Riese Evonik bei Borussia Dortmund, der Sportartikelkonzern Adidas beim FC Bayern oder das Investment-Unternehmen KKR bei Hertha BSC nach drei oder fünf Jahren Mehrheiten am jeweiligen Verein übernehmen wollen und mit diesem Ansinnen vor Gericht ziehen, würden sie wohl gewinnen.

«Es geht uns im Wesentlichen um die Stärkung von 50+1», sagt Rettig in einem Interview im Bezahlfernsehen «Sky», «wenn wir dieses hohe Gut erhalten wollen, müssen wir etwas dafür tun.»

Investorenklubs sollen weniger TV-Geld erhalten

Die Hamburger Idee besteht nun darin, mögliche Investoren abzuschrecken, indem Klubs, die von der 50+1-Regel ausgenommen sind, spürbar weniger TV-Geld bekommen. Das schreckt Investoren ab, die damit kalkulieren, an die Fleischtöpfe des Fussballs heranzukommen, und der dickste Topf ist der mit dem TV-Geld.

» Die 50+1-Regelung des deutschen Profifussballs

Rettig fordert die Erst- und Zweitligisten daher auf, «die Stimme zu erheben und zu sagen: Wir bekennen uns zu 50+1», was in der Konsequenz hiesse, die Investorenklubs im neuen Verteilerschlüssel zu benachteiligen. Denn wenn 50+1 tatsächlich vor einem Gericht kippt, dann ist die Verteilung der TV-Gelder die einzige Möglichkeit, Mehrheitsübernahmen von immer mehr Investoren unattraktiv zu machen. 50+1 werde «immer weiter ausgehöhlt» sagt Rettig, und «wenn fremde Dritte immer mehr Einfluss nehmen, dann haben wir keinen guten Weg».

Das Pro und Contra zum fremden Geld

In der Öffentlichkeit teilen fast alle Bundesligafunktionäre diese Haltung, in Wahrheit jedoch liebäugelt so mancher Klub mit den finanziellen Möglichkeiten, die sich mit dem Verkauf von Anteilsmehrheiten eröffnen würden. «Mit der Hilfe von Investoren bietet sich für viele Vereine die einzige Möglichkeit, die grosse Kluft zu den international spielenden Vereinen zu verringern und national mehr Wettbewerbsfähigkeit im Kräfteverhältnis mit dem FC Bayern zu ermöglichen», spricht der ehemalige Trainer und Manager Felix Magath im «Express» offen aus, was viele denken.

Rettig hält dagegen, dass bei Investoren fast immer «andere Interessen dahinterstecken als der Sport», ein Geldgeber will schliesslich Rendite, und der Blick nach England zeige, «wie viele Vereine dort investorengetrieben Verluste machen».

» Wie der FC St.Pauli seinen Vorstoss erklärt – eine Mitteilung auf der Klub-Website

Die Frage, ob Investorenklubs künftig im Verteilerschlüssel schlechter gestellt werden, ist daher viel existenzieller für den deutschen Profifussball als neue Regelungen, die die zweite Liga künftig nicht mehr an weiteren Einnahmesteigerungen beteiligen oder Traditionsvereinen aufgrund hoher Einschaltquoten einen grösseren Teil des Kuchens zuteilen.

Um wie viel Millionen geht es in der Bundesliga?

Über 600 Millionen Euro an Erlösen aus der zentralen Vermarktung der TV-Rechte werden pro Jahr an die 36 Profiklubs der Bundesliga ausgeschüttet. Konkret sieht es so aus:
• 2014/15: 642 Millionen (1. Bundesliga: 513,6 | 2. Bundesliga: 123,4)
• 2015/16: 663 Millionen (531 | 132)
• 2016/17: 673 Millionen (539 | 134)

Für die nächste Vertragsperiode fordert Karl-Heinz Rummenigge über eine Milliarde an TV-Einnahmen. Der Vorstandschef des FC Bayern München droht gerne mit der Einzelvermarktung, die seinem Klub rund 200 Millionen Euro einbringen würde, also das Vierfache des jetzigen Betrags.

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