David De Gea bleibt Torhüter von Manchester United. Gegen seinen Willen, weil ein Transfer zu Real Madrid wegen verspätet eingereichter Dokumente scheiterte. Damit wird auch seine sportliche Zukunft unsicher.
Am Samstag, beim ersten Ligaheimspiel des Jahres, feierte das Estadio Santiago Bernabéu einen Torhüter. Einstimmig – was insofern bemerkenswert war, als es seit dem Zerwürfnis von Klublegende Iker Casillas mit Ex-Trainer José Mourinho immer sehr verschiedene Meinungen gegeben hatte über Real Madrids wichtigsten Wachposten.
Zermürbt von Pfiffen und Debatten, wechselte Casillas im Sommer nach Porto. Statt seiner rückte Keylor Navas zur Nummer eins auf. Beim 5:0-Sieg gegen Aufsteiger Betis Sevilla stahl er dem einschussbereiten Gäste-Stürmer Rubén Castro den Ball vom Fuss und parierte ihm später noch einen Strafstoss.
Das Publikum jubelte, und als Vize-Kapitän Marcelo gefragt wurde, welches von Reals Toren ihm am besten gefallen habe, antwortete er: «der gehaltene Elfmeter».
Die «Lachnummer»
Sogar im königlichen Teil von Madrid dürften sich einige Menschen also gefreut haben über die erstaunlichste Nachricht des internationalen Transferfinals. Bei der Konkurrenz können sie ja sowieso nur grinsen über diese «Lachnummer», wie selbst die klubnahe «Marca» das Geschehen der Nacht betitelte.
Reals Versuch, Navas gegen Manchester Uniteds Keeper David De Gea einzutauschen, scheiterte an den Transferfristen. Erst 28 Minuten nach Mitternacht gingen die relevanten Unterlagen bei der spanischen Liga ein – obwohl ein ganzer Sommer dafür Zeit war.
Wegen des gescheiterten Wechsels auch in Zukunft möglich: David De Gea hält den Schuss eines Real-Spielers (hier von Fabio Coentrao, der inzwischen zur AS Monaco gewechselt ist). (Bild: Reuters/Juan Medina)
Bereits im Frühling hatte Real eine Vorvereinbarung mit De Gea getroffen: Der 24-jährige Spanier, auch in der Nationalelf als Casillas’ Nachfolger auserkoren, verpflichtete sich darin auf ein sechsjähriges Engagement in seiner Geburtsstadt.
Die Sturheit van Gaals
Angebote von United, seinen im Sommer 2016 auslaufenden Vertrag zu verlängern, lehnte er ab. Eine Verbannung von Trainer Louis van Gaal nahm er stoisch hin. Die Drohkulisse, ihn ablösefrei zu verlieren, würde schon für Bewegung bei den Engländern sorgen.
Und so gab es zwar täglich neue Prognosen in der Seifenoper des Sommers – aber erst am Montag, dem letzten möglichen Transfertag, das erste offizielle Angebot aus Madrid.
Den Spieler kirre zu machen und damit dessen Verein an den Verhandlungstisch zu zwingen ist klassische Methode am Königshof – erprobt von Zinédine Zidane über die Ronaldos und David Beckham bis zuletzt Gareth Bale. Diesmal scheiterte sie zunächst an der Sturheit van Gaals, der an De Gea ein Exempel statuieren wollte.
Navas und die dauerhafte Chance in Reals Tor
Als dann am Montagnachmittag doch noch Einigkeit erzielt wurde, scheiterte sie offenbar auch an Navas, den United im Gegenzug erhalten sollte, zusätzlich zu rund 15 Millionen Euro. Navas’ Anwälte verhandelten bis spät am Abend noch einige Vertragsklauseln. Real liess verbreiten, die Unterlagen seien trotzdem um 23.59 Uhr bei der Fifa eingegangen. Für De Geas Spielberechtigung ist jedoch die spanische Liga verantwortlich.
Und so könnte die Peinlichkeit grösser kaum sein. Von einer «Florentinada» schreibt «As», einem Patzer des Präsidenten Florentino Pérez – weil dessen typische Strategie gescheitert ist, aber auch weil seine ganze Idee des Torwarttausches von vornherein wenig Begeisterung hervorrief. Abgesehen davon, dass die Fans in dem bei Lokalrivale Atlético aufgewachsenen De Gea nicht auf Anhieb ihren neuen Heiland zu erkennen vermögen und er im nächsten Sommer ja ablösefrei gewesen wäre, herrscht weithin die Auffassung, dass sich Navas eine dauerhafte Chance im Real-Tor verdient habe.
Die grosse Gefahr für De Gea
Der als bester Torwart der WM 2014 ausgezeichnete Costaricaner überzeugt Anhänger und Mitspieler nicht nur durch seine Paraden, sondern auch durch seine würdevolle Professionalität – obwohl ihm ja nicht gerade freundlich mitgespielt wurde.
De Gea hat auch schon gegen den FC Basel gespielt – und wurde dabei von Alex Frei aus der Strafdistanz bezwungen. (Bild: Keystone)
Bei ihm zu Hause in Costa Rica feierten sie das bürokratische Versagen als einen Akt höherer Gerechtigkeit. Navas bleibt jetzt Real-Keeper – allerdings nicht aus Überzeugung seiner Vorgesetzten, sondern wegen deren Dilettantismus.
Nicht mal er hat gewonnen in einer Farce, die letztlich nur Verlierer produzierte, allen voran De Gea, der aus seinem Exil zurück in Uniteds Team finden müsste, um nicht jede Spielpraxis, die Teilnahme an der EM 2016 und damit wohl auch das Selbstvertrauen einzubüssen. Die Entschädigung über fünf Millionen Euro, zu der sich Real angeblich im Falle eines Transferscheiterns diesen Sommer verpflichtete, wird da wenig helfen.
Deadlines nehmen die Fussballbehörden sehr ernst
Darüber hinaus zeigt der Fall einmal mehr, dass viele Regularien ihr Papier nicht wert sind. Eigentlich muss bis ins letzte halbe Jahr vor Vertragsablauf erst mit dem Verein und dann mit dem Spieler verhandelt werden. Wie viele Klubs haben sich die Madrilenen darum nie gross geschert.
Seit Montag wissen sie jedoch: Zumindest das Thema Deadline wird von den Fussball-Behörden sehr ernst genommen.
Real Madrid äussert sich auf der Internetseite des Vereins zum geplatzten Wechsel. Dabei sind folgende Punkte hervorzuheben:
- Manchester United habe sich erst am Montag erstmals zu Verhandlungen bereit erklärt. United habe dabei auf der Einbeziehung von Keylor Navas in dem Geschäft bestanden und erklärt, bereits im Kontakt mit dessen Beratern zu stehen.
- Real habe United um 13.39 Uhr die unterschriftsreifen Verträge geschickt und sie um 21.43 Uhr mit Änderungswünschen zurück erhalten, denen sofort entsprochen worden sei. Um 23.32 Uhr habe Real dann die unterschriebenen Verträge nach Manchester geschickt, das um 23.53 Uhr die finale Einigung mit den Beratern von Keylor Navas erzielt habe und daraufhin diesem den Vertrag zur Unterschrift zugeschickt habe.
- Um 0.00 Uhr habe United die vollständigen Daten und Dokumente im Transferssystem der Fifa (TMS) eingegeben und sie gleichzeitig an Real geschickt. Um 0.02 Uhr habe sich Real daraufhin in das TMS einloggen wollen, aber dies sei schon geschlossen gewesen. Um 0.26 Uhr habe Real eine Einladung des TMS erhalten, die Daten für den Spieler De Gea zu vervollständigen (gleichbedeutend mit einer Bestätigung). Daraufhin habe es die Verträge an die spanische Liga geschickt (wo sie um 0.28 Uhr eingingen).
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David De Geas beste Taten: