Die Region Basel mausert sich im Jahr 2015 zum beliebten Austragungsort hochkarätiger Schachturniere. Nach dem Schachfestival vom Januar folgt nun ab Mittwoch das Bundesturnier in Münchenstein. In Abwesenheit des Schweizer Titelverteidigers buhlen einige internationale Cracks um den Sieg.
Noch bevor in Münchenstein der erste Bauer verschoben wird, steht bereits eines fest: Die Schweiz wird am Sonntagabend einen neuen Bundesmeister im Schach küren. Vorjahressieger Nico Georgiadis wird seinen Titel aus terminlichen Gründen nicht verteidigen können, logisch, dass diese Lücke die Spekulationen um die Nachfolge befeuert.
Nach dem Schachfestival Basel vom vergangenen Januar, markiert das Bundesturnier des Schweizerischen Schachbunds (SSB) bereits das zweite grosse Highlight im helvetischen Schach-Kalender, das im Raum Basel ausgetragen wird. Verantwortlich dafür zeichnet der Schach Club Birseck (SKB), der sich mit der Austragung des Turniers für seine erfolgreiche Vereinsgeschichte gleich selbst beschenkt: Der SKB feiert in diesem Jahr seinen 75. Geburtstag.
Bester Teilnehmer: Andrej Istratescu
Zu mehr als dem inoffiziellen Titel «Gewinner der Herzen» dürfte es dem Heimclub auf sportlicher Ebene aber nicht gereichen, der SKB war im vergangenen Jahr in die 1. Liga abgestiegen. Um sich ein Bild vom Kreis der Favoriten zu machen, erweist sich ein Blick auf die Elo-Rangliste als aufschlussreich, sie fungiert als Ranking aller aktiven Schachspielerinnen und Schachspieler weltweit.
Der mit 2643 internationalen Elo-Punkten beste Teilnehmer des Bundesturniers heisst Andrej Istratescu, die 118 der Weltrangliste. Zusammen mit Christian Bauer (2624 Elo-Punkte) und Mihajlo Stonjanovic (2553) zählt er zu den Favoriten des Turniers. Aus Schweizer Sicht dürfen sich Joseph Gallagher (2466) und Goran Milosevic (2353) zum erweiterten Favoritenkreis zählen, wobei die Nationalität der Spieler beim bunt durchmischten Teilnehmerfeld eigentlich zur Randnotiz verkommt.
Hohe Leistungsdifferenz zwischen den Teilnehmenden
«Im Prinzip kann jeder am Bundesturnier mitspielen», erklärt Bruno Zanetti, Vereinspräsident des SKB und Mitorganisator des Events. «Die Spielerinnen und Spieler müssen keine Norm erfüllen und nicht Mitglied des Schweizerischen Schachbunds sein, das zeichnet uns aus und macht uns für die Teilnehmer so attraktiv.»
Zanetti charakterisiert das Bundesturnier als «Wettkampf für Jedermann», egal ob Profi, Amateur oder Anfänger. Dadurch unterscheide es sich auch von anderen Events wie etwa dem Basler Schachfestival, das zumindest im Hauptfeld mit internationalen Top-Cracks aufwarten kann.
Grossmeister Yannick Pelletier als Gast
Yannick Pelletier im Interview (beim Schachfestival 2012 in Basel): «Manchmal nervt der Computer»
Aber auch in Münchenstein wird der Vergleich mit einem der ganz Grossen möglich sein: Der Schweizer Grossmeister Yannick Pelletier wird am Mittwochabend ein Simultanturnier mit 20 Teilnehmenden bestreiten. Pelletiers Auftritt bildet gleichzeitig den Auftakt des Turniers, zu dem der Romand allerdings nicht antreten wird: Der Wahlfranzose ist im vergangenen Jahr Vater geworden und hat sein Pensum seither reduziert.
Und so bleibt den Teilnehmenden die Vorfreude und dem Heimteam ein Fünkchen Hoffnung, mit dem Titel des Bundesmeisters das Jubiläum perfekt zu machen. Denn wie bei jedem Sport gilt auch beim Schach: Manchmal schlägt die Tagesform selbst haushohen Favoriten ein Schnippchen.
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» Das Bundesturnier findet vom Mittwoch, 13. Mai, bis Sonntag, 17. Mai, statt. Für das Simultanturnier am Mittwoch gegen Yannick Pelletier sind noch Plätze frei (Kuspo Bruckfeld, Münchenstein). Interessenten für das Bundesturnier können sich noch bis Donnerstag um 11.30 Uhr anmelden.
Dass neben der Schweizermeisterschaft im Schach auch noch ein Bundesturnier ausgetragen wird, ist eine Reminiszenz an die Zeit vor 1995, als der Schweizerische Arbeiterschachverbund SASB und der Schweizerische Schachverein SSV noch nebeneinander existierten und ihre je eigenen Meisterschaften austrugen. Heute bildet der Schweizerische Schachbund den Dachverband aller Schachspielenden, die Schweizermeisterschaft (9. bis 18. Juli in Leukerbad) ist vom Prestige her noch etwas höher einzustufen als das Bundesturnier.