Seit dieser Saison ist Ivan Ergic ohne Verein. Unglücklich ist der ehemalige FCB-Captain deshalb nicht. Im Gegenteil: Er studiert in Belgrad, veröffentlicht demnächst poetische Werke aus seiner Feder, und was ihn im Fussball noch einmal herausfordern könnte, wäre ein Abstecher nach China.
Plötzlich ist er wieder aufgetaucht. Am Samstag sass Ivan Ergic neben Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld im St.-Jakob-Park und hatte seine Freude am FC Basel. «Ein bisschen Glück gehabt in der ersten Halbzeit, in der zweiten das Spiel souverän kontrolliert», sagte der ehemalige Mittelfeldspieler und Captain des FC Basel über den 1:0-Erfolg des FCB im Spitzenspiel gegen die Young Boys.
Nach der Partie machte er sich an der Seite von Valentin Stocker auf zur FCB-Kabine. Auf dem Weg durch die Katakomben de Stadions kreuzten sich die Wege mit seinem früheren Trainer Christian Gross. Die Begegnung fiel ähnlich unterkühlt aus wie die ganze Rückkehr von Gross an dessen einstige Wirkungsstätte. Zehn Jahre waren Gross und Ergic für den FCB engagiert, und es ist kein Geheimnis, dass sie beide das Heu nicht auf der gleichen Bühne hatten, sondern eine Zweckgemeinschaft bildeten.
Die Episode Bursa
Für den 57-jährigen Gross ist der Fussball nach wie vor der Lebensmittelpunkt, Ivan Ergic dagegen, der am 21. Januar 30 Jahre alt wird, entfernt sich gerade vom Profidasein. Nachdem sein Vertrag beim FCB im Sommer 2009 nicht mehr verlängert wurde, erlebte er in Bursa zwei intensive Jahre, gekrönt von der sensationellen türkischen Meisterschaft und der Champions-League-Teilnahme vergangene Saison.
Bursaspor hat Ergic den Rücken gekehrt, als er im Frühjahr eine ungute Entwicklung spürte. Der Präsident sass zwischenzeitlich in Untersuchungshaft wegen Unregelmässigkeiten beim Bau des neuen Stadions. Und Trainer und Ergic-Förderer Ertugrul Saglam ist mit der Mannschaft, in der es eine hohe Fluktuation gab, in der SüperLig auf Platz 12 abgerutscht.
Seither verbringt Ergic die meiste Zeit in seiner serbischen Heimat. Einst war er das Wunderkind des australischen Fussballs, das von Juventus Turin verpflichtet wurde, beim FC Basel erst geparkt und dann für sehr lange Zeit zu einer der herausragenden Spielerpersönlichkeiten in der jüngeren Geschichte der Rotblauen wurde. Diese Karriere neigt sich nun dem Ende zu. Mit Fussball hatte Ergic zuletzt zu tun, als er in der Rolle des ehemaligen Nationalspielers im serbischen Staatsfernsehen in einer Expertenrunde zu einem Länderspiel sass.
Verhandlungen in Sofia
Es müsste nun noch einmal eine Herausforderung entstehen, die seinen sportlichen Ehrgeiz anstachelt. Am Montag wird Ergic in Sofia mit dem bulgarischen Rekordmeister CSKA reden, aber es scheint ihn nicht mit aller Macht dorthin zu ziehen. Ums Geldverdienen geht es Ergic auch nicht mehr. Ein Engagement in der amerikanischen Major League Soccer hat er in Erwägung gezogen, aber am meisten würde den Freigeist ein Abenteuer in Chinas Fussball reizen. Anfragen aus der Schweizer Super League hat Ergic dankend abgelehnt. Da fühlt er sich zu sehr im Wort, dass es ausser dem FC Basel keinen anderen Club in der Schweiz für ihn geben kann.
Wie auch immer: Ein paar Kilo zugelegt hat Ivan Ergic, und es geht ihm blendend. Er hat sich in der serbischen Hauptstadt an einer Privathochschule in Philosophie eingeschrieben, und in ein paar Wochen erscheint in Belgrad ein Poesieband mit Gedichten, die Ergic grösstenteils während seiner Zeit als Profi beim FC Basel geschrieben hat. Ein deutsche Übersetzung ist ebenfalls geplant. Darüber freut er sich mindestens genauso wie auf den Besuch eines Fussballspiels an alter Wirkungsstätte.